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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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zu werden drohte, berichtete Kamose von Hor-Ahas Treue zu Seqenenre, von seiner Rückkehr nach Waset nach Apophis’ Aufbruch, als es klüger gewesen wäre, im sicheren Wawat zu bleiben, und wie er seine Bindung an das Haus Tao dadurch besiegelt hätte, dass er die ägyptische Staatsbürgerschaft und einen Titel angenommen hatte. »Der hält zu uns, bis er genug Beute gemacht hat, dann verschwindet er«, hatte Iasen unverblümt gesagt, war dann aber zu dem höflichen Für und Wider zurückgekehrt. »Fremdländer sind doch alle gleich und die Wilden aus Wawat sind die Allerschlimmsten.« Ahmose hatte den Arm seines Bruders umklammert, um Kamose von einem Wutausbruch abzuhalten, und Kamose hatte die Zähne zusammengebissen und eine lahme, beschwichtigende Antwort gegeben. Er verstand ihre Einstellung. Ägypten war ein besetztes Land. Fremdländer hatten die Macht. Setius oder Wilde aus Wawat, in den Augen dieser Männer waren sie allesamt verdächtig.
    Hor-Aha seinerseits schien sich nicht viel aus diesen Kränkungen zu machen. »Ich beweise ihnen, dass sie Unrecht haben«, war seine Antwort. »Gib ihnen Zeit, Majestät. Beleidigungen können einem Mann mit Zutrauen in seine Fähigkeiten nichts anhaben.« Andererseits hatte Iasen vollkommen Recht mit seiner Einschätzung der Wilden. Die Männer aus Wawat waren primitiv in Glauben und Benehmen, in ihren Rachefeldzügen und den kleinlichen Zänkereien ihrer Häuptlinge um Nichtigkeiten, doch Hor-Aha war anders. Er blickte weiter als andere seiner Landsleute. Er war der geborene Anführer. Seine Medjai gehorchten ohne zu fragen auf ihre dumpfe, fremdländische Art, und ihre Gelassenheit in der Schlacht, ihre beeindruckende Handhabung des Bogens, ihre Fähigkeit, lange Zeit ohne Essen oder Wasser auszukommen, zeugten von einer Lebensart, die den Bauern unbekannt war, die unter den scharfen Befehlen ihrer Hauptleute schwitzend gen Norden stolperten und von ihren beschaulichen, kleinen Hütten und den Annehmlichkeiten ihrer winzigen Aruren träumten.
    Na schön, zum Seth mit ihnen, dachte Kamose missmutig, als er neben Ahmose im Bug seines Schiffes stand, rings um sich schwarze Nacht und unter sich schwarzes Wasser. Die umwickelten Riemen knarrten beinahe unhörbar, und das gelegentliche Flüstern des Kapitäns mit dem Steuermann hörte sich für den lauschenden Kamose irgendwie unheildrohend an.
    Zu seiner Linken glitten das dunkle Ufer und das Ende eines Weges vorbei. Ahmose hatte den Kopf auch in diese Richtung gewandt, und Kamose wusste, dass die Gedanken seines Bruders unversehens in der Vergangenheit weilten, genau wie seine eigenen. Am anderen Ende des Weges hier war das Blut seines Vaters in den Sand geflossen, und das hatte ihr Leben für immer verändert. Dann war der Weg verschwunden, wurde durch eine unregelmäßige Palmenreihe ersetzt, und Ahmose seufzte ein wenig. »Binnen einer Stunde sollten alle Schiffe Qes wohlbehalten passiert haben«, sagte er leise. »Wir haben nichts und niemanden gesehen, Kamose. Wir können es, glaube ich, riskieren, vor Daschlut noch ein Auge zuzumachen. Wie weit ist es bis dahin?«
    »Ungefähr acht Meilen«, erwiderte Kamose ohne nachzudenken. »Wir können bald anlegen. Außerdem möchte ich Späher ausschicken. Ich muss wissen, ob es in der Stadt Soldaten gibt und wie die Häuser gelegen sind. Vielleicht sollte ich ein Schiff an Daschlut vorbeischicken, das jeden abfängt, der entkommen und Teti in Chemmenu warnen will, aber da das nur acht Meilen weiter nördlich liegt, ist es nicht weiter wichtig. Wir stürzen uns auf ihn, ehe er von seinem Lager kriechen, geschweige denn seine Setius aus ihren Betten holen kann.« Er bemühte sich erst gar nicht, seinen abfälligen Ton zu dämpfen. »Ja, ruhen wir uns aus, Ahmose. Und hinter Daschlut müssen wir uns, glaube ich, noch einmal ausruhen.« Er musste seine geheimen Gedanken verraten haben, denn Ahmose fuhr herum und spähte ihm ins Gesicht.
    »Kamose, was hast du in Daschlut vor?«, fragte er dringlich. Kamose legte den Finger an die Lippen.
    »Ich wecke den Bürgermeister und gebe ihm Gelegenheit, sich zu ergeben. Falls er sich weigert, zerstöre ich die Stadt.«
    »Aber warum?«
    »Aus zwei Gründen. Erstens, weil sie Apophis’ südlichster Außenposten ist. Qes zählt nicht wirklich, Apophis herrscht in ganz Ägypten, aber seine Finger reichen nur bis Daschlut. Töricht, wie er ist, hat er sich nicht die Mühe gemacht, weiter südlich Truppen zu stationieren, obwohl Esna und

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