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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Aber es sieht tatsächlich so aus, als hätte er ihre Kutsche zu eigenen Zwecken benutzt.« Noch andere, weitaus düsterere Gedanken gingen ihm durch den Kopf, aber es war noch zu früh, um sie auszusprechen. Es gab viel simplere Lösungen für diese alltägliche, private Tragödie, Lösungen, die wahrscheinlicher waren. Am ehesten konnte man sich vorstellen, dass Miriam Gardiner einfach ihre Meinung geändert hatte, was die Heirat betraf, aber nicht den Mut gefunden hatte, es dem jungen Lucius Stourbridge zu sagen.
    Lucius beugte sich vor. »Ich mache mir Sorgen um Miriam, Mr. Monk. Wenn es ihr gut geht, warum hat sie sich dann nicht bei mir gemeldet?« Seine Kehle war so zugeschnürt, dass die Worte halb erstickt klangen. »Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Ich habe mit jedem Einzelnen meiner Freunde gesprochen, an den sie sich vielleicht hätte wenden können. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, was ich gesagt oder getan haben könnte, dass sie mir misstraut, und mir ist nichts eingefallen. Wir standen uns sehr nahe, Mr. Monk. Es gibt nichts auf der Welt, wovon ich mehr überzeugt bin als davon. Wir haben uns nicht nur geliebt, wir waren auch die besten Freunde. Ich konnte mit ihr über alles reden, und sie schien mich zu verstehen, ja, sie teilte sogar meine Ansichten und Vorlieben auf eine Weise, die einzigartig ist. Sie war für mich die aufregendste Frau der Welt und trotzdem habe ich mich in ihrer Gegenwart immer wohl gefühlt.« Er errötete leicht. »Das mag in Ihren Ohren absurd klingen…«
    »Nein«, sagte Monk hastig, zu hastig. Seine Worte kamen von Herzen, und er war es nicht gewöhnt, so viel von sich selbst preiszugeben, erst recht nicht einem möglichen Klienten gegenüber, noch dazu in einem Fall, den er eigentlich gar nicht übernehmen wollte und von dem er schon jetzt überzeugt war, dass er kein glückliches Ende nehmen konnte.
    Lucius Stourbridge sah ihn aufmerksam an und seine großen, braunen Augen waren voller Sorge.
    »Nein«, wiederholte Monk mit etwas weniger Nachdruck.
    »Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, einem anderen Menschen solche Zuneigung entgegenzubringen.« Er sprach schnell weiter, um von Gefühlen zu Tatsachen überzuleiten.
    »Vielleicht sollten Sie mir etwas über Ihre Familie erzählen und darüber, wie Sie Mrs. Gardiner kennen gelernt haben.«
    »Ja, ja, natürlich.« Lucius schien erleichtert zu sein, etwas Konkretes beitragen zu können. »Mein Vater ist Major Harry Stourbridge. Er war früher bei der Armee, ist aber inzwischen pensioniert. Er hat sich in Afrika und vor allem in Ägypten große Verdienste erworben, wo er zu Beginn seiner Laufbahn viel Zeit verbrachte. Er war auch dort, als ich zur Welt kam.« Ein schwaches Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Ich würde gern selbst eines Tages dorthin reisen. Ich habe ihn mit großer Begeisterung davon erzählen hören.« Mit bekümmerter Miene kam er wieder zu dem eigentlichen Thema zurück.
    »Unsere Familie stammt aus Yorkshire – dem West Riding. Dort haben wir auch unser Land. Ein Besitz mit festgelegter Erbfolge natürlich, aber doch eine sehr gute Existenzgrundlage. Wir fahren gelegentlich dorthin, aber meine Mutter zieht es vor, die Saison in der Stadt zu verbringen. Ich nehme an, das gilt für die meisten Menschen, vor allem für Frauen…«
    »Haben Sie Geschwister?«, unterbrach ihn Monk.
    »Nein. Bedauerlicherweise bin ich ein Einzelkind.«
    Monk sprach es nicht aus, dass Lucius aus diesem Grund wohl eines Tages ein erhebliches Erbe antreten würde, aber der Ausdruck im Gesicht des jungen Mannes machte klar, dass er Monks Gedanken erriet. Seine Lippen wurden schmal. Eine leichte Röte stieg ihm in die Wangen.
    »Meine Familie hat keine Einwände gegen meine Heirat«, sagte er mit einer Spur Trotz. Er saß vollkommen bewegungslos auf dem Stuhl und sah Monk unverwandt an. »Mein Vater und ich stehen uns sehr nahe. Er freut sich über mein Glück, außerdem hat er Miriam, Mrs. Gardiner, selbst sehr gern. Er hat weder an ihrem Charakter noch an ihrem Ruf etwas auszusetzen. Dass sie nur eine sehr kleine Mitgift und keinerlei Land mit in die Ehe bringt, ist nicht von Bedeutung. Ich werde mehr als genug für uns beide haben und materieller Besitz bedeutet mir nichts, wenn ich daran denke, dass ich mein ganzes Leben in der Gesellschaft einer Frau verbringen darf, die über Mut, Tugend und Humor verfügt und die ich mehr liebe als irgendeinen anderen Menschen auf Erden.« Bei den letzten

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