In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
ein warmes Gefühl im Bauch, das mir neu war. »Er kümmert sich um alles und kocht sogar jeden Abend für mich.«
»Hör mal, Amber – du kannst mir ruhig die Wahrheit sagen, das bleibt unter uns.«
»Das tu ich doch«, erwiderte ich erstaunt.
»Ist er denn allein?«, kam die nächste Frage.
»Wie – allein ?« Unwillkürlich schaute ich die Trennwand zu Teds Arbeitszimmer an. »Wie meinst du das?«
»Na ja, so ein junger Mann wie er – er hat doch sicher Frauenbekanntschaften? Geht er denn viel aus, abends?« Ich blinzelte. »Auf Partys oder in Kneipen oder so? Weißt du, Amber, das ist sicher nicht leicht für ihn, mit dir zurechtzukommen, er ist das ja gar nicht gewöhnt, nachdem er die ganze Zeit …«
Ich hörte ihm gar nicht mehr zu, als mir langsam dämmerte, warum Opa anrief und worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte. Offenbar brauchte er Munition gegen Ted, wenn er mit der Anfechtung der Sorgerechtserklärung weiterkommen wollte. Sofern sie nicht schon ganz vom Tisch war, mir sagte ja keiner was. Die Wärme in meinem Bauch ging nahtlos in etwas Glühendes über, das sich weiter aufheizte.
»Du, Opa, ich glaube …«, fiel ich ihm ins Wort, und als er einfach weiterredete, wurde ich laut. »Opa, hey! Lass mich doch auch mal was sagen! Was du da gerade versuchst, ist genau das, was Mam nie wollte! Klar find ich’s blöd, dass ich hierher umziehen musste und nicht in Deutschland bleiben konnte. Und klar läuft hier nicht alles reibungslos – aber Ted gibt sich echt alle Mühe und es ist total unfair, wenn du jetzt von mir verlangst, dass ich was anderes behaupte!«
Am anderen Ende der Leitung seufzte es. »Es ehrt dich ja, dass du ihn in Schutz nimmst, Amber – aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass so ein verantwortungsloser Rumtreiber wie er …«
In mir schoss eine Stichflamme hoch. »Weißt du was?!«, brüllte ich in den Hörer. »Klär das doch mit Ted selber! Oder mit eurem Anwalt oder – oder mit sonst wem! Aber lass mich in Ruhe mit dem Scheiß!«
Meine Finger zitterten, als ich einfach auflegte, und krampften sich dann um das Mobilteil; mein Atem ging stoßweise und keuchend, während es in mir tobte und brannte, und mit einem Aufschrei schleuderte ich den Hörer von mir. Krachend schlug er gegen die Wand, und Plastik splitterte ab, bevor er scheppernd auf den Boden knallte.
Keine fünf Sekunden später ging die Tür auf und Ted schaute herein. »Alles okay bei dir?« Er sah mich an, dann das lädierte Mobilteil auf dem Boden vor dem Schreibtisch und die Macke in der Wand, dann wieder mich. Seufzend kam er herein und setzte sich zu mir aufs Bett. »Hat dein Großvater angerufen?«
Ich nickte. Er legte mir nur ganz leicht die Hand auf den Kopf, aber mehr brauchte es in diesem Augenblick nicht, damit ich explodierte wie ein angezündetes Benzinfass.
»Fass mich nicht an«, schrie ich; mit aller Kraft schlug und drosch ich auf ihn ein und genoss das Gefühl, wenn ich ihn hart an den Schultern, auf der Brust traf. »Lasst mich doch alle in Ruhe! Das ist alles nur deine Schuld!«
»Heyhey, Amber!«, hörte ich ihn rufen, während er meine Schläge mit beiden Armen abwehrte. »Hey!« Er erwischte meine Handgelenke und packte sie so fest, dass es mir wehtat. »Hey! Ist okay! Ist okay!« Wie auf ein durchgehendes Pferd redete er auf mich ein, energisch und beruhigend zugleich, und genau wie ein solches bockte und zappelte ich, bis ich in seinem Griff erschlaffte. Schwer atmend spähte ich durch die Haarsträhnen hindurch, die mir vors Gesicht gefallen waren. Erschrocken sah er aus und blass; auf seinen Wangen zeichneten sich rote Flecken ab und sein Mund war ein dünner Strich. »Ist okay«, wiederholte er und rieb im Takt seiner Worte mit den Daumen über meine Handgelenke. »Ist okay. Ist schon okay.«
Dann erst sickerte zu mir durch, was ich gerade getan hatte. »Es tut mir leid – es tut mir so leid!«, schluchzte ich trocken auf. »So leid!« Mein Magen zog sich so heftig zusammen, dass ich kurz davor war, mich zu übergeben.
Er ließ eins meiner Handgelenke los und strich mir mit unsicheren Fingern die Haare aus dem Gesicht. »Ist schon okay. Nichts passiert. Alles gut.« Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, aber es machte mir auch nichts aus, dass seine Hand weiter über meine Haare fuhr. Im Gegenteil. »Irgendwann musste das ja mal hochkommen«, sagte er sanft. »Und mir ist es lieber, du tobst und schreist und wirfst Sachen kaputt, als dass du weiterhin wie
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