In Einer Zaertlichen Winternacht
vertraute.
Stattdessen
legte er eine Hand auf ihre Wange, so wie er es kurz nach der Trauzeremonie
getan hatte, und küsste sie.
Schon der
Hochzeitskuss hatte sie erschüttert, doch dieser fiel noch viel
leidenschaftlicher aus. Juliana schlang die Arme um seinen Hals, stellte sich
auf die Zehenspitzen und erwiderte seinen Kuss von ganzem Herzen.
Seine
Zunge.
Wie sein
Körper sich an ihren schmiegte.
Wie ihr
eigener sich ihm entgegenbäumte, bereit, ihn in sich aufzunehmen.
Als er
schließlich von ihr abließ, war sie wie betäubt und schwankte so heftig, dass
er sie wieder an den Schultern festhalten musste.
Blinzelnd
sah sie ihn an.
»Das, Mrs Creed, sollte die Frage
beantworten, ob ich dich will oder nicht.«
Auf jeden
Fall war die Frage beantwortet, ob sie ihn wollte oder nicht.
»Dann wirst
du mit mir schlafen?«, fragte sie, von Begehren erfüllt.
»Ganz
sicher«, erwiderte er, ließ ihre Schultern los und wandte sich ab, um den Raum
zu verlassen. Nur ihr Stolz – oder das, was davon noch übrig war – hielt sie
davon ab, hinter ihm herzulaufen und ihn anzuflehen, zu bleiben.
»Wann?«,
sagte sie mit heiserer Stimme.
Er blieb
stehen, ohne sich zu ihr umzudrehen, und neigte nachdenklich den Kopf zur
Seite. »Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist«, erklärte er – und war weg.
Vor Wut und
Enttäuschung zitternd stand Juliana einfach nur da, dann griff sie nach der
Bürste, öffnete ihren Zopf und bürstete ihr Haar so heftig, dass es um ihr Gesicht
knisterte wie Feuer.
Nachdem sie
sich so weit gefasst hatte, dass sie das Zimmer verlassen konnte, sah sie nach
den Kindern. Billy-Moses, Daisy und Gracie schliefen aneinander gekuschelt wie
kleine Hundewelpen. Theresa lag mit geschlossenen Augen in Gracies Bett.
Gerade als
Juliana die Tür zuziehen wollte, sagte Theresa leise: »Miss Mitchell ... ich
meine, Mrs Creed? Würden Sie sich an mein Bett setzen, nur für einen Moment?«
Juliana
ging zu dem Bett, setzte sich auf die Kante und strich mit einer mütterlichen
Geste über Theresas dunkles Haar. »Aber sicher«, sagte sie sanft. »Hast du
Sorgen?«
Ein
Mondstrahl tanzte kurz über das Gesicht des Mädchens und war dann wieder
verschwunden. »Joseph erinnert sich noch an unsere Familie zu Hause«, sagte
sie. »Ich auch, irgendwie, aber am meisten erinnere ich mich an die
verschiedenen Heime.«
Juliana
wartete.
»Was ist,
wenn wir nach Hause kommen, Joseph und ich, und sie uns aus irgendeinem Grund
nicht behalten können? Oder uns doch nicht mehr wollen?«
»Du hast
doch den Brief gesehen, den sie geschickt haben. Sie wollen euch.«
»Aber
vielleicht kommt jemand wie Mr Philbert und bringt uns wieder weg?«
»Ich glaube
nicht, dass so etwas geschieht.« Das war in der Tat unwahrscheinlich, aber
durchaus möglich. »Tom fährt mit euch, das weißt du doch. Er wird sich darum
kümmern, dass ihr gut nach Hause kommt, er wird die ganze Zeit auf euch
aufpassen.«
»Die Leute
im Zug könnten gemein zu uns sein. Mr Dancingstar ist immerhin auch ein
Indianer.«
Auch das
war möglich. Juliana wünschte, sie könnte mit ihnen fahren und auf sie
aufpassen, aber das ging natürlich nicht. Gracie, Daisy und Billy-Moses
brauchten sie – und Lincoln auch, wenn sie Wes Creed Glauben schenken konnte.
Außerdem musste sie sich Mr Philbert stellen und die Sachlage ein für alle Mal
klären.
»Mach dir
keine Gedanken, Theresa«, sagte sie. »Alles wird gut gehen. Mr Dancingstar wird
auf euch aufpassen.«
»Ich
wünschte beinahe, ich könnte hier bei Ihnen bleiben, aber ich würde Joseph
schrecklich vermissen. Außerdem würde er bestimmt seine Leseübungen vergessen,
wenn ich nicht ein Auge auf ihn habe.«
Juliana
blinzelte die Tränen weg. »Wirst du mir schreiben, wenn ihr zu Hause angekommen
seid? Mir von der Reise erzählen und wie es in North Dakota ist?«
Das Mädchen
nickte, dann streckte sie beide Arme nach Juliana aus. Eine Weile hielten sie
einander fest.
»Und
schreiben Sie mir zurück?«, fragte Theresa, als sie wieder ins Kissen
zurückgesunken war. »Ganz lange Briefe?«
»Ganz lange
Briefe«, versprach Juliana. Sie beugte sich vor und küsste die glatte Stirn des
Mädchens. »Schlaf jetzt, Theresa. Morgen ist Weihnachten.«
»Sie
glauben doch nicht, dass ich diese ganzen Geschichten über Santa Claus glaube,
oder?«, flüsterte Theresa. »Ich bin immerhin schon zwölf. Davon abgesehen,
sagt Joseph, es wäre alles Humbug und ich sollte nicht viel erwarten.«
»Man darf
die Hoffnung
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