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In Einer Zaertlichen Winternacht

In Einer Zaertlichen Winternacht

Titel: In Einer Zaertlichen Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Glück
würde das Bureau of Indian Affairs sie in Ruhe lassen.
    »Wir können
hier immer Hilfe gebrauchen«, sagte Lincoln. Daraufhin warf Juliana ihm einen
Blick zu und erwiderte: »Joseph hat heute Unterricht.«
    Etwas von
der Milch schwappte über den Rand des Eimers, als Joseph ihn hart in der Spüle
abstellte. Seine schmalen Wangen röteten sich.
    »Unterricht?«,
fragte Lincoln.
    Gracie kam
ins Zimmer gestürzt. Sie trug ein dünnes Wollkleid und hohe geknöpfte Schuhe
und zog an der einen Hand Daisy und an der anderen Billy-Moses hinter sich her.
Beide Kinder starrten sie an, als ob sie noch nie zuvor so eine erstaunliche
Kreatur erblickt hätten. Und wahrscheinlich war es so.
    »Unterricht?«,
zwitscherte Gracie mit weit aufgerissenen Augen. »Wo? Wann?«
    Juliana
stemmte die Hände in die Hüften. Sie hatte ihr Haar noch nicht frisiert, es
hing in einem langen Zopf über ihre Schulter. »Hier«, erklärte sie. »Am
Küchentisch, gleich nach dem Frühstück.«
    Joseph
stöhnte auf.
    »Kann ich
auch etwas lernen?«, fragte Gracie atemlos. »Kann ich, bitte?«
    »Darf ich«,
korrigierte Juliana sie. »Und ich wüsste nicht, warum du dich nicht zu uns
gesellen solltest.«
    »Bringen
Sie mir das Rechnen bei?«, sprudelte Gracie hervor, die Wörter purzelten fast
übereinander, so aufgeregt war sie. »Ich bin nicht besonders gut im Rechnen.
Ich kann aber lesen. Und ich verspreche, ganz still zu sitzen und immer gut
zuzuhören und mich mit der Hand zu melden, wenn ich etwas sagen möchte ...«
    »Gracie«,
unterbrach Lincoln sie.
    Seine
Tochter ließ Daisy und Billy-Moses los, um zu ihrem Vater herumzuwirbeln. »Ach
Papa«, platzte sie heraus. »Du wirst es mir doch nicht verbieten, oder?«
    Lincolns
Lächeln wirkte ein wenig gezwungen. »Nein«, sagte er. »Ich werde es dir nicht
verbieten. Aber Miss Mitchell wird bald wieder gehen, und ich möchte nicht,
dass du dann traurig bist.«
    Seine Worte
hätten Juliana nicht so erschüttern dürfen – schließlich sagte er nur die
Wahrheit. Sie würde wirklich bald abreisen, wenngleich es ihr nach wie vor ein
Rätsel war, wie sie das anstellen sollte. Plötzlich fühlte sie sich ein wenig
kurzatmig, so wie an dem Tag, als Clay ihr gesagt hatte, dass sie nicht länger
in dem Herrenhaus in der Pine Street erwünscht war.
    In Gracies
Augen schimmerten Tränen, und Juliana wusste, dass sie echt waren. Am liebsten
hätte sie das Kind in die Arme genommen, so wie sie es bei Daisy oder
Billy-Moses getan hätte, wenn sie jemals geweint hätten. Was die kleinen
stoischen Wesen aber nie taten.
    »Ich möchte
einfach etwas lernen, solange ich kann, Papa«, erklärte sie.
    Tom
unterbrach das Gespräch, indem er Wasser in das Waschbecken pumpte und sich
die Hände mit einem unförmigen Stück gelber Seife wusch. »Ich kümmere mich mal
um das Frühstück.« Er sah Juliana an. »Wir könnten Josephs Hilfe heute gut brauchen,
falls Sie ihn lassen.«
    Der Junge
wirkte so hoffnungsvoll, dass Juliana schlucken musste.
    »Na schön,
aber dann liest du mir nach dem Abendessen vor«, willigte sie ein.
    Sein
Lächeln wärmte sie wie ein Sonnenstrahl. »Ich kann das gut, Sie brauchen sich
keine Sorgen machen.«
    »Nun«,
erwiderte Juliana. »Ich brauche mir keine Sorgen zu machen, Joseph.«
    Als Juliana
sich wieder an Gracie wandte, sah sie, dass das Mädchen sich schniefend an
Lincoln drückte, die Arme um seine schmale Taille geschlungen. Die Tränen waren
versiegt.
    »Santa
Claus bringt mir zu Weihnachten ein Wörterbuch«, verkündete Gracie. Sie blickte
zu ihrem Vater auf. »Glaubst du, dass er meinen Brief bekommen hat, Papa? Er
wird mir doch keine Puppe oder so etwas schenken, nur weil du schon ein Wörterbuch
auf deinem Schreibtisch liegen hast und er vielleicht denkt, dass ich das auch
benutzen könnte? Deines ist alt – viele Wörter stehen
nicht einmal drin.«
    Lachend
zupfte Lincoln an einer Locke seiner Tochter. »Ich bin sicher, dass Santa Claus
deinen Brief bekommen hat, LiebIing.«
    »Wer ist
das?«, wollte Theresa wissen, die mit ungekämmtem Haar ins Zimmer trat. Juliana
fragte sich, ob Lincoln genauso mit ihr gebetet hatte wie wahrscheinlich mit
Gracie. Und ob er ihr eine gute Nacht gewünscht hatte.
    »Du weißt
nicht, wer Santa Claus ist?«, fragte Gracie verblüfft.
    »Darüber
sprechen wir später«, versprach Juliana, »wenn wir nach dem Frühstück zusammen
mit dem Unterricht beginnen.«
    »Ich könnte
ein Gedicht aufsagen«, schlug Gracie vor. »Ich weiß alles

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