In glücklichen Umständen

potentielle nähere Kontakte, die Edyth keineswegs abgewehrt hatte, und murmelte etwas Unverbindliches. Es war viel zu spät, um etwas daran zu ändern, und warum sollte ich mich einer Kundin in spe berauben, und wer plant nicht gern neun Wochen im voraus?
    Ich erzählte es Pa, und er hatte etwas, worüber er lachen konnte. Trau nie einem Pferdedoktor, sagte er. Ich wies ihn nicht darauf hin, daß er für einen berufsmäßigen Spekulanten auch nicht gerade Spitze war.
    «Ich hab darüber nachgedacht», sagte er, «und du hast eben indirekt bestätigt, daß es keine schlechte Idee wäre. Warum machen wir kein Hundebordell auf? Ich meine, es ist nur ein logischer Schritt von dem entfernt, was du jetzt tust.»
    «Ein Schritt zurück», rief ich. «Es würde mein jetziges Geschäft verderben.»
    «Aber es wäre viel leichter. Du könntest ein Vermögen verdienen und wärst eine umwerfende Puffmutter.»
    Ich erzählte es Hosanna, als sie vorbeikam. Wir tranken den Rest vom Kümmel-Cocktail, den Ireen zu Weihnachten geschickt hatte. Er schien die letzte im Haus verbliebene alkoholische Stütze zu sein.
    «Aber warum hat er sich für Zwinger entschieden, wo ihr hier doch welche habt?» fragte sie, als wir alle Möglichkeiten für Hundebordelle und Katzenpuffs erschöpft hatten.
    «Spottbillig», sagte ich.
    «Na gut», sagte Hosanna, «das gehört sich auch so. Aber was wird es kosten, bis ihr einziehen könnt?» Sie fügte hinzu, sie habe einen Liebesbrief in der Tasche von einem der Regenmäntel gefunden. Er sei von Stan von der Autowerkstatt an Betty vom Dun Cow, und sie habe ihn Harry gezeigt. Ob es richtig gewesen sei? Ich fragte, wie er reagiert habe, und sie sagte: «Nachdenklich. Aber seine Eitelkeit hat einen Stoß bekommen, und er trinkt nicht mehr ganz soviel Bier.» Also zogen wir den Schluß, es sei ein Wink des Schicksals gewesen. In einer anderen Tasche waren 3 Pence gewesen, in einer dritten eine Plastikkapuze und in einer vierten eine nicht entwertete Busfahrkarte nach Parsley Mow. Außerdem hatte sie Tombolalose und ein Haarnetz gefunden, zwei Einkaufslisten und dazu einen Lippenstift. Sie meinte, mit der Zeit könnten die Tascheninhalte ebenso lohnend sein wie die Mäntel.
    Sie las mir die Einkaufslisten vor, weil ich mich schon immer für die Bedürfnisse anderer Leute interessiert habe, die sich so sehr von meinen unterscheiden und die absonderlichen Dinge erklären, die man in den Einkaufswagen anderer Kunden sieht. Ich habe sogar mal Einkaufslisten gesammelt. Ich klebte sie in ein Album, und sie lieferten das Material für faszinierende Überlegungen. Viel interessanter als Ansichtskarten oder auch alte Fotografien, viel aufschlußreicher als Autogramme. Ungefähr wie Tagebücher oder Familienstammbäume. «Mum-Semmeln» hätte königlichen Ursprungs gewesen sein können, und «Frische Eier für Harold» wies auf einen schnellen Besuch in der Unfallklinik hin. «Rattengift für Mrs. T.» sprach Bände, und «Nach Damen-Schlußverkauf erkundigen» hatte einen Hauch von Sklavenmarkt. Wer beim Frühstückstoast seine Einkaufsliste schreibt, achtet nicht auf Genauigkeit und Allgemeinverständlichkeit. Bisher hat noch kein Mensch darauf geachtet, Einkaufslisten für psychologische Tests zu benutzen, aber sie stecken voller Hinweise auf Charakter, Neigungen und Komplexe.
    Hosanna sagte, Posy Pink sei phantastisch, eine Riesenhilfe und ein echtes moralisches Aufputschmittel. Sie schätzte, der Trödel würde der größte Erfolg aller Zeiten werden. Sie sagte, Posy habe die kleine blaue Teekanne, die sie für ihr Frühstücksservice brauche, und sie, Hosanna, würde neue Vorhänge anbringen («Links herum, Blütenblätter, ich will nicht, daß Lady Thrake ihre abgelegten erkennt, wenn sie auf dem Weg zur Kirche vorbeifährt»), und sie habe dank eines alten Trimmrads, das Stan von der Autowerkstatt gestiftet habe, ihren Schenkelumfang bereits um 2 Zentimeter vermindert. Ich wies darauf hin, daß es kaum dazu beigetragen habe, etwas an seinen zweieinhalb Zentnern zu ändern, aber sie wischte den Einwand als unwichtig fort. Stan gehörte zu Bettys Bewunderern und mußte sich bei seinen Kunden dauernd für Verzögerungen entschuldigen, die darauf beruhten, daß er sich zu oft über die Theke beugte und in ihrem Dekolleté mit seinen Blicken versank.
    Emily war wieder in der Schule. Sie ging um halb neun und kam um vier zurück, und der Tag war irgendwie leer. Ich hatte natürlich genug zu tun, aber es gibt