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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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war es eine kleine weiße Stadt in einem Tal mit einem Campanile. Es war ein sauberes kleines Städtchen und hatte einen schönen Brunnen auf dem Marktplatz.
    «Sie arbeiten von da aus. Es gibt jetzt viele Kranke. Die Kämpfe sind vorbei.»
    «Wo sind die anderen?»
    «Zwei sind oben in den Bergen und vier noch auf dem Bainsizza. Die anderen beiden Sanitätsabteilungen sind im Carso mit der III. Armee.»
    «Was wünschen Sie, daß ich jetzt tue?»
    «Sie können, wenn Sie wollen, die vier Wagen auf dem Bainsizza übernehmen. Gino war lange Zeit dort oben. Sie waren noch nicht oben, nicht wahr?»
    «Nein.»
    «Es war sehr schlimm. Wir haben drei Wagen verloren.»
    «Ich habe davon gehört.»
    «Ja. Rinaldi hat Ihnen geschrieben.»
    «Wo ist Rinaldi?»
    «Er ist hier im Lazarett. Er hat allerhand in diesem Sommer und Herbst gehabt.»
    «Das glaub ich.»
    «Es war schon schlimm», sagte der Major. «Sie können sich nicht vorstellen, wie schlimm es war. Ich hab oft gedacht, daß Sie Glück hatten, daß Sie gerade damals verwundet wurden.»
    «Ja, ich fand es auch.»
    «Nächstes Jahr wird's noch schlimmer», sagte der Major. «Vielleicht werden sie jetzt angreifen. Man sagt, sie seien zum Angriff bereit, aber ich kann's mir nicht vorstellen. Es ist zu spät. Haben Sie den Fluß gesehen?»
    «Ja. Er steht jetzt schon hoch.»
    «Ich glaube nicht, daß sie jetzt angreifen werden, wo die Regengüsse eingesetzt haben. Wir werden bald Schnee bekommen. Was ist denn mit Ihren Landsleuten los? Kommen noch mehr Amerikaner außer Ihnen?»
    «Man bildet eine Armee von zehn Millionen aus.»
    «Ich hoffe, daß wir ein paar davon hierherbekommen, aber die Franzosen werden sie wohl alle abfangen. Wir werden hier nie welche bekommen. Na gut. Also bleiben Sie heute nacht hier, und fahren Sie morgen früh mit dem kleinen Wagen raus und schicken Sie Gino zurück. Ich gebe Ihnen jemand mit, der den Wagen kennt. Gino wird Ihnen über alles Bescheid sagen. Sie schießen noch ein bißchen, aber es ist eigentlich alles vorbei. Sie werden sich sicher gern die Bainsizza ansehen.»
    «Ja, gern. Ich freue mich darauf, und ich freue mich auch, daß ich wieder hier bei Ihnen bin, Signor Maggiore.»
    Er lächelte. «Es ist nett von Ihnen, so was zu sagen. Ich habe diesen Krieg sehr satt. Wenn ich einmal hier weg wäre, glaube ich nicht, daß ich wiederkäme.»
    «Ist es so schlimm?»
    «Ja, es ist so schlimm und schlimmer. Gehen Sie und säubern Sie sich erst mal und suchen Sie Ihren Freund Rinaldi.»
    Ich ging hinaus und trug meine Taschen die Treppe hinauf. Rinaldi war nicht im Zimmer, aber seine Sachen waren da, und ich setzte mich auf mein Bett und wickelte meine Gamaschen ab und zog den Schuh von meinem rechten Fuß. Dann legte ich mich auf dem Bett zurück. Ich war müde, und mein rechter Fuß tat mir weh. Ich fand es dumm, mit einem ausgezogenen Schuh auf dem Bett zu liegen, darum setzte ich mich wieder aufrecht hin und band den anderen Schuh auch auf und ließ ihn zu Boden fallen und legte mich dann wieder auf die Decke. Es war muffig mit dem geschlossenen Fenster, aber ich war zu müde, um aufzustehen und es aufzumachen. Ich sah, daß alle meine Sachen in einer Ecke des Zimmers waren. Draußen wurde es dunkel. Ich lag auf dem Bett und dachte an Catherine und wartete auf Rinaldi. Ich wollte versuchen, bis abends vor dem Einschlafen nicht an Catherine zu denken. Aber ich war jetzt müde, und es gab nichts zu tun, und so lag ich da und dachte an sie. Ich dachte an sie, als Rinaldi hereinkam. Er sah wie immer aus. Vielleicht war er ein bißchen dünner.
    «Nun, Kleiner», sagte er. Ich setzte mich auf. Er kam herüber, setzte sich und legte seinen Arm um mich. «Guter alter Kleiner.» Er schlug mich auf den Rücken und ich hielt seine beiden Arme fest.
    «Alter Kleiner», sagte er, «laß mich mal dein Knie ansehen.»
    «Dazu muß ich aber meine Hose ausziehen.»
    «Zieh deine Hose aus, Kleiner. Wir sind doch hier alle befreundet. Ich will mal sehen, was sie da für Arbeit geleistet haben.» Ich stand auf, zog die Reithose aus und den Knieschützer ab. Rinaldi saß auf der Erde und bog das Knie vorsichtig hin und her. Er fuhr mit dem Finger die Narbe entlang, legte die Daumen über meiner Kniescheibe zusammen und wiegte das Knie vorsichtig mit den Fingern.
    «Ist das die ganze Beweglichkeit, die du hast?»
    «Ja. »
    «Es ist ein Verbrechen, dich zurückzuschicken. Sie müssen vollkommene Beweglichkeit erzielen.»
    «Es ist viel besser, als es

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