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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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freundlich. Ein Collie trottete neben ihr her. »Hallo«, sagte sie.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ja, Ma'am. Sind Sie Mrs. Wheeler?«
    »Ruth Wheeler«, sagte die Frau, als sie näher kam. Sie hatte tiefe Lachfältchen unter den Augen, die so erstaunlich grün wie die von Maggie waren.
    »Mein Name ist Richard Baedecker«, sagte er und hielt dem Collie die Hand hin, damit er daran schnuppern konnte. »Ich suche nach Maggie.«
    »Richard ... oh, Richard!« sagte die Frau. »Herrje, ja. Margaret hat Ihren Namen erwähnt. Herzlich Willkommen, Richard.«
    »Danke schön, Mrs. Wheeler.«
    »Ruth, bitte«, sagte sie. »Herrje, da wird Margaret aber überrascht sein. Sie ist im Augenblick nicht da, Richard. Sie ist in die Stadt gefahren, ein paar Besorgungen machen. Möchten Sie nicht mit ins Haus kommen und einen Kaffee trinken, während wir auf sie warten? Sie müßte bald wieder da sein.«
    Baedecker wollte schon annehmen, da spürte er eine gewaltige Ungeduld über sich kommen, als könnte er nicht Halt machen, nicht ausruhen, bevor seine lange Reise zu Ende war.
    »Danke, Ruth«, sagte er. »Wenn Sie eine Ahnung haben, wo sie stecken könnte, fahre ich in die Stadt und versuche, sie zu finden.«
    »Versuchen Sie es bei Safeway im Einkaufszentrum oder im Hardwaregeschäft auf der Main«, sagte sie.
    »Margaret fährt unseren alten blauen Ford-Pritschenwagen mit einem großen, roten Generator auf der Ladefläche. Auf der hinteren Stoßstange klebt mein Dukakis-Aufkleber.«
    Baedecker grinste. »Danke, Ma'am. Wenn ich sie nicht finde und sie vor mir hiersein sollte, dann sagen Sie ihr, ich käme bald.«
    Mrs. Wheeler kam zu ihm und legte eine Hand auf das offene Fenster, als er den Civic gewendet hatte. »Noch eine Stelle, wo sie sein könnte«, sagte sie. »Margaret macht gern auf dem Bear Butte halt. Das ist ein großer alter Hügel gleich außerhalb der Stadt. Fahren Sie einfach zum Nordende und dann immer den Schildern nach.«
    Der blaue Pritschenwagen stand nicht auf dem Parkplatz von Safeway und auch nicht an der Main Street. Baedekker fuhr langsam durch die kleine Stadt hin und her und rechnete fast damit, Maggie jeden Moment aus einer Tür kommen zu sehen. Die Nachrichten um halb zwei sprachen vom geheimen Start des Space Shuttle, der irgendwann in den nächsten zwei Stunden stattfinden müßte.
    Der Reporter bezeichnete das KSC fälschlicherweise als ›Cape Kennedy‹ und berichtete, daß sich Wolken über dem Gelände zusammengezogen hatten, das Wetter aber bis zum Start halten würde. Baedecker wendete auf dem Parkplatz einer Dörrfleischfabrik und fuhr durch Sturgis zurück, worauf er den grünen Schildern zum Bear Butte State Park folgte.
    Auf dem kleinen Parkplatz standen keine Autos. Baedecker stellte den Civic in der Nähe eines geschlossenen Informationskiosks ab und sah zum Bear Butte hinauf. Es war ein eindrucksvoller Berg. Wenn er sich noch auf seine Geologieausbildung verlassen konnte, müßte der Berg ein verwitterter Vulkankegel sein, dessen langgezogener Hang zu einem Gipfel emporstieg, der mindestens zweihundertvierzig Meter über der umliegenden Prärie liegen müßte, möglicherweise mehr. Der Berg stand abseits der Vorgebirge im Süden und ragte dramatisch aus dem Grasland heraus. Baedecker mußte seine Phantasie anstrengen, um einen Bären in dem Hügel zu erkennen, und als es ihm schließlich gelang, war es ein Bär, der nach vorn kauerte und die Hinterfüße in die Luft streckte.
    Baedecker schnappte einer Eingebung folgend seine alte Fliegerjacke vom Rücksitz und schritt den Wanderweg vom Informationszentrum hinauf.
    Zwar lagen hier und da noch Schneeflocken an schattigen Stellen, aber der Tag war warm, und Baedecker konnte die tauende Erde riechen. Er fühlte sich beschwingt, als er die Serpentine des ersten steilen Abschnitts des Wegs hinaufging, hatte aber keine Mühe zu atmen. Er fragte sich, weshalb er die letzten drei Tage keinen Appetit gehabt hatte und warum er sich trotz zweier Tage ohne Schlaf und leerem Magen so kräftig und fit, fast überschwenglich fühlte.
    Der Weg wurde flacher und führte zu der ansteigenden Kammlinie hinauf, aber Baedecker blieb stehen, sah über niedrige Piniennußbäume und Goldkiefern hinweg und bewunderte die Aussicht nach Norden und Osten.
     
    Etwa ein Drittel des Weges nach oben fielen ihm kleine Stoffetzen auf, bunte Stoffstücke, die an niedrigen Büschen entlang des Wegs festgebunden waren. Er blieb stehen und berührte eines, das in der

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