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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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mit dir verheiratet.»
    Der Kellner kam und nahm die Sachen fort. Nach einer Weile waren wir sehr still und konnten den Regen hören. Unten auf der Straße hupte ein Auto.
    «Doch stets im Rücken hör ich unverweilt der Zeit beschwingten Wagen, der mir näher eilt», sagte ich.
    «Ich kenne das Gedicht», sagte Catherine. «Es ist von Marvell. Aber es handelt von einem Mädchen, das nichts mit einem Mann zu tun haben will.»
    Mein Kopf war sehr klar und kühl, und ich wollte über Tatsachen reden.
    «Wo wirst du das Baby bekommen?»
    «Ich weiß nicht. Aber ich werde mich nach dem geeignetsten Ort erkundigen.»
    «Wie willst du das alles ordnen?»
    «So gut ich kann. Sorg dich nicht, Liebling. Wir können viele Babies bekommen, ehe der Krieg aus ist.»
    «Es ist beinahe Zeit zum Gehen.»
    «Ich weiß. Das hängt ja ganz von dir ab.»
    «Nein.»
    «Dann sorg dich nicht, Liebling. Bis jetzt warst du fabelhaft, und jetzt machst du dir Gedanken.»
    «Nein, nein. Wie oft wirst du mir schreiben?»
    «Jeden Tag. Werden deine Briefe gelesen?»
    «So viel Englisch können sie nicht, daß das was schadet.»
    «Ich schreib ganz durcheinander und unverständlich», sagte Catherine.
    «Nicht zu durcheinander.»
    «Nein, nur ein bißchen.»
    «Ich fürchte, wir müssen gehen.»
    «Schön, Liebling.»
    «Ich geh so ungern aus unserem schönen Heim weg.»
    «Ich auch.»
    «Aber wir müssen gehen.»
    «Ja. Aber wir sind nie sehr lange in unserem Heim.»
    «Aber später.»
    «Ich werde ein schönes Zuhause für dich haben, wenn du zurückkommst.»
    «Vielleicht bin ich gleich wieder da.»
    «Vielleicht wirst du ganz leicht am Fuß verwundet.»
    «Oder am Ohrläppchen.»
    «Nein. Ich will deine Ohren so wie sie sind.»
    «Und meine Füße nicht?»
    «Deine Füße waren schon mal verwundet.»
    «Wir müssen gehen, Liebling. Wirklich.»
    «Schön. Geh du vor.» 

Drittes Buch

01
    Jetzt im Herbst waren die Bäume alle kahl, und die Straßen waren schlammig. Ich fuhr auf einem Lastauto von Udine nach Gorizia. Wir kamen an anderen Lastwagen vorbei, und ich betrachtete das Land. Die Maulbeerbäume waren kahl und die Felder braun. Auf der Straße lagen nasse, tote Blätter von den Reihen kahler Bäume und Männer arbeiteten auf der Straße und stopften die Furchen mit Steinen zu, die sie von den Haufen zerkleinerter Steine nahmen, die auf der Chaussee zwischen den Bäumen angehäuft waren. Wir sahen die Stadt vor uns, mit Dunst darüber, der die Berge fortschnitt. Wir kreuzten den Fluß, und ich sah, daß er hoch stand. Es hatte in den Bergen geregnet. Wir kamen an den Fabriken vorbei, in die Stadt und dann an den Häusern und Villen vorbei, und ich sah, daß noch eine ganze Anzahl Häuser zerstört worden war. Auf einer schmalen Straße kamen wir an einem englischen Rote-Kreuz- Transport vorbei. Der Fahrer trug eine Mütze, und sein Gesicht war dünn und sehr gebräunt. Ich kannte ihn nicht. Ich kletterte auf dem großen Platz vor dem Rathaus von dem Lastauto herunter, der Fahrer reichte mir meinen Rucksack, ich nahm ihn auf den Rücken, packte meine beiden Taschen und machte mich auf den Weg nach unserer Villa. Ich hatte nicht das Gefühl von Nach-Hause-Kommen.
    Ich ging die feuchte Kiesanfahrt entlang und sah die Villa durch die Bäume hindurch. Die Fenster waren alle geschlossen, aber die Tür stand offen. Ich ging hinein und fand den Major vor einem Tisch in dem leeren Zimmer sitzen, Landkarten und mit Maschinenschrift bedeckte Bogen an der Wand.
    «Hallo», sagte er. «Wie geht's?» Er sah älter und lederner aus.
    «Mir geht's gut», sagte ich. «Wie steht alles?»
    «Es ist alles vorbei», sagte er. «Nehmen Sie Ihren Krempel ab und setzen Sie sich.»
    Ich stellte meinen Rucksack und meine Taschen auf die Erde und legte meine Mütze auf den Rucksack. Ich holte mir einen Stuhl, der an der Wand stand, und setzte mich neben seinen Schreibtisch.
    «Es war ein schlechter Sommer», sagte der Major. «Sind Sie wieder ganz in Ordnung?»
    «Ja.»
    «Haben Sie je die Auszeichnungen bekommen?»
    «Ja, ich bekam sie umgehend. Vielen Dank.»
    «Zeigen Sie mal her.»
    Ich öffnete mein Cape, so daß er die beiden Bändchen sehen konnte.
    «Haben Sie die Schachteln mit den Orden bekommen?»
    «Nein, nur die Patente.»
    «Die Schachteln kommen später. Das dauert länger.»
    «Was wünschen Sie, daß ich tue?»
    «Die Wagen sind alle weg. Es sind sechs oben nördlich von Caporetto. Kennen Sie Caporetto?»
    «Ja», sagte ich. In meiner Erinnerung

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