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In der Südsee. Zweiter Band

Titel: In der Südsee. Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Hochzeit – zum Tode, wie sie wohl wußte.»Nenn' mir den Namen des Mannes und ich werde dich verschonen«, erklärte Nakaeia. Doch das Mädchen blieb fest; sie schwieg, um den Geliebten zu retten, und die Königinnen erstickten sie zwischen den Matten.
    Nakaeia war gefürchtet, aber augenscheinlich nicht gehaßt. Taten, die für unsere Begriffe nach Mord riechen, trugen in den Augen seiner Untertanen das verehrungswürdige Antlitz der Gerechtigkeit. Seine Orgien machten ihn populär. Auch heute noch rühmen die Eingeborenen respektvoll seine machtvolle Regierung, und selbst die Weißen, die er lange Zeit befeindete und sich vom Leibe zu halten verstand, geben ihm (eine landläufige Südseephrase) den Titel eines »vollkommenen Gentleman, wenn nüchtern.«
    Als er ohne Nachkommen zu hinterlassen auf dem Sterbebette lag, rief er seinen ältesten Bruder, Nanteitei zu sich, hielt ihm einen Vortrag über die königliche Politik und warnte ihn vor allzu großer Schwäche. Die Warnung fiel auf fruchtbaren Boden, und eine Zeit lang regierte er ganz nach dem Muster Nakaeias. Nanteitei entließ die Wachen und ging mit einem Revolver umher, den er in einem ledernen Postsack trug. Um seine Schwäche zu verbergen, bewahrte er ein rauhes Schweigen. Man konnte den ganzen Tag über auf ihn einreden, ihm mit Ratschlägen, Vorwürfen, Bitten, Drohungen kommen – auf nichts erhielt man eine Antwort. Die Zahl seiner Frauen betrug siebzehn, und viele von ihnen waren Erbinnen, denn das königliche Haus ist arm, und Heiraten galten von jeher als ein Mittel zur Stützung des Thrones. Nakaeia hatte seinen Harem für sich arbeiten lassen,Nanteitei vermietete ihn an andere. So ließ damals zum Beispiel die Firma Wightmann einen Landungssteg mit Veranda am Nordende der Stadt erbauen. Die Maurerarbeit ist das Werk der siebzehn Königinnen, die dort im Wasser umherwateten und sich abrackerten wie die Fischermädel. Aber der Mann, der das Dach decken sollte, wagte nicht mit der Arbeit zu beginnen, bis die Frauen nicht fertig waren, aus Angst er könnte sie von obenher zu Gesichte bekommen. Das war vielleicht das letzte Auftreten der Haremsarbeiterinnen. Vor längerer Zeit hatten sich hawaiische Missionare in Butaritari niedergelassen – Maka und Kanoa, zwei tapfere, kindliche Männer; Nakaeia hatte von ihrer Lehre nichts wissen wollen, vielleicht war er sogar eifersüchtig auf ihren Einfluß gewesen; da er aber zugleich ein Mensch war, konnte er nicht anders: er mußte sie gern haben. Einst hatte er in seinem Hause vor den Augen Kanoas mit eigener Hand drei Matrosen aus Oahu getötet, indem er sich ihnen auf den Rücken setzte und sie erstach. Dabei hatte er dem Missionar gedroht, ihn auch zu töten, falls er sich einmischte. Doch er hatte ihn damals nicht nur verschont, sondern ihn später sogar (nachdem Kanoa geflohen war) mit Ausdrücken der Ehrerbietung zurückgerufen. Nanteitei, der schwächere, verfiel blindlings dem Zauber dieser Männer; Maka, ein heiterer, liebenswerter, seinen Beruf jedoch sehr ernst nehmender Mann, gewann einen Einfluß auf den König und verstärkte ihn ständig, bis er allmächtig wurde. Nanteitei wurde samt seinem ganzen Hause sehr bald öffentlich bekehrt, und mit einer Strenge, wie sie freier denkende Missionarezurückweisen, wurde der Harem auf der Stelle aufgelöst. Das war ein schwerwiegender Schritt. Der Thron verarmte, seine Macht war erschüttert, die Verwandtschaft der Königinnen war gekränkt, und sechzehn Frauen aus Häuptlingsgeschlecht (manche davon sehr begütert) wurden mit einem Schlage auf den Markt geworfen. Ich bin mit einem hawaiischen Matrosen gefahren, der nacheinander mit zwei dieser Impromptu-Witwen verheiratet war und der von beiden wegen schlechten Betragens geschieden wurde. Daß zwei große und reiche Damen (denn beide waren reich) »einen Mann von einer anderen Insel« heirateten, ist an und für sich schon ein Beweis für die Auflösung der Gesellschaft. Außerdem wurden sämtliche Gesetze, nicht immer zu ihrem Vorteil, umgeändert. Ich liebe Maka als Mensch; als Gesetzgeber hat er zwei Mängel: er ist schwach, wo es gilt zu strafen, und hart in dem Verbot unschuldiger Freuden.
    Krieg und Revolution sind meistens die Nachfolger der Reformation. Nanteitei jedoch starb (an einer übergroßen Dosis Chloroform) im ruhigen Besitz seines Thrones, und erst unter der Regierung des dritten Bruders, Nabakatokias, eines tapferen, aber schwachen Mannes, brach das Unwetter los. Von jeher

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