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In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
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Jo aufmerksam an.
    »Und deine Tante Jessie ist auch noch da«, fuhr diese fort und beobachtete, wie sich die widerspenstige Haarsträhne erneut selbständig machte.
    »Sie hat jetzt einen Freund.« Grace wandte den Blick ab und zupfte an einem Stück grüner Farbe auf der Bank. »Er ist immer zu Besuch. Und sie starren sich die ganze Zeit so an.«
    Jo lächelte, als ihr Blick auf Jessies Begleiter fiel, einen großen, etwas ungelenken jungen Mann mit einer Clark-Kent-Brille, dessen Körpersprache nur eins besagte:
Sie gehört mir.
Es würde noch eine ganze Weile dauern – vielleicht sogar bis nach der Hochzeit –, ehe diese beiden über die Phase des verliebten Sich-Anhimmelns hinaus waren.
    Dann wanderte Jos Blick zu einem anderen Verwandten, zu Rachels älterem Bruder, einem alleinstehenden durchtrainierten Mann. »Da wäre auch noch Onkel Artie …«
    »Sein Haus riecht wie eine Turnhalle.« Grace schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Und er hat
Ratten
als Haustiere.«
    »Liebes, dann musst du mir jetzt helfen. Ich weiß nicht mehr weiter.«
    Grace zuckte mit den Schultern und spielte mit der abblätternden Farbe der Bank, doch Jo bemerkte, dass ihr Blick zu einem Punkt links vom Grabstein ihrer Mutter wanderte.
    Zu Kate.
    Kate, schmal und in einem schwarzen Liz-Claiborne-Anzug, stand dicht bei Paul. Auf der anderen Seite neben ihr stand ihre älteste Tochter Tess, die ihre Ellbogen fest umklammert hielt. Michael, eine kleinere Ausgabe seines Vaters, beobachtete konzentriert und mit gerunzelter Stirn den Rabbi, als ob er versuchte, die hebräischen Worte zu verstehen. Anna wiegte sich vor ihren Eltern hin und her und spielte unbekümmert mit den Rüschen ihres lilafarbenen Kleides.
    Eine vollkommene Familie. Was könnte sich ein Waisenkind sonst wünschen?
    »Pass auf, Gracie.« Jo legte dem Mädchen den Arm um die Schultern und zog das warme Bündel Mensch an sich. Sie hielt sie fest, so dass die Kleine nicht ihre verräterisch glänzenden Augen oder das Zittern ihres Kinns sehen konnte. Der Tod war allgegenwärtig. Und um ein erfülltes Leben zu leben, musste man sich seiner Angst stellen.
    Wie Rachel es getan hatte.
    »Ich sag dir was, Kleines: Ich werde später mit Mrs Jansen sprechen.« Jo zerzauste Grace’ dunklen Lockenschopf. »Deine Mutter hat gut für dich gesorgt, und ich werde es auch so machen. Wenn mir etwas zustößt, brauchst du dich nicht zu sorgen. Ich werde auf einer Wolke sitzen und mit deiner Mutter zusammen einen Appletini schlürfen. Und du wirst in den allerbesten Händen sein.«
    Kate starrte auf den Grabstein und rollte einige Kiesel in ihrer Handfläche. Die Steine glitten leicht übereinander, wie geölte Massagesteine. Vor langer Zeit hatte sie einen Haufen davon aus einem Gebirgsbach in den Shawangunk Mountains mitgenommen, in dem Rachel, Jo, Sarah und sie selbst nach einer Tour an einem unglaublich heißen Sommertag gebadet hatten. Sie mochte es, wie sich die Steine in ihrer Hand anfühlten. Mit den Jahren waren sie zu Handschmeichlern geworden, die beruhigend zwischen ihren Fingern klackerten, während sie lernte oder arbeitete oder sich Sorgen machte.
    Es war an der Zeit, ein paar davon herzugeben. Sie beugte sich vor und legte den ersten Kiesel auf den Granitsockel von Rachels Grabstein.
    Eins.
    Den bekommst du, weil du Sarahs Augen für das geöffnet hast, was genau vor ihr lag. Und weil du Jo gelehrt hast, was wirklich wichtig im Leben ist.
    Zwei.
    Der hier ist dafür, dass du meine Seele und meine Ehe gerettet hast.
    Drei.
    Und der hier ist für dich, Rachel. Dafür, dass du uns alle daran erinnert hast, dass man der Perspektive wegen ab und zu mal aus einem Flugzeug springen muss.
    Kate richtete sich auf. Pauls Hand lag warm auf ihrer Schulter. Er war heute sehr lieb gewesen – aufmerksam, entgegenkommend, tröstlich und unterstützend. Sie ließ ihre Hand in die seine gleiten und drückte seine Finger, um ihm zu zeigen, wie froh sie über seine Anwesenheit war. Kurz darauf beobachtete Kate ein Auto, das an der Straße hielt. Eine Frau, die ein korallenfarbenes, gebatiktes Sommerkleid trug, kletterte vom Beifahrersitz. Kates Herz machte einen Satz: Sarah! Zu spät, wie immer, und zerknittert, als ob sie einen Überseeflug hinter sich hätte. Sarah winkte ihr kurz zu und kämpfte damit, ein schwarzes Trauerband um ihren Oberarm zu winden, während sie durch die Grabsteine auf die Trauergemeinde zueilte.
    Paul nahm seine Hand von Kates Schulter. »Ich mache mich besser

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