In Liebe verführt
Cosimo wanderte mit langen Schritten die Straße entlang. Er würde doch wohl nicht versuchen, jenen Ort zu Fuß zu erreichen, dachte sie. Und dann schüttelte sie müde den Kopf. Was wusste sie schon von seinen Plänen? Er hatte sich ja die größte Mühe gegeben zu verhindern, dass sie mehr darüber wusste als nur das, was sie brauchte, um ihre Rolle zu Ende zu spielen.
Cosimo ging zu einem Mietstall am Rand der Stadt und mietete eine Mähre, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. Er handelte nicht weiter um den Preis und gab auch keinen Kommentar zu dem jämmerlichen Zustand des Tieres ab, denn er wollte keine Aufmerksamkeit erregen. Er folgte der Karte und kam nach kurzer Zeit bei einem allein stehenden kleinen Haus an, das etwas von der Straße zurückgesetzt lag.
Ein alter Mann saß auf einer Holzbank und döste in der Sonne, während eine Frau im Küchengarten Bohnen pflückte. Sonst war da nur noch ein Verschlag, vor dem eine Ziege angebunden war, und eine Hütte, in der er das Klosett vermutete – alles in deutlichem Abstand seitlich des Hauses.
Bescheidenes Quartier für General Bonaparte, dachte er. Ob das alte Ehepaar wohl während seiner Begegnung hier bleiben sollte? Eigentlich würde es keine Rolle spielen. Sie würden für den Attentäter kein Hindernis darstellen. Er stieg vom Pferd und ging zum Tor. »Monsieur?«
Der alte Mann wurde mit einem Ruck wach. »Hä… ja?« Er starrte seinen Besucher an, als wäre er vom Himmel gefallen. Die Frau dagegen stellte ihren Korb zur Seite, wischte sich die Hände an der Schürze ab und kam herüber.
»M’sieur?«
Er lächelte freundlich und entschuldigte sich für die Störung. » Pardon, Madame. Ich suche nach der Straße nach La Valette.«
»Ah, M’sieur!« Die Frau hob erschreckt die Hände. »Da seid Ihr hier völlig verkehrt. Da müsstet Ihr in diese Richtung reiten.« Sie deutete auf die Gegend, aus der er gekommen war.
Er schimpfte ausreichend über seine eigene Dummheit und wischte sich nachdrücklich mit dem Taschentuch über die Stirn.
»Ach, kommt doch herein… kommt herein«, drängte ihn die alte Frau. »Ein Glas Milch frisch von der Ziege wird Euch wieder Kraft geben. Hier entlang. Und mein Alterchen wird Eurem Pferd Wasser geben.«
Cosimo bedankte sich mit vielen Worten, entschuldigte sich noch mehrmals und folgte ihr in das Haus. Es hatte eine niedrige Decke, war sauber, frisch gefegt, und eine Leiter führte nach oben, wahrscheinlich zu einem Schlafraum. Nun ja, Bonaparte würde kein großes Problem mit einer solchen Schlafgelegenheit haben. Er hatte auf seinen Feldzügen Schlimmeres gesehen. Trotzdem war es interessant, dass er so etwas gewählt hatte, um dort mit einer Dame der Oberschicht eine Liebesnacht zu verbringen. Unter anderen Umständen hätte er bei dem Gedanken lachen müssen.
Er nahm ein Glas warme Ziegenmilch entgegen, unterdrückte jeden Abscheu, den er bei diesem Getränk empfand, und sah sich, während er schluckte, genau in dem kleinen Zimmer um. Wo könnte er sich verstecken, um seinen Hinterhalt zu stellen? Das alte Ehepaar würde eine dringende Nachricht erhalten, durch die es weggelockt wurde. Aber von wem?
Geschickt fragte er die alte Frau über ihre Familie und die weiteren Umstände aus. Sie erzählte ihm gern alles, und als ihr Mann hereinkam, erwies der sich als sogar noch redefreudiger. Cosimo erfuhr von der Tochter im Nachbardorf, die in den nächsten Tagen ein Kind erwartete, und von dem Sohn, der sich der Armee des großen Bonaparte angeschlossen hatte. Er hörte zu, stocherte noch ein wenig nach und verabschiedete sich schließlich, wobei er diskret zwei Livres auf den Tisch legte, indem er so tat, als bezahle er die Milch.
Er ritt den Klepper wieder zum Mietstall, während sein Plan Gestalt annahm. Dann ging er zu Fuß zurück zum Haus, holte die Kutsche aus dem Hinterhof und brachte sie vor die Tür des Hauses.
Meg erwartete ihn bereits – bekleidet mit einem dünnen gelben Musselinkleid und einem hohen Seidenhut, der schräg auf ihren roten Locken saß. Sie erschien ihm noch blasser als vorhin, und bei genauem Hinsehen erkannte er, dass sie ihre Sommersprossen noch dicker überpudert hatte als sonst. Aber er spürte auch ihre Entschlossenheit, eine Art von Härte, die sich in dem gespannten Lächeln äußerte, das sie ihm zuwarf, und ebenso in der Haltung ihrer Schultern und der Bewegung ihrer Hüften, als sie zur Kutsche kam.
Sie sprachen nicht miteinander. Er brachte sie zu den
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