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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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schwachen Brise flatterte.
    »Hallo.«
    Baedecker wirbelte herum. Der Mann saß auf einem flachen Areal beim Klippenrand etwa fünfzehn Schritte vom Weg entfernt. Es war ein natürlicher Lagerplatz, von Nordund Westwinden durch Felsen und Bäume abgeschirmt, aber auf drei Seiten offen für die Aussicht.
    »Hallo«, sagte Baedecker und ging näher hin. »Ich habe Sie hier gar nicht gesehen.«
    Baedecker hatte keine Zweifel, daß es sich bei dem alten Mann um einen Indianer handelte. Seine Haut hatte die Farbe von gebranntem Kupfer, die Augen waren so dunkel, daß sie fast schwarz wirkten, die Runzeln auf der Stirn verliefen von einem schmalen Nasenrücken aus, und er trug ein weites blaues Hemd, hatte ein rotes Stirnband fest um den Kopf geschlungen und das graue Haar zu Pferdeschwänzen gebunden. Er trug einen Ring mit einem einzigen dunkelblauen Stein. Nur die zerschlissenen grünen Stoffturnschuhe paßten nicht zu der Erscheinung. »Ich wollte Sie nicht stören«, sagte Baedekker. Er sah an dem alten Mann vorbei zu einem Zelt, das neben einem niedrigen Gebilde aus Zweigen und Steinen und Ästen aufgestellt worden war. Baedecker wußte sofort, daß es sich bei dem Gebilde um eine Schwitzkammer handelte, ohne zu wissen, woher er das wußte.
    »Setzen Sie sich«, sagte der Indianer. Der alte Mann selbst saß auf einem Felsen, nicht mit überkreuzten Beinen, sondern ein Bein über dem anderen, eine bequeme, fast feminine Haltung. »Ich bin Robert Sweet Medicine«, sagte er. Seine Stimme klang heiser, amüsiert, als wäre er kurz davor, über einen unausgesprochenen Witz zu kichern.
    »Richard Baedecker.«
    Der alte Mann nickte, als wäre das eine überflüssige Information. »Hübscher Tag, auf den Berg zu steigen«, sagte Baedecker. »Aber ich bin nicht sicher, ob ich ganz rauf gehe.«
    Der Indianer zuckte die Achseln. »Ich komme schon lange Zeit hierher und bin noch nie auf dem Gipfel gewesen. Es ist nicht immer notwendig.« Er schnitzte mit einem Taschenmesser einen kurzen Zweig zu. Verschiedene Äste, Zweige, Wurzeln und Steine lagen vor ihm auf dem Boden. Baedecker bemerkte die Knochen eines kleinen Tiers in dem Haufen. Manche der Steine waren mit bunten Farben bemalt worden.
    Baedecker sah über die weite Prärie nach Norden. Von seinem Aussichtspunkt aus konnte er keine Straßen sehen, und nur kleinere Baumgruppen verrieten, wo sich Ranchen befanden. Plötzlich hatte er einen lebhaften Eindruck von der Freiheit, die die Indianer der Ebenen vor eineinhalb Jahrhunderten verspürt haben mußten, als sie sich ohne Einschränkungen durch das fast grenzenlos weite Land bewegen konnten. »Sind Sie ein Sioux?« fragte er und wußte nicht, ob die Frage höflich war, er wollte es aber wissen.
    Robert Sweet Medicine schüttelte den Kopf. »Cheyenne.«
    »Oh, ich dachte aus irgendwelchen Gründen, die Sioux würden in diesem Teil von South Dakota leben.«
    »So ist es«, sagte der alte Mann. »Sie haben uns vor langer Zeit aus dieser Gegend vertrieben. Sie halten diesen Berg für heilig. Wir auch. Wir müssen nun einfach weiter wandern.«
    »Wohnen Sie hier in der Nähe?« fragte Baedecker.
    Der Indianer nahm sein Messer, schnitt ein kleines Stück frischen Kaktus ab, der zwischen den Felsen wuchs, schälte ihn und legte das Stück auf die Zunge wie ein Flötist, der sein Instrument ansetzt. »Nein, ich reise weit, um hierher zu gelangen. Meine Aufgabe ist es, jungen Männern etwas beizubringen, das diese eines Tages anderen jungen Männern beibringen müssen. Aber mein junger Mann hat sich etwas verspätet.«
    »Oh?« Baedecker sah auf den fernen Parkplatz hinab. Sein Civic war immer noch das einzige Fahrzeug, das dort stand. »Wann haben Sie ihn erwartet?«
    »Vor fünf Wochen«, sagte Robert Sweet Medicine. »Die Tsistsistas haben kein Zeitgefühl.«
    »Wer?« fragte Baedecker.
    »Das Volk«, sagte der alte Mann mit seiner heiseren, amüsierten Stimme.
    »Oh.«
    »Sie haben auch eine weite Reise hinter sich«, sagte der andere.
    Baedecker dachte darüber nach und nickte.
    »Meine Vorfahren, zum Beispiel Mutsoyef, sind auch weit gereist«, sagte Robert Sweet Medicine. »Dann fasteten sie, läuterten sich und erklommen den Heiligen Berg, um zu sehen, ob sich eine Vision einstellen würde. Manchmal sprach Maiyun zu ihnen. Häufiger aber nicht.«
    »Was für Visionen?« fragte Baedecker.
    »Wissen Sie von Mutsoyef und der Höhle und dem Geschenk der vier Pfeile?«
    »Nein.«
    »Einerlei«, sagte Robert Sweet Medicine. »Das

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