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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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entspannt, da war es wirklich wieder wie früher. Bevor das zwischen uns so schwierig geworden war.

58
    Das Haus der Diggs’ in Haight-Ashbury, dem bunten Hippie- und Multikulti-Viertel, war nicht schwer zu finden, obwohl mich in der ruhigen Waller Street, die den Golden Gate und den fast herzförmig angelegten Buena Vista Park miteinander verband, erst einmal die wunderschönen alten Häuser auf der linken Straßenseite ablenkten. Eine der für San Francisco typischen Zeilen aus Painted Ladies , wie man solche Häuser nannte, deren Fassaden in verschiedenen Blautönen, Karminrot und Lindgrün mit weißen Blenden, aufwendigen Bordüren und Ornamenten in verschiedenen Farben verziert waren.
    Überhaupt sahen die verschwenderisch gestalteten Häuser rings um die steile Straße, die ich von der Haltestelle aus hinaufgekeucht war, ganz anders aus als die knallbunten, schrillen oder ökomäßigen Läden ein paar Straßen weiter unten, an denen ich eben noch mit dem Bus vorbeigefahren war. Hier hatten die Häuser etwas gepflegt Nostalgisches, etwas Künstlerisches und dezent Individuelles und so gar nichts von Hippies oder Beatniks. Ich konnte mir gut vorstellen, dass hier Menschen wohnten, die einen ganz besonderen Sinn für ausgefallenen Stil und Schönheit hatten – und auch das nötige Kleingeld dazu.
    Dass ich hier trotzdem richtig war, verrieten mir die vier muskulösen Jungs, die sich mitten auf der ruhigen, von parkenden Autos und einzelnen Bäumen gesäumten Straße um einen Basketball rangelten. Zwei Schwarze, ein Weißer und ein Latino, alle nur in Joggingschuhen und schlabbrigen Trainingsshorts bis zum Knie, warfen sich lachend und unter lauten Zurufen den Ball zu, dribbelten damit herum, dass das Plock! Plock! des Balls auf dem Asphalt von den Häusern widerhallte, und versuchten, ihn sich mit viel Schubsen, Knuffen und Beinstellen gegenseitig wieder abzujagen.
    »Hey, schaut mal – wir haben Publikum!«, rief der lang aufgeschossene Blonde, als er den Ball auffing, und schüttelte sich die Fransen seines Surferhaarschnitts aus der Stirn. Die anderen drei drehten sich um und in Shanes Gesicht leuchtete es auf.
    »Hi, Amber!« rief er mir zu. »Sorry, Jungs, bin erst mal weg!« Lässig hob er die Hand zu einem angedeuteten Winken hinter sich und kam mit langen Schritten auf mich zu.
    »Hey«, grüßte ich ihn knapp und packte den Schultergurt meines Rucksacks fester. Mir war es unangenehm, wie mich die anderen Jungs musterten und sich grinsend scherzhafte Bemerkungen zuwarfen, die zu leise ausfielen, als dass ich sie verstanden hätte.
    »Nimm’s mir nicht übel, wenn ich auf Abstand zu dir bleibe«, erwiderte Shane grinsend. »Aber ich glaub, ich muss erst mal unter die Dusche, bevor ich dir mehr als drei Schritte näher komme.«
    Ich nickte und fixierte einen Punkt irgendwo neben seiner Schulter; ich wusste nicht, wohin ich sonst schauen sollte. Shanes Trainingsshorts hingen tief auf seinen schmalen Hüften, und darüber war jeder Muskelstrang so deutlich ausgeprägt wie im Anatomielehrbuch, der harte Sixpack-Bauch, die eckigen Brustmuskeln, auf denen der Schweiß glänzte, die trainierten Oberarme.
    »Lass uns reingehen, ja?«
    Ich nickte wieder und folgte Shane zu einem zweistöckigen Doppelhaus auf der rechten Straßenseite. Die von einer niedlichen Dachgaube gekrönte linke Hälfte war tatsächlich in so einer Art Milka-Lila gestrichen, mit viel weißen Verzierungen und dunkelroten Fensterrahmen. Dagegen wirkte die rechte Hälfte in fadem Beige und Weiß fast unsichtbar. Und auch der Backsteinbau links vom Haus ging daneben ziemlich unter, erst auf den zweiten Blick erkannte ich an dem kleinen Kreuz auf dem Dach in dem niedrigen verschachtelten Bau eine Kirche.
    Während hinter uns wieder das Plock! Plock! des Basketballs und die johlenden Jungenstimmen einsetzten, ging ich hinter Shane das gute Dutzend Stufen hinauf und bemühte mich, nicht allzu sehr auf seine strammen Rückenmuskeln und vor allem nicht auf sein Hinterteil zu starren, das sich knackig unter der Shorts abzeichnete.
    »Bin wieder da-haaa«, brüllte Shane ins Haus hinein, als wir durch die Tür kamen. Die Wände des engen Eingangsbereichs waren von krakeligen Kinderzeichnungen in bunten Rahmen übersät. In einem langen Regal und auf dem Boden ringsum stapelten und türmten sich Schuhe in allen möglichen Größen und Varianten, von riesigen Sneakers und Herrenhalbschuhen über Mädchensandalen und Flipflops in zweierlei Größen

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