In Gedanken bei dir (German Edition)
deiner?«
»Yup.«
»Flotter
Flitzer, ganz neu«, nickte Alex anerkennend. »Aber wir nehmen meine Kiste. Hast
du Proviant dabei? Ich meine, außer Lifesavers?«
»Nee,
ich habe noch nicht mal gefrühstückt.«
»Okay,
dann besorgen wir was in der Imbissbude auf dem Parkplatz des Visitor Centers.«
Wir.
Als
wären wir wieder ein Team, dachte Cassie. Als würden wir wieder zusammen auf
Abenteuertour gehen.
Alex
zögerte. »Im Tal des Toutle River ist kein Handyempfang. Du wirst für Stunden
nicht erreichbar sein. Musst du jemandem Bescheid sagen, bevor wir aufbrechen?«
Cassie
sah ihm in die Augen, dann schüttelte sie den Kopf.
4
Sie ist allein? Ich nahm an, sie hätte wieder
jemanden, dachte Alex. So ist sie. Cassie lebt in einem Universum voller
Amazon-Sternchen und Gefällt-mir-Buttons für ihre Bücher über ihre
archäologischen Projekte. Auf Facebook hat Cassie mehr Fans als ich – nicht
dass ich damit nicht klarkomme, aber früher haben wir uns an so etwas gemessen:
Google Suchergebnisse, Youtube-Videos, Facebook Friends, die gesammelten
Flugmeilen, die Länge unserer Biografien bei Wikipedia und die Zahl unserer
wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vorträge weltweit. Bescheuert, oder?
Als
wäre Erfolg messbar, und als wäre er alles, was zählt. Aber für uns war er das,
denn wir hatten einander nicht.
Sie
hat niemanden. Na gut, er hat sie verlassen. Ja, so muss es sein. Sie ist
allein, die Scheidung hat sie umgehauen, und jetzt will sie mit mir reden.
Dafür ist sie die Nacht durchgefahren.
Okay.
Reden wir.
Aber
es würde schwer werden, für ihn, für sie, das spürte Alex. Sie war traurig, das
sah er ihr an, obwohl sie sich bemühte, ihm ihre Gefühle nicht zu zeigen. Sie
war verletzt, und der Schmerz zerriss sie. Es wäre wirklich besser gewesen, sie
hätte jemanden, zu dem sie morgen oder übermorgen zurückkehren könnte.
»Musik?«
Cassie
nickte.
»Eddie
Vedders Into the wild? «
Lächelnd
hob sie den Daumen. »Like Button.«
Alex
grinste und schob die CD in den Player.
Im
Takt swingend und twistend preschte er mit seinem schlammverkrusteten Chevy
Blazer über den Highway. In den engen Kurven vor dem steilen Abstieg brachte er
durch seinen rasanten Fahrstil sogar Cassie zum Grooven.
Bis
Eddie Vedders »Such is the way of the world ...« hatte Alex sie dazu gebracht,
dass sie den aufgestützten Arm herunternahm und ihre Stirn nicht mehr gegen
ihre Hand an der Scheibe lehnte – eine Geste hilfloser Verzweiflung. Sie drehte
sich im Sitz, wippte unwillkürlich mit den Füßen den mitreißenden Takt und
wandte sich ihm zu.
Ihr
Blick war noch so verloren wie vorhin. Traurig. Verzweifelt. Ihre Lippen waren
verkniffen, ihre Schultern verkrampft. Sie hatte sich getrennt, das musste es
sein. Hatte der Kerl sie sitzen gelassen? Musste er ihr derart wehtun?
Alex
drehte die Musik noch ein bisschen lauter, und Cassies Mundwinkel zuckten. Er
sah sie von der Seite an. Sie war schöner geworden, seit sie sich zuletzt
gesehen hatten, ihre Züge waren markanter, und sie wirkte reifer. Aber auch
ernster. Und die kurzen blonden Haare?
Ihre
Blicke trafen sich.
»Seit
wann bist du hier?«, fragte Cassie.
»Gleich
nach unserer Trennung bin ich gekommen und geblieben.«
Die
Straße wurde steiler, die Automatik schaltete runter. Eine Kurve, dann ging es
wieder geradeaus durchs Tal.
»Und
dein Job?«
»Der
Traum jedes Geologen. Ich klettere auf einen gefährlichen Vulkan und posiere
für Gipfelfotos auf meiner Website. Ich fliege mit dem Hubschrauber in den
Krater und drehe Videos fürs Fernsehen. So was eben.«
»Ich
hab das Video auf der Website des US Geological Survey gesehen. Die Felsen, die
ständig von den steilen Kraterhängen herabstürzen ... Du hast einen ziemlich
gefährlichen Arbeitsplatz.«
»Und
deiner ist ungefährlich?«
»Ein
Vulkanausbruch ...«
»Ein
Seebeben, ein Tsunami ...«, unterbrach er sie, aber sie legte nach:
»In
den Jahren 2004 und 2005 ist der Mount St Helens erneut ausgebrochen. Die
Rauchsäule war bis Seattle zu sehen.«
»Ist
das nicht irre? Deshalb bin ich doch hier. Der Mount St Helens ist ein
Schutzgebiet, das größte Forschungslabor der Welt. Aber klar, es ist ziemlich
gefährlich.« Er hielt ihr den abgespreizten Daumen hin. »Guck mal hier, vorgestern
habe ich mir einen Splitter eingerissen, an einem der Baumstümpfe in der
Blowdown Zone. Ein Squirrel hatte sich ein glänzendes Bauteil meines
Messgerätes geschnappt. Ich
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