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In einer anderen Haut

In einer anderen Haut

Titel: In einer anderen Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Ohlin
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Hast du schon wieder jemand Neues?»
    «Wie, habt ihr was miteinander?», fragte Neal seltsam interessiert.
    Es war zu viel für Anne. Sie begann zu lachen – es war kein echtes Lachen, bloß hysterisches Gegacker, aber der einzige Mensch, der den Unterschied kannte, war Diane, die sie für immer verloren hatte.
    Diane schluchzte. Sie roch nach Alkohol und Parfüm. Anne sah es genau vor sich, wie sie ein Bad genommen und eine Flasche Wein getrunken hatte, um ihre Gefühle wieder in den Griff zu bekommen, dann aber komplett durchgedreht war. Nur das Bild von Dianes nacktem, von Seifenschaum bedecktem Körper, den sie vor ihrem geistigen Auge sah, ließ sie schließlich innehalten.
    «Diane», sagte sie sanft. «Bitte geh nach Hause.»

    Manchmal, tief in der Nacht, sehnte sie sich mit Haut und Haar nach Diane, wogegen nur andere Bettgefährten halfen. Das war der Grund, warum sie sich nun regelmäßig mit Neal traf. Mehrmals die Woche trainierten und schliefen sie miteinander. Es war keine Beziehung; sie hielten sich fit. Neal kaufte ihr Geschenke: ein Notizbuch, in dem sie eintragen konnte, was sie jeden Tag aß, einen Pulsmesser, eine Fruchtpresse. Es schien ihn nicht zu stören, dass sie ihm nie Geschenke machte. Als aber seine Eltern zu Besuch kamen, wollte er, dass Anne ihre Bekanntschaft machte. Hätte er bloß mit ihr angeben wollen, hätte sie ihn verstanden. Tatsächlich aber wollte er, dass sie ihn besser kennenlernte.
    «Nein danke», sagte sie.
    «Mann», sagte er, «du bist ja tatsächlich kalt wie ein Fisch. Und meine Freunde denken, ich hätte mir das bloß ausgedacht.»
    «Bislang hast du dich nicht beschwert.»
    «Ich hätte auf diese Diane hören sollen. Bist du irgendwie, na ja, autistisch? Meine Freunde meinen, du wärst die perfekte Frau. Sport und Sex, alles ohne Verpflichtungen. Aber diese Nummer finde ich … total … na ja, abartig.» Wenn er sich aufregte, klang Neal wie ein Teenagermädchen.
    «Wenn es dir wirklich so viel bedeutet», sagte sie, «komme ich mit.»
    «Nein, schon okay», wiegelte er ab. «Ich will dich zu nichts zwingen.»
    Für sie beide war das eine lange Unterhaltung. Er war sonst nicht sonderlich gesprächig, sondern einfach nur ein perfekt gebauter Teddybär zum Kuscheln. Sie hatte gedacht, er wäre vielleicht der ideale Mann für sie, doch nun zeigte er sein wahres Gesicht, nahm die Fruchtpresse, den Pulsmesser und den Schrittzähler wieder an sich. Sie verstand – es waren teure Sachen, die er verkaufen oder selbst noch benutzen konnte. Er hatte es nicht so dicke.
    An der Haustür wandte er sich zu ihr um. «Dir macht das alles wohl gar nichts aus, was?»
    «Warum sollte es?»
    «Wenn dich überhaupt nichts aufregt, heißt das dann nicht, dass dir im Grunde alles scheißegal ist?»
    Anne sah ihn an, froh, dass sie sich nicht schon früher an längeren Unterhaltungen versucht hatten. «Wahrscheinlich.»
    «Und wenn du nie irgendetwas hinterhertrauerst, bedeutet das dann nicht, dass nichts in deinem Leben irgendeinen Wert hat?»
    Anne reckte das Kinn. «Lebensweisheiten eines Fitnessheinis», sagte sie. «Training für Leib
und
Seele.»
    «Na schön, Miss Großkotz.» Er berührte ihre Wange. «Ich bin nicht Diane, mir kannst du nicht das Herz brechen. Aber ich habe auch keine Lust mehr, mich länger mit dir aufzuhalten. Ich will mich nicht in einen Roboter verwandeln. Mach’s gut. Und vergiss deine Proteine nicht.»
    Und mit diesen letzten romantischen Worten war es vorbei.
    Sie konnte den armen Kerl nur belächeln. Dennoch hatte er mit seinem Spruch über das Trauern ins Schwarze getroffen, umso mehr, als sie plötzlich wieder an Diane denken musste, und dann kam ihr auch noch Hilarys Baby in den Sinn, von dem sie nicht einmal wusste, wann und wo es geboren worden war.
Und vergiss deineProteine nicht
. War ihm nicht klar, dass sie es versucht hatte? Sie wollte Proteine essen, Muskeln und Blut, ja, sogar ihr eigenes Herz, bis nichts, absolut nichts mehr davon übrig war.

    Die Ausstrahlung des Pilotfilms sah sie sich zusammen mit fünfzig anderen Leuten im Haus des Regisseurs in den Hollywood Hills an. Bis zum letzten Moment blieb sie draußen auf der Veranda und schnorrte von einem ihrer Kostars eine Zigarette nach der anderen, bis schließlich jemand die Glastür öffnete, vermeldete, dass es gleich losgehen würde, und sie kurzerhand hereinzog.
    Sie fand den Film peinlich und lahm, wie die reinste Schulaufführung – das Techno-Gehämmer der Titelmusik, die Art,

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