In der Mitte des Lebens
Diät, ich komme nicht runter.«
Diese Veränderungen müssen aber nicht nur eine negative Erfahrung sein – auch wenn sich nicht leugnen lässt, dass es teilweise so ist. Doch es kann in
der Mitte des Lebens auch einen neuen, gelasseneren Blick auf den eigenen Körper geben, und es können neue Kräfte wachsen. Sehr beeindruckt hat mich,
was die vor Kurzem mit fünfzig an Krebs verstorbene Schauspielerin Barbara Rudnik in einem ihrer letzten Gespräche dazu gesagt hat: »So unglaublich es
klingen mag, in vielen Dingen hat mir der Krebs eine größere Entspannung gebracht. Ich beginne mal mit dem Äußerlichen: Früher fand ich mich manchmal
sehr hübsch, aber zuweilen empfand ich mich auch als geradezu hässlich. Damit hatte ich immer wieder zu kämpfen. Jetzt fühle ich mich diesbezüglich viel
stabiler, ein angenehmes Gefühl. Ich habe früher bestimmt viel besser ausgesehen, aber nun kann ich einfach sagen, ich sehe so aus, wie ich aussehe.« 17
Auch im Blick auf unseren Körper gilt es, die rechte Balance zu finden. Wenn wir älter werden, können wir auch etwas freundlicher, wohlwollender auf
uns selbst blicken, weniger ungnädig und verurteilend als in der Jugend. So ist er halt, mein Körper. Ich kann das Altern nicht verhindern, aber ich kann
ihn pflegen. Wie sagt meine Kosmetikerin immer so tröstlich: »Zurück können wir nicht mehr, aber wir können den Istzustand so lange wie möglich
halten.«
Schönheit feiern 18
Schön bist du wie keiner unter den Menschen. 19
Da können wir noch so viel »Bodyforming« machen, das Zahnfleisch geht zurück, der Busen wird schlaffer. Die Haare werden grau! Auch
wer bis fünfzig noch mit einigen wenigen grauen Strähnen davongekommen ist, jetzt sind Entscheidungen gefragt: Färben oder nicht? Tönen oder Strähnchen?
Bei Männern hat sich diese Frage oft erledigt, sie kämpfen mit dem Haarverlust und der äußeren Veränderung, die er mit sich bringt. Frauen aber müssen
entscheiden: Grau zulassen oder Farbe, und wenn ja, welche? Aber auch andere Veränderungen finden statt. Irgendwann verschwimmen die Buchstaben in den
Büchern oder auf den Straßenschildern. Dann führt kein Weg an einer Brille vorbei; wer damit nicht zurechtkommt, kann heute immerhin zu Kontaktlinsen
greifen. Und als meine Tochter das erste Mal sagte: »Mama, kann es sein, dass du schwer hörst?«, hat es mich doch getroffen. Meine Großmutter hat ihre
Schwerhörigkeit damals immerhin mit Humor genommen und erklärt, es sei auch von Vorteil, nur noch das hören zu müssen, was sie hören wolle. Und da hat sie
in der Tat ausgewählt! Aber aller Humor hilft nicht darüber hinweg, dass es Einschränkungen gibt, Veränderungen, die wir nicht ignorieren können.
Das gilt auch für die körperliche Leistungsfähigkeit insgesamt. Mehr als ein Mann in meinem Bekanntenkreis hat nach dem vierzigsten Geburtstag begonnen, für einen Marathonlauf zu trainieren. Einmal einen Marathon bewältigen, bevor es »zu spät« ist – das wurde plötzlich ein sehr erstrebenswertes Ziel. Die eigene Kraft noch einmal spüren, messen, bevor sie wirklich nachlässt – ich kann das nachvollziehen, auch wenn für mich Sport eher Entspannung bedeutet und ich mir Druck zur Leistung dabei erspare.
Aber ist es nicht überhaupt eitel, über den Körper, seine Kraft und Attraktivität, über seine Schönheit nachzudenken? Eitelkeit gehört in der Bibel nun wahrlich in die Lasterkataloge. Und: Ist»Schönheit« überhaupt eine akzeptable Kategorie in der Mitte des Lebens? Wie steht es mit Humor in Sachen Schönheit? Oder gibt es da nur Konkurrenz und Maßeinheiten? Wer definiert Schönheit? Wenn ein Mensch heute Antworten auf solche Fragen sucht, geht die Recherche spontan ins Internet. Für »Schönheit« gibt es 992 000 Treffer in 0,21 Sekunden. Und da ist dann schon auf der ersten Seite alles für die älter werdende Zielgruppe, von Anti-Aging über Plastische Chirurgie bis hin zu Ästhetischer Chirurgie.
Für »Schönheit in der Bibel« gibt es im Internet immerhin noch 41 500 Treffer in 0,23 Sekunden. Dort geht es dann allerdings eher um schöne Bibeln und die Schönheit der Psalmen. Und bald trifft man auch auf den mahnenden Bibelvers in Hesekiel 28,17: »Die Schönheit ist dir zu Kopf gestiegen.« Ja, Demut wird in der Bibel gepriesen und Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Schließlich sollen wir nicht äußeren Werten nachjagen, sondern uns um die Seele, das Heil, den Lebenssinn bemühen. Aber
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