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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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mir zu tun hatten«, sagte Mar, »sondern – wie ich vermute – mit einer anderen Frau. Vivi. Der Name ist mal gefallen. Vivi war nicht da, ich aber, also hat sie mit mir geschlafen.«
    »Also warst du der Ersatz?« Gerlinde brach in prustendes Gelächter aus. »Nicht zu fassen. Du rettest meinen Tag!«
    »Mach dich nur über mich lustig«, entgegnete Mar säuerlich. »Freut mich, daß ich zu deiner Unterhaltung beitrage.«
    »So meine ich es doch nicht.« Gerlinde legte ihre Hand auf Mars. »Du weißt, wie ich es meine. Du hast dich immer sehr in deiner Arbeit vergraben, jede Frau dafür stehengelassen – bis sie dann dich stehenließ. Und nun ist es eben einmal umgekehrt.«
    »Tina arbeitet nicht«, sagte Mar. »Jedenfalls weiß ich nichts davon.«
    »Wenn ich so viel Geld geerbt hätte wie sie, würde ich auch nicht mehr arbeiten«, sagte Gerlinde. »Das kannst du ihr doch nicht vorwerfen.«
    »Ich werfe ihr nichts vor.« Mar starrte grüblerisch vor sich hin.
    »Nein.« Gerlindes Stimme wurde weich. »Du sehnst dich nur nach ihr.«
    Mar schloß kurz die Augen. »Ja«, sagte sie dann, als sie sie wieder öffnete. »Ich hätte nie gedacht, daß mir das mal passieren könnte.«
    »Einmal ist immer das erste Mal.« Gerlinde schmunzelte. »Du bist ja noch jung.«
    Mar holte tief Luft. »Es hat keinen Sinn, daß wir noch länger darüber reden. Sie ist weg, Kathrin ist weg – und ich habe endlich mal wieder richtig Zeit für meine Arbeit.«
    »Wie praktisch«, sagte Gerlinde. »Ein wahrhaft erfülltes Leben.«
    »Was soll ich denn machen?« Mar verzog das Gesicht. »Ich kann sie doch nicht zwingen. Und wäre es nicht sowieso unfair? Ich hätte nie Zeit für sie.«
    Gerlindes Mundwinkel zuckten. »Du könntest aufhören zu arbeiten. Du hättest dann eine reiche Frau.«
    Mar schüttelte amüsiert den Kopf. »Du spinnst. Sie für mich bezahlen lassen? Das ist ja wohl nicht dein Ernst.«
    »Nein«, sagte Gerlinde. »Ich kann mir das auch nicht vorstellen. Aber ich denke, vielleicht könntest du etwas weniger arbeiten, du müßtest nicht um jeden Mandanten kämpfen, jeden Auftrag annehmen.«
    »Das tue ich jetzt schon nicht«, sagte Mar. »Das habe ich nur am Anfang gemacht.«
    »Gut.« Gerlinde ließ ihren Blick über Mars vollgestapelten Schreibtisch schweifen. »Obwohl es nicht so aussieht.«
    »Es gibt genug zu tun«, sagte Mar. »Genauso wie die Gerichte kaum nachkommen, komme ich eben auch kaum nach. Jeder will unbedingt sein Recht einklagen. Statt sich mal mit dem Nachbarn zu unterhalten.«
    »So sind die Menschen«, sagte Gerlinde. Sie akzeptierte das Leben so, wie es war, und rüttelte nicht daran herum. »Aber apropos mit dem Nachbarn unterhalten . . . «
    »Das kannst du nicht vergleichen«, sagte Mar. »Sie ist nicht meine Nachbarin, und ich habe keinen Streit mit ihr.«
    Gerlinde lehnte sich zurück. »Ich denke gerade so darüber nach, wie es wäre, wenn die Situation umgekehrt wäre. Würdest du dich freuen, wenn sie anruft?«
    »Wenn ich sie wäre?« Mar lehnte sich auf ihren Schreibtisch und kaute auf ihrem Bleistift herum. »Ich weiß nicht.« Langsam begann sie den Kopf zu schütteln. »Ich glaube nicht. Sie hat ja sehr klar gemacht, daß sie das nicht will. Und das würde bedeuten, das nicht zu respektieren.«
    »Hast du Angst . . .«, Gerlinde legte den Kopf schief, »hast du vielleicht Angst davor, daß diese Vivi dasein könnte?«
    Mars Gesicht verschloß sich.
    »Das ist es«, sagte Gerlinde. Sie nickte. »Du hast Angst, daß sie das Telefon abnimmt, nicht Tina.«
    »Es ist ihr gutes Recht«, sagte Mar. »Sie kann zusammensein, mit wem sie will.«
    »Aber du willst nichts davon wissen«, schlußfolgerte Gerlinde. »Dann lieber nur von ihr träumen.«
    Mar verzog verlegen das Gesicht. »Ich träume tatsächlich von ihr.«
    »Das hatte ich angenommen«, sagte Gerlinde. »Schau, ich will dich ja nicht drängen«, sie beugte sich zu Mar vor, »aber du sagst selbst immer, was du am meisten haßt, sind Fälle, die du ewig nicht abschließen kannst. Also dann schließ diesen Fall doch ab. So oder so.«
    »So oder so?« Mars Gesichtsausdruck erinnerte an ein schiefes Bild. »Du meinst, ich soll mir Klarheit darüber verschaffen, ob Vivi das Telefon abnimmt oder nicht?«
    »Du sollst Tina anrufen«, sagte Gerlinde. »Das ist alles, was ich vorschlage. Vielleicht wartet sie nur darauf.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Mar. »Dann hätte sie es selbst getan.«
    »Bist du da so sicher?«

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