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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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müssen. Stattdessen schwieg ich vor mich hin.
    Nur noch neun Minuten. Mit einem tiefen Durchatmen setzte ich mich aufrecht hin, bevor ich dann gleich wieder im Sessel hinabrutschte. Ich kratzte meinen ganzen Mut zusammen, räusperte mich und fragte dann vorsichtig: »Glauben … glauben Sie an Geister?«
    Dr. Katz schaute mich aufmerksam an. »Glaubst du denn an Geister?«
    Mit hochgezogenen Brauen starrte ich sie an. »Ich wollte von Ihnen wissen, wie Sie darüber denken!«
    »Nein, Amber. Du wolltest von mir wissen, ob es in Ordnung ist, wenn du an Geister glaubst.« Dr. Katz machte eine kleine Pause. »Früher hättest du zuallererst deiner Mutter diese Frage gestellt, nicht wahr?«
    Durch meine Beine lief ein Zittern, dann ein Rucken, als wollte ich irgendwo dagegentreten.
    Leiser fügte Dr. Katz hinzu: »Sie kommt nicht wieder, Amber. Du musst dir künftig solche Fragen selbst beantworten. Du musst jetzt lernen, ohne deine Mutter zu leben.«
    Ihre Worte waren wie eine Ohrfeige für mich. Meine Brust war plötzlich eng, ich schnappte keuchend nach Luft, und als ich wieder ein bisschen davon in die Lungen gesaugt bekam, schrie ich nur noch, die Hände zu Fäusten geballt: »Neulich haben Sie mich gefragt, ob ich auf Ted wütend bin und auf Mam! Soll ich Ihnen mal was sagen?! Ich bin wütend auf Sie ! Weil sie immer solche Scheißfragen stellen, jede Frage von mir nur mit einer Gegenfrage beantworten und immer solche blöden Sprüche klopfen! Ich bin tatsächlich stinkewütend, und zwar auf Sie, und nur auf Sie!«
    Schnaufend starrte ich sie an und sah verblüfft, wie sich ihre Miene erhellte und ein offenes Lächeln darauf aufschien, das in ein freundliches Lachen überging; sie konnte richtig nett aussehen. »Das ist doch mal ein guter Anfang! Damit können wir jetzt prima arbeiten. Unsere Zeit ist nur leider für heute um, Amber. Wir sehen uns dann am Montag wieder.«
    In meinem besten Sommerpyjama, dem aus weißem Baumwollbatist mit Spitzensaum an den Knien und den kurzen Ärmeln, meine Haare nach dem Duschen frisch gewaschen und geföhnt, hockte ich im Lampenschein an meinem Schreibtisch und versuchte, noch ein bisschen was für die Schule zu machen. Aber ich konnte mich auf nichts konzentrieren. Immer wieder schielte ich zum Fenster hin, das ich für Nathaniel offen gelassen hatte, damit er nicht durch die Wand oder die Glasscheibe hereinkam, was ich immer noch ziemlich spooky fand.
    Von draußen drang das Rattern der Stahlseile des Cable Cars zu mir herauf und das weit entfernte Heulen der Sirene eines Einsatzfahrzeugs. Irgendwo unterhalb meines Fensters überschlug sich die Stimme eines Sportkommentators, und nebenan konnte ich Ted, dem ich bereits Gute Nacht gesagt hatte, auf seiner Tastatur tippen hören; ab und zu summte und piepste sein Drucker.
    Mein Telefon dudelte los und ich fuhr mit einem erschrockenen Laut zusammen. Hastig griff ich zum Mobilteil und drückte die Annahmetaste, noch bevor ich darauf geachtet hatte, was nach der 0049 für Deutschland kam.
    »Ja, hallo?«, fragte ich beinahe furchtsam in den Hörer.
    Eine kratzige Männerstimme räusperte sich und sagte dann: »Hallo, Amber. Ich bin’s. Dein Opa.«
    »Opa! Hallo!« Schuldbewusst dachte ich daran, dass ich mich seit unserem letzten Telefonat gar nicht mehr bei meinen Großeltern gemeldet hatte.
    »Hab ich dich geweckt?« Im Hintergrund konnte ich die Vögel im Garten zwitschern hören.
    »Nö, gar nicht. Ich war eh noch auf, Hausaufgaben machen.« Ich schielte zum Radiowecker. 10:53 PM , fast elf, verrieten mir die rot glühenden Ziffern; in Deutschland war es jetzt kurz vor acht Uhr morgens, Sommerzeit.
    »Ich dachte, ich ruf mal an und frag nach, wie’s meiner Enkeltochter in Amerika geht.« Irgendwie klang er angespannt.
    Ich tapste zum Bett hinüber und knipste die Nachttischlampe an. »Ach ja, ganz gut. Und euch? Wie geht’s Oma?« Den Hörer am Ohr, krabbelte ich über die Matratze und kuschelte mich mit angezogenen Beinen gegen mein Kopfkissen.
    »Gutgut, alles bestens. Soll dich lieb grüßen von ihr, sie ist gerade zum Einkaufen.« Er räusperte sich wieder. »Geht’s dir wirklich gut?«
    Ich dachte kurz nach. Ging’s mir gut? Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, schon irgendwie. Mehr oder weniger.«
    »Sorgt er denn gut für dich?« Ich verdrehte die Augen. Er schaffte es nie, Ted wenigstens bei irgendeinem Namen zu nennen; Karens Ami war schon das höchste der Gefühle.
    »Ja, das macht er.« Mit einem Mal hatte ich

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