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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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ein Eisklotz durch die Gegend läufst. Das tut dir nämlich nicht gut.« Ich konnte ihn förmlich grinsen hören. »Sollen wir dir vielleicht einen Boxsack kaufen und an die Decke dübeln?«
    Gegen meinen Willen musste ich schmunzeln.
    »Mir tut es leid«, fügte er ernst hinzu, »dass du das jetzt mitbekommen hast. Das wollte ich eigentlich von dir fernhalten, du hast ja genug eigene Probleme. Gabi hat mich am Wochenende angerufen und mich vorgewarnt, dass es jetzt ein bisschen hässlich werden könnte zwischen den Seemanns und mir. Ihr haben sie nämlich auch schon auf den Zahn gefühlt.«
    »Warum macht Opa das?«, flüsterte ich heiser.
    »Na ja«, erwiderte Ted mit einem lang gezogenen Ausatmen, »ich nehme an, er und deine Oma wollen dich bei sich haben, damit sie so wieder etwas von ihrer Tochter zurückbekommen. Dass du jetzt so weit weg von ihnen lebst, ist schon schwer für sie.«
    »Hast du eigentlich immer für jeden Verständnis? Bist du nicht auch mal sauer?« Ich hatte vorwurfsvoll klingen wollen, aber es kam verwundert heraus.
    Ted grinste. »Genau dasselbe hat mich deine Mutter auch immer gefragt. Karen hat das jedes Mal noch weiter auf die Palme gebracht, wenn sie schon auf hundertachtzig war und ich trotzdem ruhig blieb. Mit mir könne man nicht streiten, hat sie gesagt.« Er zwinkerte mir zu. »Was nicht stimmt. Ich bin nur eben von Natur aus ein ziemlich geduldiger Mensch. Ich brauche sehr lange, bis ich in Fahrt komme, und da hat mein Gegenüber sich meistens schon längst ausgepowert.«
    Ich lachte leise. Ein kühler Luftzug strich über meine Haut und ich wandte den Kopf. Mein Herz schlug schneller, als ich Nathaniel entdeckte. Wie ein Vogel auf dem Drahtseil kauerte er auf dem Fenstersims, die Hände gegen die Fensterrahmen gestützt. Wie ein Raubvogel – sein Gesicht war finster zusammengezogen und er wirkte sprungbereit, als fürchtete er, Ted könnte mir wehtun. Vielleicht hatte er meinen Ausraster von vorhin gespürt. Ich schüttelte sacht den Kopf und versuchte ihm mit einer Grimasse heimlich klarzumachen, dass ich in Ordnung war.
    »Alles okay?« Teds Augen waren meinem Blick zum Fenster hin gefolgt und er wirkte verwirrt.
    »Ja«, sagte ich mit einem tiefen Durchatmen. »Alles okay. – Tut mir wirklich sehr leid wegen vorhin«, murmelte ich kleinlaut aus zugeschnürter Kehle. »Ich weiß nicht, was da in mich gefahren ist.« Ein leichter Grusel überlief mich bei meinen eigenen Worten; früher hatte ich sie immer so leichtfertig und ohne nachzudenken ausgesprochen, und mittlerweile hatten sie eine doppelte Bedeutung bekommen.
    »Schon gut.« Halb tröstend, halb aufmunternd rieb er über meinen Unterarm. »Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende nicht unsere übliche Tour durch eins der Stadtviertel machen, sondern einen richtigen Vater-Tochter-Tag?«
    Mutter-Tochter-Tage hatten bei Mam und mir aus lange schlafen, spätem Frühstück im Café und Bummeln oder am See herumflacken bestanden, abends aus Filme oder Serien gucken und gegenseitigem Zehennägellackieren. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich mir einen Vater-Tochter-Tag vorzustellen hatte, aber ich nickte trotzdem, hauptsächlich deshalb, weil Ted mir nicht böse war, nachdem ich mich eben so schrecklich aufgeführt hatte.
    »Okay, dann machen wir das.« Er strich mir noch einmal über den Kopf, stand auf und bückte sich nach dem Telefon, das er von allen Seiten betrachtete, bevor er schließlich auf ein paar Tasten drückte und es an sein Ohr hob. Ich zuckte zusammen, als gleich darauf der Apparat im Flur klingelte, bis Ted auflegte und mit zufriedener Miene das Mobilteil zwischen die Bücher auf den Schreibtisch legte. »Sieht zwar nicht mehr schön aus, scheint aber noch zu funktionieren.«
    Von seinem Platz auf dem Fensterbrett aus musterte Nathaniel ihn eingehend; irgendwie hatte es schon etwas Komisches, dass er ihn sehen konnte, Ted ihn aber nicht.
    »Ist dir das nicht zu kalt mit dem offenen Fenster?« Ted deutete auf Nathaniel. »Ich find’s ganz schön frisch hier drin.«
    Ich biss mir auf die Lippen und schüttelte den Kopf. »Nein, mir ist warm genug.«
    »Okay.« Er knipste die Schreibtischlampe aus und nickte mir zu. »Versuch zu schlafen, ja? Gute Nacht, Amber.«
    »Nacht.«
    Er hatte gerade die Tür hinter sich zugezogen, da sprang Nathaniel geräuschlos vom Fensterbrett herunter. »Hattet ihr Streit?«
    »Nein, ich war nur … wütend.« Beschämt zeigte ich auf das beschädigte Mobilteil

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