In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
an, die Küche mit einer Spaghettiorgie zu verwüsten, weil er denkt, er würde gleich verhungern.« Sie rollte mit ihren schönen Augen, die die gleiche Farbe hatten wie die von Shane. »Wir sehen uns sicher noch, ja?« Liebevoll legte sie mir die Hand auf den Arm und ging wieder aus der Küche.
In der Diele blieb ich stehen und sah mich noch einmal um. Das ganze Haus atmete Vertrauen und Geborgenheit, dass es mir auf seltsame Art einen Stich versetzte, und gleichzeitig fühlte ich mich rundum darin wohl. Aufgehoben.
Eine Bewegung oben auf der Treppe ließ mich aufsehen. In kurzer Jeanslatzhose und weißem Trägertop darunter hangelte sich ein stupsnasiges, kulleräugiges Mädchen am Treppengeländer entlang und schob einen ihrer bloßen Füße zwischen den Streben hindurch; ihre krisseligen Haare waren zu zwei strammen Zöpfchen geflochten und an den Enden mit Haargummis in Glitzerpink umwickelt.
»Hi«, sagte ich zu ihr. »Du musst Kayla sein.« Sie nickte heftig; verlegen turnte sie am Geländer herum. »Ich bin Amber.« Kayla nickte wieder, dann kicherte sie, wirbelte herum und spritzte die Treppe hinauf, wo gleich darauf eine Tür hinter ihr zuschlug.
Schmunzelnd stieg ich die Treppe hoch. Auf den Wänden im Flur oben wechselte sich gerahmte Ethno-Kunst mit Fotos von Babys und kleinen Kindern ab, mit Bildern von Familienfeiern, Einschulungen und Urlaubsreisen. Im Badezimmer wurde gerade das Wasser abgedreht; ich konnte Shane prusten und dann vor sich hin pfeifen hören.
Trotz des großen roten Stoppschilds stand die weiß lackierte Tür zu seinem Zimmer offen; ein bisschen befangen, aber auch neugierig ging ich hinein. Ein typisches Jungszimmer war es, mit schlichten Holzmöbeln und wenig Deko-Zeugs, dafür mit einem ziemlichen Chaos aus Technikkram, CD s und DVD s, erstaunlich vielen Büchern und schmutzigen Socken und einem zerknüllten T-Shirt auf dem Boden. Immerhin war das Bett gemacht. Auf dem Kleiderschrank standen verschiedene angeschlagene und zerschrammte Footballhelme herum. In einer Ecke lehnte ein Baseballschläger, während der dazugehörige Handschuh nachlässig in ein Regalfach gestopft war.
Ungewöhnlich war das großformatige Gemälde über dem Bett, eine abstrakte Komposition in Rot, Grau, Schwarz und Weiß, und ich ging näher hin. Für Shane – In Liebe & auf ewig, Lauren , war es mit zierlichem Pinselschwung signiert, und mir wurde die Kehle eng. Noch mehr, als ich genauer hinsah und überall gerahmte Bilder von Lauren entdeckte. Lauren im Bikini am Strand. Lauren in einem Café, die hellblonden Haare als Zopf über der Schulter und eine Baskenmütze schräg aufgesetzt. Eine wunderschön lachende Lauren mit hochgesteckten Haaren in einem tollen pinkfarbenen Satinkleid mit schwarzem Band um die schmale Taille. Lauren in T-Shirt, Shorts und Basecap, wie sie auf einem Mäuerchen saß, hinter dem das Meer blau leuchtete.
»Hey, du bist ja schon da!« Shanes Stimme hinter mir ließ mich herumfahren und dann schnell wieder wegschauen. Er trug nur zerrissene Jeans, aus deren Bund der Gummizug einer knallroten Boxershorts herauslugte, und der Aqua-Duft seines Duschgels drang zu mir herüber.
»Wer ist das auf dem Poster?«, fragte ich schnell und zeigte mit der Tupperbox auf das großformatige Foto über dem unaufgeräumten Schreibtisch, das einen Sportler zeigte und über das sich ein hingekritzeltes, vollkommen unleserliches Autogramm zog.
»Das? Das ist Jerry Rice, mein großes Idol«, erklärte Shane, während ich aus dem Augenwinkel beobachtete, wie er sich aus dem Kleiderschrank ein grasgrünes T-Shirt holte und überzog. »Hat lange bei den San Francisco Forty-Niners gespielt. Der Wide Receiver, einer der besten Spieler aller Zeiten in der National Football League. Dreimal Super Bowl! – Oh, super, Mom hat Sandwiches gemacht.« Shane ließ die Tür hinter sich ins Schloss schnappen und nahm mir die Tupperbox ab, bevor er sich auf sein Bett plumpsen ließ. »Mach’s dir bequem!«
Die Sandwiches mit Truthahn, Käse und knackigem Gemüse zwischen Vollkorntoast waren Weltklasse, und während ich barfuß und mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett hockte und Shane mir von seinem Sommerkurs in Medizin in Stanford erzählte, von Zellteilung und genetischen Markern und Prionenforschung, vernichtete ich genüsslich die Hälfte des Boxeninhalts, die er mir großzügig angeboten hatte.
»Sag mal«, fing Shane irgendwann gedehnt an und stellte die leere Box auf dem Boden ab. »Ist bei
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