In der Oase
entschuldbaren Stolz. »Aus meiner Nomarche habe ich für dich eintausendachthundert und weitere achthundert aus Quena. Zweihundert davon sind Freiwillige. Das freut mich. Dazu habe ich dreißig Schiffe aller Arten beschlagnahmt, vom Fischerboot bis zu einem Floß, auf dem Granit aus Swenet herangeschafft wurde. Aber das Floß war beschädigt. Ich habe es ausbessern lassen.«
»Sei bedankt«, sagte Kamose ruhig. »Ich beabsichtige, die Berufssoldaten aus jeder Nomarche zu einer Angriffstruppe zusammenzustellen. Es wäre mir sehr lieb, wenn du die befehligen würdest.« Anchmahor, der gerade den Becher zum Mund hob, hielt mitten in der Bewegung inne und ließ den Becher wieder sinken.
»Du bist zu gütig, Majestät«, sagte er leise. »Dein Vertrauen ehrt mich. Aber was ist mit Prinz Ahmose? Sollte der nicht ihr Befehlshaber sein?«
Kamose umfasste seine Knie. Er seufzte, blickte hoch zum Firmament, an dem die Sterne vor dem schwarzen Hintergrund funkelten, und schloss die Augen. Ahmose sollte nicht mit den Männern kämpfen, die die Wucht des Angriffs aushalten müssen, wollte er sagen. Ahmose ist auf mancherlei Weise noch immer ein sonniger Jüngling, schlicht und arglos, zeigt sich zwar ansatzweise unversehens reif, ist aber noch nicht so weit, dass man ihn der ganzen Härte und Brutalität des Krieges aussetzen kann. Er hat getötet, aber das gehörte noch irgendwie in den Traum, in dem er lebt. Die Zeit zum Aufwachen ist für ihn noch nicht gekommen. »Falls ich sterbe, ist mein Bruder der letzte überlebende Mann des Hauses Tao«, sagte er stattdessen. »Si-Amun hat einen Sohn hinterlassen, doch der ist ein Kleinkind, und Ägypten braucht einen Mann, der den Kampf weiterführt. Ahmose soll zwar nicht verhätschelt und feige gemacht werden, andererseits möchte ich ihn aber nicht unnötig der Gefahr aussetzen. Mein Großvater Osiris Senechtenre der Ruhmreiche hat einen Sohn und drei Großsöhne hinterlassen. Davon sind nur noch wir zwei übrig.«
»Deine Gründe sind verständlich«, meinte Anchmahor. »Du spielst hoch, Majestät. Wir Fürsten verlieren lediglich unsere Ländereien und unser Leben, falls du geschlagen wirst, aber das Haus Tao verliert seinen göttlichen Status.« Kamose warf ihm einen scharfen Blick zu, las aber nur Mitgefühl auf Anchmahors Gesicht.
»Dann wollen wir solch eine Möglichkeit gar nicht erst in Betracht ziehen.« Kamose entspannte sich und schenkte dem Fürsten ein Lächeln. »Berichte, Anchmahor, welche Waffen du hast, und dann muss ich vor unserem frühen Aufbruch noch schlafen.«
Er dankte dem Fürsten für seine Gastfreundschaft und kehrte durch den stillen Abend zu seinem Boot zurück. Da er den Schlaf des Erschöpften schlief, hörte er Ahmose nicht mehr in den frühen Morgenstunden an Bord kommen und wachte erst auf, als er spürte, wie das Boot unter ihm erzitterte, als es seinen Anlegeplatz verließ und sich die Ruderer abmühten, es gegen die Strömung zu drehen. »Ich habe gewusst, dass Anchmahor mehr als einverstanden sein würde«, sagte Ahmose bei ihrem Mahl aus frischem, gebratenem Fisch, Salat und Brot, während ihm Kamose von der Unterhaltung am Fischteich erzählte. »Er hat Mut und außerdem weiß er, dass er als Nachkomme einer unserer ältesten Familien einen wichtigen Posten bekommt, wenn du deinen Hof nach Waset verlegst. Der Fisch ist gut, nicht wahr?« Er zeigte auf seine Messerspitze, auf der ein Bissen dampfte. »Das Angeln hat mir unwahrscheinlich Spaß gemacht, aber die anderen Fische habe ich Anchmahors jüngerem Sohn für seine Familie gegeben. Er wollte alles über Tani wissen und was du mit ihr vorhast, wenn Auaris befreit ist.« Er grinste fröhlich, als er sah, dass Kamose die Stirn verwundert in Falten legte. »Keine Bange«, fuhr er mit vollem Mund fort, »ich habe ihm die Sache mit Ramose erklärt und angefügt, in diesen unsicheren Zeitläuften könne man seinen Ehrgeiz am besten auf dem Schlachtfeld ausleben. Konnte uns Anchmahor mehr liefern als ein paar stumpfe Schwerter und eine Hand voll Harken, Kamose?« Ich liebe dich, aber ich weiß nicht, was ich von dir halten soll, dachte Kamose nachsichtig, während sein Bruder weiterplauderte. Ist deine Arglosigkeit eine eingeübte Pose, die eine rasch zunehmende Vielschichtigkeit verbergen soll, oder bist du wirklich so ahnungslos? Ich könnte dir mein Leben anvertrauen wie sonst keinem. Du bist ein Liebling der Götter, und damit muss ich mich zufrieden geben.
Am Abend des dritten Tages
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