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In die Wildnis

In die Wildnis

Titel: In die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Krakauer
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die Alaska State Troopers sich bereits seit einer Woche bemüht, die Identität der Leiche festzustellen. Der Tote trug ein blaues Sweatshirt mit dem Logo einer in Santa Barbara ansässigen Firma, einem Abschleppdienst mit dazugehörigem Schrotthandel, und als die Troopers dort nach McCandless fragten, wurde ihnen nur erklärt, daß man weder etwas über ihn wußte noch darüber, wie er an das T - Shirt gekommen war. Mit der Leiche war auch das kurze, zahlreiche Fragen aufwerfende Tagebuch sichergestellt worden. Bei vielen Einträgen handelte es sich um knappe, präzise Beobachtungen zu Flora und Fauna, was zu der Spekulation anregte, McCandless sei Naturbiologe gewesen. Aber auch diese Fährte führte letztlich in eine Sackgasse.
    Am 10. September, drei Tage bevor die Nachricht von dem tot aufgefundenen Traveller in der Times erschien, kam die Geschichte auf die Titelseite der Anchomge Daily News. Als Jim Gallien die Schlagzeile und die dazugehörige Karte sah, aus der hervorging, daß die Leiche fünfundzwanzig Meilen westlich von Healy am Stampede Trail gefunden worden war, hielt er entsetzt den Atem an: Alex. In Gallien lebte noch immer die Erinnerung an das Bild des seltsamen, sympathischen Jugendlichen fort, der den Trail in zwei Nummern zu großen Stiefeln hinuntergeschritten war - Galliens Stiefeln, den alten, braunen extrastarken Gummistiefeln, die er dem Jungen mehr oder weniger hatte aufdrängen müssen. »Der Artikel hat, trotz der spärlichen Informationen, so geklungen, als ob es derselbe ist«, erzählt Gallien, »also hab ich die State Troopers angerufen und gesagt, ›Leute, ich glaub, den Jungen hab ich ein Stück per Anhalter mitgenommen.‹«
    »O.k., verstanden«, erwiderte Trooper Roger Ellis am anderen Ende der Leitung. »Warum glauben Sie das? Sie sind mittlerweile der sechste innerhalb der letzten Stunde, der hier anruft und behauptet, er weiß, wer der Junge ist.« Aber Gallien ließ sich nicht beirren, und als er einige Details nennen konnte, schwand Ellis' anfängliche Skepsis. Gallien konnte Teile der Ausrüstung beschreiben, die sich bei der Leiche befanden und in dem Artikel nicht erwähnt waren. Und dann fiel Ellis der erste, kryptische Tagebucheintrag des Jungen wieder ein. Er lautete, »Exit Fairbanks. Gallien - Sitzung. Kaninchen Tag.«
    Die Troopers hatten inzwischen den Film aus der Minolta des Jungen entwickeln lassen. Bei mehreren Bildern handelte es sich ganz offensichtlich um Selbstporträts. »Als sie die Fotos zu mir auf die Baustelle gebracht haben, auf der ich damals gearbeitet hab«, erzählt Gallien, »da gab es keinen Zweifel mehr. Der Junge auf dem Bild war Alex.«
    Da McCandless Gallien erzählt hatte, er stamme aus South Dakota, verlagerten die Troopers ihre Suche nach den nächsten Verwandten unverzüglich dorthin. Eine Suchmeldung an alle Polizeidienststellen führte auf die Spur eines Vermißten mit dem Namen McCandless aus dem Osten von South Dakota, der noch dazu zufälligerweise aus einer kleinen Stadt stammte, die nur zwanzig Meilen von Westerbergs Carthage entfernt lag. Eine Weile glaubten die Troopers, ihren Mann gefunden zu haben. Aber auch diese Fährte führte ins Nichts.
    Westerberg hatte seit der Postkarte aus Fairbanks vom Frühjahr zuvor nichts mehr von jenem Freund, den er als Alex McCandless kannte, gehört. Als er nach viermonatiger Erntezeit in Montana am 13. September seine Mähdrescher - Kolonne nach Carthage zurückführte und einen leeren, endlosen Highway außerhalb von Jamestown hinunterrollte, schaltete sich plötzlich sein Funkgerät ein »Wayne!« rief die aufgeregte Stimme eines seiner Arbeiter aus den anderen Lastern. »Bob hier. Hast du dein Radio eingeschaltet?«
    »Ja, Bobby. Hier Wayne. Was gibt's?«
    »Schnell - schalt dein Radio ein und hör dir Paul Harvey an. Er quatscht gerade was von irgend 'nem Jungen, der in Alaska verhungert sein soll. Die Polizei weiß nicht, wer er ist. Hört sich verdammt nach Alex an.«
    Westerberg fand den Sender gerade noch rechtzeitig, um das Ende der Paul - Harvey - Sendung mitzubekommen. Er mußte Bob wohl oder übel recht geben: die bruchstückhafte Beschreibung paßte beunruhigend genau auf seinen Freund.
    In Carthage angekommen, rief ein niedergeschlagener Westerberg unverzüglich die Alaska State Troopers an und erzählte ihnen, was er über McCandless wußte. Inzwischen war jedoch in vielen Zeitungen des Landes ausführlich über den toten Traveller berichtet worden. Einige Zeitungen hatten

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