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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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»Du könntest sie fragen, ob sie irgend etwas erfahren hat, was die Stadt betrifft. Etwas, weswegen ich mich mit ihr in Verbindung setzen müßte.«
    »Oh, Liebling, du weiß doch, daß ich diesen Kram immer durcheinanderbringe...«
    »Das weiß ich, aber du kannst doch schließlich fragen, oder nicht? Du bist doch nicht so dämlich, daß du nicht einmal fragen kannst, oder?«
    »Nein«, sagte sie hastig mit schüchterner Stimme.
    Er tätschelte ihre Hand. »Entschuldige.«
    Sie betrachtete ihn mit einem Ausdruck fassungslosen Erstaunens. Er hatte sich bei ihr entschuldigt. Myrtle war so, als hätte er dies im Laufe ihrer Ehe vielleicht schon einmal getan, aber sie konnte sich nicht erinnern, wann das gewesen war.
    »Frag sie nur, ob die Leute vom Staat sie in letzter Zeit mit irgend etwas belästigt haben«, sagte er. »Bebauungspläne, die verdammte Kanalisation – vielleicht Steuern. Ich würde selbst mit hineinkommen und fragen, aber ich möchte wirklich beim Anpfiff vor dem Fernseher sitzen.«
    »Mache ich, Dan.«
    Das Haus der Williams lag auf halber Höhe von Castle View. Keeton steuerte den Cadillac in die Auffahrt und parkte hinter dem Wagen der Frau. Ein ausländischer, natürlich. Ein Volvo. Keeton vermutete, daß die Ziege entweder eine verkappte Kommunistin war oder lesbisch oder beides.
    Myrtle öffnete die Tür und stieg aus, wobei sie ihn abermals mit dem schüchternen, leicht nervösen Lächeln bedachte.
    »Ich bin in einer halben Stunde zu Hause.«
    »Gut. Und vergiß nicht, sie zu fragen, ob ihr in Sachen Stadt irgend etwas zu Ohren gekommen ist«, sagte er. Und obwohl Myrtle ihm das, was Mandy Williams gesagt hatte, bestimmt total verstümmelt wiedergeben würde – wenn sich dabei in Keetons Genick auch nur ein einziges Härchen sträubte, würde er sich die Ziege persönlich vornehmen. Morgen. Nicht heute nachmittag. Dieser Nachmittag gehörte ihm. Er fühlte sich viel zu wohl, um Amanda Williams auch nur anzusehen, geschweige denn, sich mit ihr zu unterhalten.
    Er wartete kaum ab, bis Myrtle ihre Wagentür geschlossen hatte, bevor er den Rückwärtsgang einlegte und wieder auf die Straße hinuntersetzte.

9
     
    Nettie hatte gerade den letzten der rosa Zettel an die Tür des Schrankes in Keetons Arbeitszimmer geklebt, als sie hörte, wie ein Wagen in die Auffahrt einbog. Ein unterdrückter Aufschrei kam aus ihrer Kehle. Einen Augenblick lang war sie völlig erstarrt, unfähig, sich zu bewegen. Ein paar Tropfen warmer, stechender Urin sickerten in ihre Unterwäsche.
    Ertappt! kreischte ihr Verstand, während sie dem leisen, gedämpften Schnurren des großen Motors lauschte. Ertappt! Oh, jesus mein Heiland, er hat mich ertappt! Er wird mich umbringen!
    Mr. Gaunts Stimme antwortete ihr. Sie war jetzt nicht freundlich; sie war kalt, und sie war befehlend, und sie kam von einem Ort tief im Zentrum ihres Gehirns. Er WIRD dich vermutlich umbringen, wenn er dich erwischt, Nettie. Und wenn du in Panik gerätst, wird er dich bestimmt erwischen. Die Antwort ist einfach: Gerate nicht in Panik. Verlaß das Zimmer. Tu es gleich. Renne nicht, aber geh schnell. Und so leise, wie du kannst.
    Sie eilte über den alten Perserteppich auf dem Fußboden des Arbeitszimmers mit Beinen, die so steif waren wie Stekken, murmelte in einer leisen Litanei »Mr. Gaunt weiß es am besten«, und erreichte das Wohnzimmer. Rosa Rechtecke aus Papier stachen ihr von so ziemlich jeder vorhandenen Oberfläche aus ins Auge. Eines hing sogar an einem langen Streifen Klebeband von der Lampe in der Mitte des Zimmers herab.
    Jetzt hatte das Motorengeräusch einen hohlen, hallenden Ton angenommen. Buster hatte den Wagen in die Garage gefahren.
    Geh, Nettie! Geh sofort! Dies ist deine einzige Chance!
    Sie hetzte durch das Wohnzimmer, stolperte über ein Fußkissen und stürzte hin. Sie schlug mit dem Kopf fast hart genug auf dem Fußboden auf, um die Besinnung zu verlieren – sie hätte sie höchstwahrscheinlich verloren, wenn ihr Kopf nicht auf dem dünnen Polster einer Brücke gelandet wäre. Grelle Lichtkugeln tanzten vor ihren Augen. Sie rappelte sich auf, nahm kaum zur Kenntnis, daß ihre Stirn blutete, und tastete nach dem Knauf der Haustür, als in der Garage der Motor abgestellt wurde. Sie warf einen verängstigten Blick über die Schulter zur Küche. Sie konnte die Tür zur Garage sehen, die Tür, durch die er hereinkommen würde. Einer der rosa Zettel klebte daran.
    Der Türknauf dreht sich unter ihrer Hand, aber die Tür ging

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