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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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»Das ist nicht nötig«, sagte sie. »Ich glaube kaum, daß ihr irgendwelche Gemeinsamkeiten habt.«
    »Wie mir scheint, doch.« Geneviève fühlte sich offenbar wieder obenauf. Sie lächelte maliziös. »Dich.«
    »Ich bin Tinas Anwältin«, erläuterte Mar schnell. »Beziehungsweise ich war es. Für ihre Kündigungsschutzklage.« Sie sieht durchaus so aus, als könnte sie mich erdolchen oder mit ihren langen, roten Krallen zerfetzen nur dafür, daß ich mit Tina geschlafen habe, dachte sie. Klein, wie sie ist, aber harmlos ist sie nicht.
    »Aha.« Geneviève musterte Mar immer noch. »Ich wußte nicht, daß du eine Anwältin brauchst.« Sie warf einen Blick auf Tina.
    »Wie sie schon sagte, brauche ich sie jetzt nicht mehr«, erklärte Tina kühl. »Das ist alles erledigt.«
    Sie ist kalt wie Eis, dachte Mar, die Tinas Reaktion auf sich bezog. Sie will nicht, daß ich hier bin. Das war eindeutig. »Ich muß weiter«, sagte sie und schaute auf ihre Uhr. »Mein Mandant wartet.« Sie nickte den beiden zu und ging los.
    »Deine Anwältin, hm?« Geneviève betrachtete Tina leicht amüsiert. »Du hast dich schnell getröstet. Hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
    »Ich glaube, du hast mir eine Menge nicht zugetraut«, erwiderte Tina. Ihr Blick ruhte auf Geneviève wie auf einem steinernen Tempel oder einem Mausoleum. Ein antikes Stück, das man wegen seiner schönen Formen betrachtete, bevor man weiterging und sich dem nächsten ebenso schön geformten Bauwerk widmete.
    »Ich bin flexibel«, sagte Geneviève. »Ich kann mich anpassen.«
    »Ich weiß, daß du dich sehr gut verstellen kannst, wenn du etwas willst«, sagte Tina ruhig. »Du bist wie ein Chamäleon. Du stellst dich auf dein Gegenüber ein, indem du die Farbe wechselst. Aber innerlich ändert sich nie etwas. Es ist immer noch dasselbe Chamäleon, nur anders angemalt. Ich habe das oft genug im Urwald gesehen.«
    »Du und dein Urwald . . .« Geneviève rümpfte die Nase. »Davon kommst du wohl nie los.«
    »Anscheinend nicht.« Tina lächelte leicht. »Vielleicht will ich es aber auch gar nicht mehr.« Sie betrachtete Geneviève noch einmal, diesmal fast etwas mitleidig. »Tut mir leid, daß ich dir nicht helfen kann, aber ich investiere mein Geld lieber in soziale Projekte als in Boutiquen.« Sie drehte sich um und ließ Geneviève einfach stehen.
    Sie war nicht mehr weit von ihrer Wohnung entfernt gewesen, als sie Mar und Geneviève getroffen hatte. Kurz darauf betrat sie sie, allein. »Na, hast du mich vermißt?« fragte sie lächelnd. Eine kleine Katze strich ihr miauend um die Beine.
    Tina legte ihren Schlüssel auf den Tisch, ließ sich auf die Couch sinken, und die Katze sprang sofort auf ihren Schoß. Tina streichelte sie abwesend, die Katze schnurrte und kuschelte sich unter ihrer Hand zusammen, bis sie nur noch ein winziges Wollknäuel war, das leise vibrierte.
    »Wieso können Menschen nicht wie Katzen sein?« fragte sie den warmen Fellball auf ihren Knien. Wie zu erwarten erhielt sie keine Antwort. »Frauen.« Sie seufzte. Dann lachte sie etwas unfroh auf. »Aber das sind sie ja. Geneviève ist wie eine Katze, die ständig ihre Krallen schärft.«
    Aber Mar? Sie dachte darüber nach. Nein, Mar war keine Katze, eher ein großer, freundlicher Hund. »Ein Streuner!« stieß Tina hervor. Wenn Mar nicht gerade arbeitete, streunte sie herum und riß Frauen auf. So war es doch. Darüber mußte Tina sich keine Illusionen machen. Liebe war nicht Mars Sache.
    Warum? dachte Tina. Warum habe ich mich bloß in sie verliebt? Damals, als sie Mar gesagt hatte, daß sie sie nicht liebte, war es wahr gewesen. Nur zu wahr. Sie hatte sich keine andere Liebe als die zu Geneviève vorstellen können. Auch wenn es schmerzhaft war.
    Aber seit dem Nachmittag mit Mar im Gasthof . . . seit diesem zärtlichen, wunderbaren Nachmittag . . . war sie verliebt in Mar.
    Sie hatte es sofort gemerkt, als sie aufgewacht war. Als sie Mar neben sich liegen sah, ruhig und friedlich, sie lächelte sogar im Schlaf. Mit Geneviève hatte sie das nie gehabt: gemeinsames Aufwachen, Ruhe, Frieden.
    Sie hatte Mar im Schlaf betrachtet, sich gewünscht, daß sie diese Ruhe und diesen Frieden mitnehmen könnte, bei sich behalten könnte, daß Mar aufwachen würde, sie zärtlich umarmen und ihr sagen, daß sie sie liebte.
    Aber das würde nie geschehen. Es war genauso wie mit Geneviève: Sie sehnte sich nach etwas, das sie nie bekommen konnte. Als sie das erkannt hatte, war sie

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