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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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drüben auf dem Schreibtisch.
    »Das kenne ich.« Um Nathaniels Mund zuckte es. »Nur fliegt bei mir dann wie in einem Wirbelsturm alles Mögliche durch die Luft und Möbel fallen um.«
    »Dann werd ich mich bemühen, dich nie wütend zu machen«, erwiderte ich mit einem winzigen Lächeln.
    »Musst du nicht«, raunte Nathaniel. »Ich könnte nie wütend auf dich sein.«
    Lange sah er mich an, bis er leise fragte: »Geht es dir gut?«
    Ich wollte automatisch nicken, schüttelte dann aber den Kopf. Nach dem Telefonat mit Opa war mir elend zumute, vor allem nach meinem Ausraster, in dem ich Ted geschlagen hatte wie eine trotzige Fünfjährige im Zornesrausch.
    »Möchtest du es mir erzählen?«
    Ich schüttelte wieder den Kopf und streckte mich der Länge nach aus, bevor ich die Decke einladend beiseitezog. Nathaniels Augen leuchteten auf, dann kam er herüber und legte sich zu mir.
    Ohne ein Wort zu sagen, ließ ich meine Hand über seine Arme streichen, dann über seine Brust, halb über die sichtbaren Konturen, halb durch ihn hindurch, als würde ich den Abendnebel über der Bucht mit meinen Fingern durchkämmen und zu fangen versuchen. Sein Gesicht näherte sich meinem, und als sein Mund sich auf meine Stirn legte, schloss ich die Augen. Wo seine Lippen mich berührten, auf der Stirn, den Schläfen, den Wangen, kreisten kleine Luftwirbel auf meiner Haut, kitzelten und kribbelten und ließen mir ein wenig schwindelig werden. Meine Lider flatterten und hoben sich. So nah war er mir jetzt, dass kaum noch ein Finger zwischen seinen Mund und meinen gepasst hätte, und so wie ich mich versteifte, schien auch er zu zögern. In dem Schatten, den er aus dem schummrigen Licht der Nachttischlampe herauslöste, glänzten seine Augen dunkel und warm wie poliertes Holz, und ich entspannte mich wieder.
    »Amber«, murmelte er. Am-berrrr. Meine Augen klappten zu, und ich spürte seinen Mund auf meinem, einen größeren, kräftigeren Wirbel, der langsam meinen Atem einsog, schön und aufregend und beängstigend zugleich, bis ich nach Luft rang und er sich von mir löste. Ich machte die Augen auf und sah ein kleines, kaum sichtbares Lächeln um Nathaniels Mundwinkel, und auch meine krümmten sich aufwärts.
    Als ob jemand mit heißen Fingern an jedem einzelnen Muskel in mir zog, so sehnte ich mich danach, meine Finger um Nathaniels Schultern zu schließen und starke Knochen und warme Haut zu fühlen. Seinen Herzschlag zu hören und zu spüren, wie er atmete. Ich wollte so sehr, dass er mich in seine Arme zog und gegen seine Brust drückte, fester und fester, bis mir die Luft wegblieb und mir damit den Trost, den Halt gab, den ich so nötig hatte.
    Mir war weh ums Herz, als ich mich stattdessen zusammenrollte und mich in wenig mehr als Luftwirbel hineinkuschelte. Eingehüllt in das sanfte Strömen von Dunst und Nebel, das er war, in seinen Duft nach grünem Moos und sonnengetrocknetem Treibholz schloss ich die Augen und ließ mich von dem zarten Lufthauch seiner Finger in den Schlaf streicheln.

47
    »Gefällt’s dir?«, fragte Ted leise. Sonnenbrille auf der Nase, die Jeans bis unters Knie aufgekrempelt und unsere Sneakers an die Finger gehakt, schlenderten wir barfuß durch den Sand. Ich nickte.
    »Ich hätte schon früher daran denken sollen, mit dir hierherzukommen«, fügte Ted wie entschuldigend hinzu, und mein Mund bog sich zu einem kleinen Lächeln, während ich weiter meine Augen über den Strand schweifen ließ, der sich als breites goldbraunes Band unter der Anhöhe des Presidio entlangzog. An den Felsen sammelten sich immer wieder die Möwen, bevor sie wie auf Kommando aufstoben und zu dem leuchtend blauen Himmel aufflogen, wo sie unter heiseren Schreien ihre Runden drehten, und in der Ferne spannte sich in intensivem Orangerot die Golden Gate Bridge zu den braunen Hügeln auf der anderen Seite. Das türkisblaue Wasser drängte sich in weiß schäumenden Wellen an den Strand und brachte eine kräftige Brise mit sich, die Strähnen aus meinem Pferdeschwanz löste und damit genauso herumspielte wie mit dem dünnen Strickjäckchen, das ich mir über mein T-Shirt gezogen hatte.
    Das schöne Wetter an diesem Samstag hatte eine Menge Menschen an den Baker Beach gelockt. Auf Matten oder Handtüchern fläzten leicht bekleidete Sonnenanbeter herum, eine Gruppe Jungs spielte unter Gelächter und Gebrüll Frisbee, und Kinder bauten Sandburgen oder rannten vergnügt kreischend ins Wasser; es roch nach Salzwasser und Tang, nach Sand

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