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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Kapital aus der Sache zu schlagen war.
    Baumer erinnerte sich, wie der Kommandant im Telebasel kurzerhand erklärt hatte, dass er von Anfang an den Vater im Verdacht gehabt habe. Deshalb habe er veranlasst, ihn permanent zu beobachten. Um schnell zu einem Ergebnis zu kommen, habe er auch ungewöhnliche Ermittlungsstrategien in Auftrag gegeben.
    Was genau man sich darunter vorstellen müsse, wollte der Interviewer wissen.
    »Sie werden verstehen, dass wir unsere Ermittlungstaktik nicht öffentlich erörtern können, aber seien Sie versichert, alles geschah strikt im Rahmen der Gesetze«, hatte Schneider den Reporter milde angelächelt.
    Der fragte nicht nach, ob denn wirklich auch alles koscher gewesen sei. So etwas tut man nicht in Basel, bei Telebasel nicht und auch sonst nicht in irgendeiner Institution.
    Schneider durfte ungestört seine eigene Geschichte zu Ende erzählen. Der Fahndungserfolg sei dann durch ein scharfes Verhör gekommen, das er selbst geführt habe. Der Vater habe, konfrontiert mit den Ermittlungsergebnissen, von sich aus alles zugegeben.
    Diese Gier nach Aufmerksamkeit, der Daniel Schneider auch die Wahrheit opferte, kam Baumer durchaus gelegen. Sein Chef heimste den Erfolg ein. Und keiner nahm Notiz von Baumers illegaler Aktion. Natürlich war ihm das recht. Sowieso schämte er sich mittlerweile dafür, jenseits der Grenze ermittelt zu haben.
    Rolf Danner hatte dann das Übrige dazugetan, um seine Freunde aus der Schusslinie zu nehmen. In seinem Bericht auf der Frontseite des Blicks erwähnte er Schneider durchaus wohlwollend. Aber er fügte sogleich an, dass insbesondere zwei Beamte – Stefan Heinzmann und Andreas Baumer – entscheidende Hilfe zur Aufklärung des Falles geleistet hatten. Auch Marco Regazzoni erwähnte er. Zwar hätte »der Professor« seinen Namen anstatt im Blick lieber in der NZZ gelesen, aber die »Alte Tante« – so der Spitzname der über 200 Jahre alten Zeitung aus Zürich – erwähnte nur den Kommandanten Schneider. Eine NZZ gibt sich nicht mit subalternen Beamten ab.
    Am nächsten Tag hatte Danner Prinz Hasso als Titelheld genommen, und die heikle Geschichte war somit genügend verwedelt. Baumer, Heinzmann, Regazzoni und auch er selbst waren gerettet.
    Auch Daniel Schneider sah ein, dass es besser war, Gras über die Sachen wachsen zu lassen. Er zitierte seine zwei Untergebenen zwar noch in sein Büro, drohte ihnen mit Konsequenzen, falls sie sein dreiseitiges Protokoll nicht unterschrieben. Kopien davon wanderten dann in die Akte von Heinzmann und Baumer.
    Das war denen aber völlig egal. Sie unterschrieben den Wisch ihres Chefs, in dem die Wahrheit geschickt hinter den herausragenden Leistungen Schneiders verborgen blieb. Baumer sagte kein Wort, als er unterschrieb. Nur Heinzmann knirschte verächtlich, als er den Stift ansetzte. Aber was soll’s. Papier ist geduldig. Was in der Akte steht, steht in der Akte. Was man im Bauch und im Hirn hat, darauf kommt es an.
    Blieb einzig noch der Brief.
    Er kam von Regazzoni aus dem Gerichtsmedizinischen Institut. Baumer wusste, es waren die Resultate einer PCR-Untersuchung, die er in Auftrag gegeben hatte. Als Azoglu gefasst und überführt war, hatte er sich nämlich wieder an den alten Mann erinnert, den er am Tatort gesehen und kurz danach verhaftet hatte.

    Steiner.

    Der ehemalige Zimmermann war immer noch in Untersuchungshaft. Baumer hatte sich schuldig gefühlt, den Alten unschuldig ins Gefängnis gebracht zu haben. Also war er zum Untersuchungsgefängnis gefahren und hatte die Entlassung vorangetrieben. Als die Papiere endlich ausgestellt waren, hatte er den Rentner persönlich in seiner Zelle abgeholt. Er hatte ihm sogar geholfen, seine Siebensachen wieder in sein kleines Köfferchen zu packen – und heimlich eine schmale Haarbürste in seiner Jackentasche verschwinden lassen.
    Nun war der Brief von Regazzoni da. Er gab Aufschluss über Steiners DNA-Profil. Regazzoni hatte die DNA aus einem Haar von Steiner verglichen mit der DNA aus einer Samenspur, die auf dem Unterhöschen eines 4-jährigen Mädchens eingetrocknet gewesen war. Dieses Beweisstück hatte tief unten in der Asservatenkammer des Justizdepartements gelegen. Etikettiert war das Höschen mit verschiedenen Ziffern und Zahlen und vor allem dem Vermerk: »Beweismittel Nummer 1. Tat: Kindsmissbrauch Widmer, Annabelle. Verdächtiger: Steiner, Hans.« Das Kleidungsstück lag dort schon seit mehr als 50 Jahren. Baumer hatte lange und tief im Archiv graben

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