In der Kälte der Nacht
körperlich auch robust ausgestattet sein, wenn nur die Ausstrahlung stimmt. Sie muß nicht verletzlich sein, sie muß verletzlich wirken, nur dann spürt er die Lust, auf die Frau einzuschlagen, und auf diesen Kitzel scheint es ihm anzukommen. Frage: Damit ich Sie richtig verstehe, wenn er den Eindruck hat, die Frau sei ihm gleichwertig oder überlegen, läßt er sie in Ruhe. Aber wenn er das Gefühl hat, er könnte über sie dominieren... Richardson: Dann tut das Mädchen gut, wenn es vor dem Liebestreff mit ihm nachprüft, ob die Prämie für ihre Krankenversicherung bezahlt ist.
Frage: Getötet hat er keine dieser Prostituierten, oder? Richardson: Nein, aber ein paarmal war er nahe dran. Frage: Sie sagten eingangs, das Pentagon springt mit Geld ein, um die Sache unter den Teppich zu kehren. In welcher Form geschieht das, wie muß ich mir das vorstellen? Richardson: Der Agent fährt ins Hotel, wo die Sache passiert ist. Jemand aus der Abteilung Innere Sicherheit macht das. Frage: Und dann? Richardson: Der Agent kümmert sich um das mißhandelte Mädchen, er bezahlt die Krankenhausrechnung und gibt ihr eine Barsumme als Schmerzensgeld. Die Höhe des Schmerzensgelds hängt von der Schwere der Verletzungen ab. Frage: Ist Salsbury für das Pentagon kein Sicherheitsrisiko? Richardson: Nein, in keiner Weise. Wenn er insgeheim homosexuell wäre, ja. Aber seine Neigungen sind allgemein bekannt. Er ist also nicht erpreßbar. Niemand kann ihm drohen, daß er ihn beim Pentagon verpfeift. Wir wissen ja bereits alles über ihn, und Salsbury weiß, daß wir es wissen. Wenn er mit dem Mädchen fertig ist, ruft er eine bestimmte Telefonnummer im Pentagon an und gibt durch, wo er sich befindet. Innerhalb einer Stunde ist ein Agent im Hotel, räumt auf, kümmert sich um das Mädchen, regelt das Finanzielle. Frage: Ein schmutziges Spiel, und Sie machen mit. Ekelt Sie das nicht an? Richardson: Um die Wahrheit zu sagen, ja. Ich kann nicht verstehen, warum meine Dienststelle die Hand über diesen Hurenbock hält. Der Mann ist krank. Durch und durch verdorben. Der gehört in eine Zelle, bis ans Ende seines Lebens. Einzelhaft. Frage: Wissen Sie, daß er als Kind mißbraucht worden ist? Richardson: Das steht in seiner Akte, ja. Aber deshalb kann er mit dem Rest der Menschheit nicht so umspringen, wie er's tut. Daß jemand eine unglückliche Jugend gehabt hat, entschuldigt nicht alles. Was mich angeht, ich habe kein Mitleid für diesen Mann. Wenn ich an all die Strichmädchen denke, die wegen Salsbury im Krankenhaus gelandet sind, mit gebrochenem Kiefer, mit Blutergüssen um die Augen... Glauben Sie, den Mädchen tut es weniger weh, weil Salsbury nicht voll verantwortlich ist für das, was er tut? Ich habe liberale Ansichten, wirklich, aber daß man Kriminelle wie Salsbury im nachhinein entmündigt, finde ich unsinnig. Der Mann gehört verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. An einem einsamen Ort, wo es im Umkreis von tausend Meilen keine Frau gibt.
Dawson legte den Bericht in den Ordner zurück. Er ließ den Ordner in die Schublade sinken. Er schloß die Schublade. Er faltete die Hände zum Gebet. O Herr, gib mir die Kraft, das Chaos zu ordnen, das Salsbury in Black River angerichtet hat. Wenn ich das Leck gestopft habe, wenn der Feldversuch planmäßig zu Ende gebracht ist, werde ich Salsbury und Klinger die Droge verpassen. Dann werde ich die beiden nach Belieben manipulieren können. Die Vorbereitungen dazu sind bereits getroffen, du weißt das, o Herr. Ich werde Salsbury und Klinger DEINER Herde zuführen, der Mantel DEINER Gnade soll sie streifen. Nicht nur Salsbury und Klinger werden zu DEINER Herde stoßen, sondern alle Menschen in dieser Welt. Satan wird keine Seele mehr rauben können. Es wird der Himmel auf Erden sein. Frieden auf der Welt, im milden Schein DEINER Liebe.
14 Uhr 55
Sam hatte Salsburys Artikel vorgelesen. Er schloß den Jahresband. »Schlimm«, sagte er. »Sehr schlimm.«
»Jetzt haben wir wenigstens eine Ahnung, was in Black River vorgeht«, sagte Paul. »Ich schaue da nicht durch«, sagte Jenny. »Ein Artikel voller Expertenlatein, mehr nicht. Das Ego muß gebrochen werden, Psychodrogen, Kodeworte, Gedankenterror, Befriedigung der breiten Masse durch Änderung der Verhaltensmuster. Unterschwellige Botschaften im Dienste der Menschheit. ..« Sie
schüttelte den Kopf. »Für mich ist Salsbury verrückt. Ein Fall für den Psychiater.«
»Salsbury ist ein Nazi«, sagte Sam. »Einer ohne Parteibuch. Er ist ein
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