In feinen Kreisen
erhob sich. »Ich bin einverstanden, Euer Ehren. Das Wenige, was noch zu tun bleibt, kann nach einer Vertagung erledigt werden. Major Stourbridge und seine Familie haben mein tiefstes Mitgefühl.«
»Sehr gut.« Der Richter klopfte mit seinem Hammer auf den Tisch, und nach einem Augenblick betroffenen Schweigens begannen die Menschen, sich zu erheben.
Rathbone fühlte sich an Leib und Seele erschöpft, als hätte er eine große, anstrengende Reise hinter sich. Er wandte sich an Hester und Monk, die aus dem Saal auf ihn zukamen. Direkt hinter ihnen ging ein Mann mit zotteligem schwarzem Haar und einem Bart, der in alle Himmelsrichtungen abstand. Er strahlte vor Zufriedenheit, und seine Augen leuchteten.
Hester lächelte.
»Sie haben das Unmögliche erreicht«, sagte Monk und hielt Rathbone die Hand hin.
Rathbone nahm sie und hielt sie ein paar Sekunden lang fest.
»Da ist immer noch die Sache mit den Medikamenten«, warnte er.
»Nein, der Fall ist erledigt!«, versicherte Hester ihm. »Mr. Phillips hier ist der Apotheker im Krankenhaus. Er hat Fermin Thorpe davon überzeugt, dass nichts fehlt. Es war alles eine Frage ganz normaler Verluste und einiger schlampiger Einträge in die Bücher. Richtiggehende Diebstähle hat es nicht gegeben. Es war ein Fehler, das überhaupt zur Sprache zu bringen.«
Rathbone sah ungläubig von einem zum anderen. »Wie in aller Welt haben Sie das geschafft?« Er musterte Phillips mit unverhohlenem Interesse und Respekt.
»Mir hat noch nie etwas solchen Spaß gemacht«, sagte Phillips mit einem breiten Grinsen. »Eine Hand wäscht die andere – ein Handschlag von Leiche zu Leiche sozusagen!«
Monk sah Hester mit zusammengekniffenen Augen an.
Sie erwiderte seinen Blick strahlend und mit einem Ausdruck engelsgleicher Unschuld.
»Gut gemacht, Mr. Phillips«, sagte Rathbone dankbar. »Ich bin Ihnen sehr verpflichtet.«
Buch
Miriam Gardiner scheint am Ziel ihrer Träume: Nach langem Zögern hat die vornehme Londoner Familie Stourbridge in die Verbindung ihres Sohnes Lucius mit der um einige Jahre älteren Miriam eingewilligt, obwohl über die Herkunft der Braut in den besseren Kreisen nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Denn Miriam soll mit dreizehn Jahren völlig verstört vor dem Haus der Krankenschwester Cleo Anderson gefunden und von dieser aufgenommen worden sein; ihre wirklichen Eltern konnten nie ermittelt werden. Mit einer rauschenden Verlobungsfeier will Lucius alle Gerüchte endgültig zum Schweigen bringen. Doch ausgerechnet auf dem Höhepunkt des Empfangs verschwindet Miriam spurlos – und mit ihr Treadwell, der langjährige Kutscher der Familie. Der Skandal ist perfekt, die Häme in den feinen Kreisen Londons groß. Verzweifelt bittet Lucius Stourbridge den Privatdetektiv William Monk, ihm bei der Suche nach Miriam zu helfen. Doch Monk erfährt nur, dass der Kutscher Treadwell tot vor Cleo Andersons Haus gefunden wurde. Steckt Cleo mit ihrer Ziehtochter Miriam unter einer Decke? Als Monk weitere Nachforschungen anstellt, stößt er auf menschliche Abgründe hinter der ehrenwerten Fassade der viktorianischen Gesellschaft…
Autorin
Die Engländerin Anne Perry verbrachte einen Teil ihrer Jugend in Neuseeland und auf den Bahamas. Schon früh begann sie zu schreiben. Mittlerweile begeistert sie mit ihren Helden, dem Privatdetektiv William Monk sowie dem Detektivgespann Thomas und Charlotte Pitt, ein Millionenpublikum. »In feinen Kreisen« ist ihr zehnter William-Monk-Roman.
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