In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
Gerechtigkeit, junger Mann. Ich gestehe, ich brauche dein Geld. Außerdem will auch ich, dass die Morde aufhören. Ich werde, bei meiner Seele, dieses Untier stellen. Aber nicht, um ihn zu töten. Ich möchte, dass auch die Angehörigen der anderen Opfer Genugtuung erlangen. Und das geht nur, wenn der Mann vor Gericht steht.«
Ice verzog das Gesicht, wobei ein höhnisches Lächeln um seine Lippen spielte. »Vermutlich hast du recht, Will. Ja ... ja ... so soll es sein. Vermutlich sollte ich meinen Wunsch, diesem Kerl die Birne wegzupusten, überdenken.« Der Hacker drehte sich zum Schreibtisch, öffnete eine Schublade und knallte eine Waffe neben die Tastatur. »Das, mein lieber Will Prenker, ist der Richter. Hiermit könnte ich meinen Bruder rächen.«
Der Ermittler stand auf. »Dann steige ich aus.«
»Moment, einen Moment«, wedelte Ice mit den Händen. »Du solltest nie vergessen, dass dich meine Aussage rettete. Hätte ich nicht ausgesagt, es sei zu dunkel gewesen, um Freund und Feind zu unterscheiden, hätte man dich wegen Todschlages drangekriegt. Du wärst nicht nur aus dem Polizeidienst entlassen worden, sondern würdest einsitzen. Ich habe gesagt, das Opfer wollte dir an die Wäsche. Die harmlose Aussage eines harmlosen Spaziergängers, dem unumwunden geglaubt wurde, obwohl es viele Ungereimtheiten gab. Nun ja, du warst Bulle, und die kratzen sich nicht gegenseitig die Augen aus.«
»Es war zu dunkel!«
»Du glaubst deine eigenen Lügen? Du warst besoffen, Mann! Du hast überreagiert. Aber sie hatten meine Aussage, und die passten dem LKA Berlin und der Senatsverwaltung gut in den Kram. Die Zypries hätte mich am liebsten geknutscht. Der passte ich wunderbar in den Kram. Der harmlose Spaziergänger, der alles beobachtet hat. So konnte man die Sache bagatellisieren und dich still und leise loswerden. Kein Politiker musste seinen Kopf hinhalten. Von heute auf morgen war das Thema aus den Medien verschwunden.«
Will Prenker schwieg.
Ice seufzte. »Aber lassen wir das. Ich bezahle dich gut, und ich weiß, dass du dich bemühst. Und wenn wir den Mistkerl fassen, werde ich deinem Wunsch Folge leisten. Er soll vor Gericht. Er soll lebenslang in den Knast. Da werden die fröhlichen Kollegen ihm was in den Darm bohren, das viel wärmer ist als ein Holzpfahl.« Ice lachte hart und grell.
Will Prenkers Gesicht war aschfahl.
2
Vincent Padock trug wie immer einen PP-Overall mit Kapuze, dazu Handschuhe, Gummistiefel und eine PPF-Feinstaubmaske, Equipment, das er für sechs Euro bei Amazon bestellt hatte.
Er wartete, bis der Delinquent die Augen öffnete.
Noch wirkte das Suxamethonium, und der Mann war ohne Schmerzen.
Vincent hatte den Mann in einer Seitenstraße, wo es keine Zeugen gab, mit einer blitzschnell gesetzten Spritze betäubt. Ihm war das Risiko bewusst, aber jeder hätte ihm abgenommen, dass er sich lediglich um seinen betrunkenen Freund kümmerte. Schließlich war er, Vincent Padock, nicht irgendwer. Vermutlich hätte er den Entführten mit einer Polizeieskorte zu seiner Villa bringen können, hätte er es gewollt.
Er hatte die Schutzkleidung angezogen, dann hatte er den Mann völlig entkleidet. Er hatte lange überlegt, ob er dem Opfer das Aufspießen durch den Pfahl ersparen sollte. Noch nie hatte Vincent jemandem den Pfahl bei vollem Bewusstsein eingeführt. Das war bestialisch. Und eine Bestie war er nicht. Stets waren die Opfer betäubt gewesen.
Endlich schlug der Mann die Augen auf.
»Guten Tag, Herr Martin«, sagte Vincent höflich.
Paul Martins Lippen schnappten auf und zu, und sein Körper begann zu zucken. Der Kopf drehte sich langsam zur Seite, dann nahmen seine Augen wahr, was der Verstand noch verweigerte. Vor einer Sekunde noch im Dunkel der Nacht, die Füße auf dem feuchten Pflaster von Charlottenburg, in der nächsten Sekunde unter einer Neonröhre in einem betonierten Raum.
Heute tat Vincent etwas Besonderes. Heute suchte er nicht nach dem einen Satz, nicht nach dem letzten Urteil, der einen großen Gewissheit, denn sein Opfer war viel zu unterbelichtet, um große Gedanken zu formulieren. Heute tötete Vincent, um der Frau, die er liebte, einen Gefallen zu tun.
»Herr Martin ... hören Sie mir bitte zu.«
Der Gefangene ächzte und zerrte an seinen Fesseln, die ihn auf den Metallklauen hielten. Unwillkürlich perlte sein Blick immer wieder zu dem Pfahl.
Vincent wunderte sich, dass dieser Schock die Opfer nicht umbrachte. Es musste wie ein greller Schmerz sein, der
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