In Gedanken bei dir (German Edition)

unter den Reifen. Als Alex den Blazer parkte und den Motor
ausmachte, sah Cassie ihn von der Seite an. »Liebst du sie?«
     
     
    Cassie marschierte vor ihm auf dem Trail zum
Toutle River, und Alex beobachtete ihre wiegenden Hüften. Obwohl sie das
schwere Stativ für das GPS-Gerät über der Schulter trug, wirkte sie entspannter
als vorhin während der Fahrt. Ihre Schritte auf dem Wildnispfad waren weit
ausgreifend, fest und sicher. Sie wirkte ... Alex fiel das Wort nicht ein ...
Egal. Mit den Fingern strich sie sich immer wieder durchs kurze Haar und genoss
die kühle Brise auf ihren Wangen. Sie atmete tief durch, und Alex glaubte, dass
sie die Schönheit der Landschaft und die Majestät des Vulkans in sich aufnahm,
der früher einmal einer der schönsten Berge Amerikas war.
    Okay,
das Wort. Jetzt war’s ihm eingefallen: Cassie wirkte entschlossen.
    Zu
was? Keine Ahnung. Wenn sie so weit war, würde sie es ihm schon sagen.
    Alex
hätte erwartet, dass sie reden wollte, während sie gingen, oder dass sie ihn
nach Marlee und den Kindern fragte, aber nein. Cassie schieg. Sie dachte nach.
    Der
Pfad durch die Hügel der Hummocks führte jetzt an einem kleinen See vorbei.
Cassie blieb stehen und genoss den Ausblick über den leuchtend bunten
Blütenteppich hinweg und zwischen den grünen Büschen hindurch auf das im
Morgenlicht schimmernde Wasser. Hinter den Hummocks, steilen Hügeln aus Sand
und Geröll, ragte der Mount St Helens auf. Eine weiße Wolke hatte sich in
seinen Krater verirrt und hing dort fest.
    »Wie
eine Sandburg am Strand, die mit Marshmallows zum Rösten gefüllt ist«, murmelte
Cassie gedankenverloren, stellte das neongelbe Stativ ab und lehnte sich mit
verschränkten Händen drauf. »Oder mit einer Tüte Zuckerwatte ...«
    Alex
trat neben sie, sah erst den Vulkan, dann sie an. »Hm?«
    Sie
wirkte ... erschrocken? Was hatte sie denn! »Ach, nichts.«
    »Seit
wann röstest du Marshmallows? Hast du früher nie getan ...«
    Sie
zuckte mit den Schultern.
    »Weiter?«
    Cassie
nickte mit verkniffenen Lippen, wuchtete das Stativ derart schwungvoll hoch,
dass Alex ihr ausweichen musste, drehte sich um und marschierte los. Immer auf
dem Pfad, wie das Schild am Parkplatz forderte: Research Area. Stay on Trail. Allzu leicht könnten die jungen Pflanzen, die
in die Blast Zone zurückgekehrt waren, von achtlosen Touristen zertreten werden.
    Der
Pfad schlängelte sich am See entlang, dann führte er über karge Hügelkuppen in
eine Senke mit Gras, Moos und Gestrüpp, die mit den kleinen funkelnden Tümpeln
wie eine arktische Tundra aussah.
    Der
Sieg des Lebens über den Tod ...
    Cassie
schien die Aussicht zu genießen, denn sie ging entspannter, und das Stativ auf
ihrer Schulter wippte auf und ab. »Es ist wunderschön hier«, rief sie Alex zu.
    Seine
Aussicht war auch sehenswert. Cassie hatte einen tollen Hintern, der ihre enge
Jeans an den richtigen Stellen ausfüllte. Trotzdem schloss er auf, um ein
Stückchen neben ihr zu gehen. »Die Hummocks, die Hügel um uns herum, bestehen
aus Felsen, Geröll und Sand, aber auch aus der Asche des Ausbruchs. Einige sind
bis zu fünfhundert Fuß hoch. Siehst du den großen Felsen da vorn?«
    »Auf
dem die kleinen Bäume wachsen?«
    »Den
meine ich. Das ist ein Teil des Gipfels. Während des Ausbruchs ist er durchs
Tal bis hierher gedonnert.«
    »Wie
weit?«
    »Der
Krater ist sechs Meilen entfernt.«
    »Wow.«
Cassie beschattete die Augen und beobachtete einen Weißkopfadler, der über
ihnen kreiste. »Was war denn hier vor dem Ausbruch?«
    »Ein
dichter Wald.« Alex erklärte ihr, was beim Ausbruch am 18. Mai 1980 passiert
war: Um 8.32 Uhr ließ ein Erdbeben die gesamte Flanke des Vulkans abrutschen.
Eine Gerölllawine donnerte ins Tal des Toutle River. Vom Gewicht des Berghangs
befreit, explodierte der Vulkan. Ein pyroklastischer Strom schob in einer
grauen Wolke aus Asche und Bimsstein zerborstene Felsen und zerschmetterte
Bäume vor sich her und verwandelte die Wälder innerhalb von wenigen Minuten in
eine lebensfeindliche Mondlandschaft. Es hieß, der pyroklastische Strom hätte
sich derart schnell ausgebreitet, dass er die Schallmauer durchbrach. Eis und
Schnee auf den Berghängen schmolzen und lösten Schlammlawinen aus. Die
gewaltige Rauchsäule ließ die Vulkanasche über dem ganzen Nordwesten der USA
niederregnen. »Die Tiere sind in den letzten Jahren zurückgekehrt, die Bäume
nicht.«
    »Die
Baumstämme ...« Cassie sah sich um. »... die treiben jetzt im Spirit