In der Oase
Norden schicken würdest.« Anchmahor lachte und erhob sich. Sofort hörte der Harfenist auf zu spielen und die Diener zogen sich zurück.
»Das wäre, als würde ich mir eigenhändig eine Wunde beibringen und sie vereitern lassen, Majestät«, sagte Anchmahor freimütig. »Solange ich lebe, wird keiner meiner Söhne einem solchen Verderben ausgeliefert. Mein Ältester, Harchuf, zieht mit uns und kämpft an meiner Seite. Und wenn es dir jetzt beliebt, Majestät, gehen wir zum Teich und reden über Geschäftliches.«
»Ich glaube, ich unternehme mit deinen Söhnen eine abendliche Angeltour, Anchmahor«, sagte Ahmose im Aufstehen. Sein Blick kreuzte sich mit Kamoses. Du brauchst mich nicht, war die Botschaft, die Kamose darin las. Dieser Fürst macht uns keinen Ärger.
»Ausgezeichnet«, sagte Kamose laut. »Aber wir müssen im Morgengrauen aufbrechen, Ahmose.«
»Ich brauche das«, sagte sein Bruder schlicht.
Am Rand des Fischteiches hatte man Polster verteilt. Eine Kruke Wein wartete zusammen mit Fliegenwedeln und Umhängen im Gras, alles erhellt vom zuckenden goldfarbenen Schein einer einzigen Fackel, die bei gelegentlichen, schwachen Windstößen auffauchte. Kamose ließ sich zu Boden sinken und kreuzte die Beine, schüttelte verneinend den Kopf, als Anchmahor ihm einen Umhang anbot, schlug jedoch einen Fliegenwedel und einen randvollen Becher nicht aus. Unweit summten etliche Mücken, das Geräusch war durchdringend und dennoch irgendwie tröstlich, gehörte naturgemäß zu einem lieblichen ägyptischen Abend. Heuschrecken schnarrten ihr wenig melodiöses Lied. Ein unsichtbarer Frosch hüpfte und ließ sich in den Teich platschen, auf dessen dunkler Oberfläche sich träge Ringe bildeten, und die dort ruhenden Lotusblätter schaukelten.
Anchmahor ließ sich seufzend neben Kamose nieder und musterte kurz sein in sich ruhendes, duftendes Reich, ehe sein Blick zu seinem Gast zurückkehrte. »Deinen General Hor-Aha mag ich nicht«, sagte er schließlich. »Den kann, glaube ich, nichts erschüttern, weil er sich für zu wichtig und für einen unschlagbaren Militärstrategen hält. Aus diesem Grund, Majestät, ist kein Verlass auf ihn. Eine derartige Überschätzung rührt in der Regel aus einer geheimen Versagensangst.«
»Dennoch bin ich der Oberbefehlshaber und ich bin ihm nicht so hörig, dass ich keine erforderlichen Abänderungen der Strategie vornehmen könnte«, wehrte sich Kamose. Er wusste, dass die Worte des Fürsten nicht aus dem trüben Brunnen des Vorurteils gegen Hor-Ahas fremdländische Abstammung kamen, aber er hatte keine Lust, Anchmahor dafür zu danken. Damit hätte er angedeutet, dass er von einem Mitglied aus Ägyptens ältestem Adelsgeschlecht weniger erwartet hatte. »Außerdem, Anchmahor, planen wir unsere Strategie gemeinsam, ich, die Fürsten und der General, alle miteinander. Ich verstehe die Besorgnis der Fürsten, ich könnte in der Schuld dieses Mannes stehen und mir dadurch die klare Sicht und die Führung rauben lassen. Es stimmt, ich schulde ihm viel, aber Hor-Aha weiß, wo sein Platz ist. Er wird sich nichts herausnehmen.«
»Hoffentlich behältst du Recht.« Anchmahor schob sich ein Polster unter und lehnte sich zurück, den Ellbogen in das weiche Kissen gestützt. Er nippte an seinem Wein. »Auf dem Heimweg von unserer Beratung hat es seinetwegen einiges Gemurre unter den anderen gegeben«, sagte er freimütig. »Ich selbst habe auch gemurrt. Aber lassen wir diesen Mann seinen Wert beweisen, und wir werden uns gern seinem Befehl im Feld unterstellen.«
»Bis wir das Delta erreicht haben, sind ausgeklügelte Schlachtpläne kaum erforderlich«, sagte Kamose. »Es geht nur darum, von Stadt zu Stadt zu ziehen, Gegenwehr zu überwinden, Setius auszurotten und sicherzustellen, dass die Bürgermeister und Gouverneure, die wir zurücklassen, uns vollkommen treu ergeben sind. Unser erstes Problem dürfte Daschlut sein.« Anchmahor nickte.
»Ohne Zweifel, aber erst Chemmenu wird die Kunst der Medjai-Bogenschützen und den Gehorsam der Soldaten auf eine harte Probe stellen. Teti liebt dich nicht, Majestät, obwohl er mit deiner Mutter verwandt ist, und die Setiu-Garnison ist lediglich neun Meilen flussabwärts von der Stadt gelegen.«
»Ein guter Ort, uns zu erproben«, bestätigte Kamose. »Nun, Fürst, wie viele Männer hast du hier zusammengezogen? Es scheinen viele zu sein.«
»So ist es.« Anchmahor setzte sich aufrecht hin. Seine Bewegung und seine Worte offenbarten einen
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