In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
war.
»Ich schneide dir die Kehle durch!«
»War doch nur Spaß, Mann. War nur ’n Spaß. Kannst abhauen. Kümmert sich keiner nicht um dich. Oh Senor, madre miá.«
In Vincents Ohren rauschte es.
Pfähle ihn!
Seine Hand mit dem Messer zitterte.
Schneide ihm die Kehle durch!
Er senkte die Schneide.
Töte ihn!
Er riss den Kopf des Jungen nach hinten, legte die Kehle frei. Der Latino winselte.
Töte ihn, verdammt noch mal!
Vincent schüttelte sich und sprang auf. »Verschwinde. Hau ab! Und lass dich hier nie wieder blicken.«
»Danke, Mann. Gracias a usted«, winselte der verstörte Junge und rannte davon. Sein Messer kümmerte ihn nicht mehr. Vielleicht hatte er gespürt, wie nahe er dem Tod gewesen war.
Vincent richtete sich auf und klopfte Staub von der Hose. Das Messer warf er ins Gebüsch. Er tastete nach seinem Autoschlüssel und öffnete mit der Fernsteuerung die Tür. Er setzte sich in den Ford und genoss den Duft nach Leder und Frische. Er legte die Hände auf das Lenkrad und lächelte.
Ich bin kein Mörder mehr! Ich bin geheilt!
3
»Sie ließen ihn davonkommen?«
»Er winselte. Er wirkte wie in verirrter kleiner Hund.«
»Unsere Gesetze sind hart. Er würde für zehn Jahre eingesperrt.«
»Wissen Sie, Max ... über das amerikanische Justizsystem könnten wir lange diskutieren.«
»Wollen Sie das?«
»Nein, ich möchte mich von Ihnen verabschieden.«
»Sie glauben, so weit zu sein?«
»Ich habe den Latinojungen verschont. Das hätte ich vor drei Jahren nicht getan.«
»Sie haben sich anständig verhalten, obwohl Ihnen niemand einen Vorwurf gemacht hätte, schließlich handelte es sich um Notwehr.«
»Ich bin weder ein Rächer, noch die Justiz. Lisas Tod soll nicht vergeblich gewesen sein.«
»War sie ihr letztes Opfer?«
»Nein.«
»Nein?«
Die Sonne funkelte ins Sprechzimmer, die dezenten Gardinen warfen weiche Schatten.
»Einmal noch werde ich töten. Einmal noch muss ich töten. Doch dann bin ich gereinigt. Dann bin ich geläutert. Und dafür danke ich Ihnen, Max ... Dr Webster. Sie waren ein ausgezeichneter Psychiater. Sie haben mich zu mir selbst geführt.«
»Und doch wollen Sie noch einmal morden?«
»Begreifen Sie das nicht?«
Die Männer blickten sich an. Eine schwere Stille bildete sich zwischen ihnen. Schließlich lächelte der korpulente Psychiater. »Doch, das begreife ich, Vince ... Mr Padock.«
Vincent zog eine Spritze aus der Jackentasche. »Sie haben die Wahl, Doc. In die Vene injiziert schlafen Sie nach drei Sekunden, muskulär gespritzt dauert es eine Minute und Sie könnten Krämpfe bekommen. Wenn Sie sich wehren, bleibt mir nur der Muskel. Für die Vene müssen sie mitarbeiten.«
»Ich werde mein Buch nicht beenden, nicht wahr?«
»Sie können dennoch stolz sein auf sich.«
»Kann ich das oder habe ich versagt?«
»Sie haben nicht versagt, das verspreche ich Ihnen. Missverstehen Sie mein Handeln nicht. Danach wird es nie wieder geschehen. Nie wieder werde ich jemanden töten! Das schwöre ich!«
Der Psychiater schloss die Augen und atmete schwer. »Dann hat es sich gelohnt.«
Vincent sagte freundlich, aber bestimmt: »Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird. Und nun endet es.«
U
Berlin 2012
1
Es fiel Vincent nicht schwer, sich wieder in Deutschland einzufinden. Erstaunlich fand er lediglich, wie wenig Sozialverhalten seine Mitbürger im Umgang miteinander an den Tag legten, gemessen an dem, was er in Kalifornien erlebt hatte. Es würde eine Weile dauernd, bis er sich an die deutsche Kälte gewöhnt hatte, die sich nicht nur in der Witterung niederschlug.
Er löste den Sicherheitsdienst ab, setzte einen Reinigungstrupp ein und war erstaunt, wie sauber die Villa nach deren Arbeit war. Als sei er niemals fort gewesen.
Er verließ das Adlon und zog zurück in die heimischen Wände.
Der Pooldienst hatte viel Arbeit, um die Algen und Chlorrückstände zu beseitigen, doch dann war auch das erledigt. Ein Bringdienst versorgte Vincent mit Lebensmitteln. Er beauftragte sein Büro, eine neue Reinigungskraft zu suchen.
Er lehnte alle Anfragen von Zeitungen und Magazinen ab. Das konnte warten, bis seine Biografie erschien. Das Gerücht, Capital habe ihn zum Unternehmer des Jahres vorgeschlagen, fand er schmeichelhaft.
Er legte eine Schallplatte von Eric Clapton auf den Plattenspieler und lauschte den weichen Gitarrenklängen, die aus der sündhaft teuren Soundanlage perlten. Er
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