In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
klarzustellen, Eva«, sagte Vincent. »Ich möchte mir deine Sympathie nicht erkaufen. Das ist nicht mein Stil.«
Genau das hatte Eva gedacht und war baff, dass der Mann ihre Gedanken gelesen hatte.
»Ich möchte dir lediglich eine Freude machen.«
»Danke«, murmelte Eva verdutzt.
»Passt schon. Hab ich gerne getan«, sagte Vincent und ging zu Mom. »Kann ich dich kurz sprechen?«
Sie gingen in die Küche, und Eva blickte ihnen hinterher. Sie sah, wie der fremde Mann sanft den Arm um die Hüfte ihrer Mutter legte und wie sie sich kaum merklich an ihn drückte. Sie spürte das Strahlen, die Aura ihrer Mutter und fragte sich, ob diese bemitleidenswerte Frau nicht den Anspruch auf etwas Glück hatte. Und sie überlegte, ob sie Vincent Padock vielleicht Unrecht tat.
Alles war verwirrend, war unnormal, seitdem Papa und Thomas tot waren, und hätte sie nicht so viel gequengelt, um zuhause zu bleiben, wäre auch sie heute tot. Nur noch Fleisch in einer modernden Kiste. Maden in den Augen. Faulig stinkend. Und Mom wäre völlig kaputt und hätte einen wie Padock nie kennengelernt.
Sie beide, Mutter und Tochter, hatte das gleiche verloren, dasselbe jedoch nicht.
Eva rieb sich das juckende Nasenpiercing und betrachtete die wunderschöne Soundanlage. Sie stand eigentlich nicht auf diesen Technikkram, allerdings würde das Teil einige Freunde zurückbringen, die sich von ihr abgewandt hatten. Nicht wenige meinten, sie sei seltsam geworden, habe sich zurückgezogen, sei nicht mehr so lustig wie früher und überhaupt ... Mit einem Prototypen hingegen konnte sie eine super Show hinlegen. Vermutlich würde sie Eintritt nehmen müssen, lachte sie in sich hinein.
Als sie auf dem Weg nach oben die Küchentür streifte, die erstaunlich leichten Komponenten der iSound M1 unterm Arm, sah sie mit halbem Blick, wie Vincent Padock ihre Mom küsste, wie jemand, der über beide Ohren verliebt ist. Sie steckten sich wie junge Leute die Zunge in den Mund, und Eva spürte Hitze über ihren Nacken kriechen.
Das war schön und erschreckend zugleich.
So sehr sie sich gegen ihre Zweifel zu wehren versuchte, wisperte eine leise Stimme in ihr, etwas sei falsch, ganz und gar nicht richtig. Dieser attraktive, vermögende Mann und ihre Mom? Das passte nicht und war zu schnell gegangen. Sie hatte den Eindruck, Mom ließ sich auf ein Abenteuer ein, um sich von ihrer Trauer und den Schmerzen abzulenken.
Sie versuchte, den dumpfen Gedanken zu verdrängen und überlegte, wen sie zuerst anrufen sollte, um die Soundanlage zu präsentieren, die niemand sonst hatte.
U
Berlin 2008
1
Wenn es je ungleiche Partner gegeben hatte, waren sie es.
»Sechs Tote«, schnaubte Will Prenker, ein massiver Mann mittleren Alters. »Sechs Tote, von denen wir wissen, und alle wurden gepfählt. Und du hast keine Spur, Ice?«
Ice hob den Kopf und nahm die Finger von der Computertastatur. Er war hager, nicht älter als fünfundzwanzig, feine, nach hinten gekämmte Haare mit Geheimratsecken, Hornbrille, schmale Lippen, schmale Augen, eine schmale Nase, schmale Stimme. »Ein Geist, Will. Er muss ein Geist sein.«
Willhelm Prenker, ehemals Kriminalbeamter beim LKA und nach den Tod seiner Frau sozial abgerutscht, grinste. »Meine damaligen Kollegen stehen vor einem Rätsel. Es gibt einfach keine Verbindung. Zu nichts und niemandem. Der Mörder scheint ein kluges Köpfchen zu sein.«
»Wie wäre es, wenn du mir mal was Neues sagst?«, knurrte Ice, der eigentlich Markus Siebert hieß. Als Hacker der Spitzenklasse war er den digitalen Fühlern unterschiedlichster Abwehrfronten stets in letzter Sekunde vom Bit gesprungen, weshalb er bewundernd Ice genannt wurd e, ein Name, auf den er stolz war und den er fortan behielt. Ice war nicht zu fassen. Ein Schatten im Internet, der reich damit wurde, dass er die Banken austrickste, und von hunderttausenden Konten nur Centbeträge abhob, was keinem auffiel, in der Masse jedoch genug Geld abwarf, um den ehemaligen LKA-Mann Prenker bezahlen zu können und sich genug Nutten zu leisten, damit Zeit blieb, vor dem PC zu hocken.
Ice blickte zu Prenker auf. »Lass deine verdammten Connections spielen. Du kennst sie alle noch, deine Ex-Kollegen. Niemand hat sich von dir abgewendet, obwohl du im Suff bei einer Festnahme einen Zeugen erschossen hast.« Stets, wenn Ice sauer war, rieb er dem Privatermittler das Unglück unter die Nase. Nichts war mächtiger, als jemanden an seine Schuld zu
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