In Todesangst
»Tja, manchmal wurde Randy ein bisschen … nun ja, zudringlich. Aber im Grunde hatte er ja recht. Schließlich hat es dieses Pack uns zu verdanken, dass es am amerikanischen Traum teilhaben darf – also irgendwie logisch, dass Randy bei der einen oder anderen Lady drauf bestand, dass sie sich erkenntlich zeigt. Und dabei ist ihm deine Kleine in die Quere gekommen.«
»Was? Syd hat auf ihn geschossen, während er eine Frau vergewaltigt hat?«
Statt meine Frage zu beantworten, wedelte Gary mit der Waffe in Andys Richtung. »Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, diese Dumpfbacke nach mir suchen zu lassen?«
Ich schwieg.
»Lass mich raten. Du hast mit dem Burschen geredet, der die Sache im Dalrymple’s versaut hat – Jeff, so heißt er doch, oder?«
Ich erwiderte nichts, da ich nicht wollte, dass Jeff noch mehr Probleme bekam, als er ohnehin schon hatte. Aber Gary schien mein Schweigen als Zustimmung aufzufassen.
»Der verdammte Schwachkopf«, sagte er. »Wie kann man nur so abartig blöd sein?«
»Was ist mit Patty?«, fragte ich. »Hmm?«
»Patty Swain. Wo steckt sie?«
Er grinste. »Um die brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen.«
Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus.
»Und das Problem mit deiner Tochter lösen wir auch noch«, fügte Gary hinzu. Er warf einen Blick auf die Uhr. »Alles bloß eine Frage der Zeit. Möglich, dass wir sie bereits haben.«
»Wissen Sie, wo Syd ist?«
Gary warf Owen einen Blick zu und schnippte mit den Fingern. Als Owen näher trat, sah ich, dass er eine Rolle Isolierband in der Hand hielt.
»Streck die Hände aus«, blaffte Owen mich an. Da Gary die Waffe auf mich gerichtet hielt, blieb mir keine andere Wahl. Ein halbes Dutzend Mal wickelte er das Band um meine Hände.
»He, Leute«, hörte ich Andy sagen. »Was macht ihr da?«
»Halt die Fresse«, zischte Gary ihn an.
»Seid ihr verrückt geworden? Ihr wollt ihn doch wohl nicht umbringen, oder? Das könnt ihr nicht machen!«
»Nein?«, sagte Gary, richtete die Pistole auf Andys Stirn und drückte ab.
Andy wurde vom Aufprall der Kugel nicht einmal zurückgeschleudert. Nur sein Kopf wurde abrupt nach hinten gerissen, während dem Rest seines Körpers keine Chance blieb, irgendwie zu reagieren. Es ging so schnell, dass nicht mal ein Anflug von Überraschung auf seine Miene trat. Er sackte zusammen und stürzte zu Boden, ehe sich innerhalb von Sekundenbruchteilen eine dunkle Lache um seinen Kopf ausbreitete.
Gary warf seine Zigarette auf die Fliesen und trat sie aus. »Dass mir auch immer der Geduldsfaden reißen muss.« Er schüttelte den Kopf. »Tja, man kann eben nicht aus seiner Haut.«
Ein paar Tröpfchen Blut waren mir ins Gesicht gespritzt. Sie fühlten sich warm und feucht an.
Auch Carter und Owen standen da wie vom Donner gerührt.
»O Gott!«, entfuhr es Carter. Owen stand mit weit aufgerissenen Augen da und bekam keinen Ton heraus. Der Schuss hallte noch in meinen Ohren wider; offenbar ging es den beiden genauso.
»Was jetzt?«, fragte Carter.
»Hast du noch mehr blöde Fragen parat?«, schnauzte Gary ihn an.
»Jetzt sag bloß nicht, wir sollen ihn auch in irgendeinem Müllcontainer in Bridgeport entsorgen. Wenn wir unterwegs von den Bullen angehalten werden, sind wir geliefert.«
Mit gehetztem Blick sah Gary von einem zum anderen. Bis jetzt hatte er sich einigermaßen im Griff gehabt, doch nun schien er sich selbst aus dem Konzept gebracht zu haben.
»Lasst mich überlegen«, sagte er.
»Von mir erfährt niemand etwas«, sagte ich. »Lassen Sie Syd am Leben, mehr will ich gar nicht. Sie wird niemandem verraten, was im Just Inn Time vor sich geht. Außerdem haben Sie ja selbst gesagt, dass sie jemanden getötet hat. Noch ein Grund mehr, warum wir nicht zur Polizei gehen werden.«
»Hör bloß auf mit dem Gelaber«, fuhr er mich an und richtete die Waffe auf Andys Leiche. »Das hier geht auf deine Kappe. Hättest du ihn nicht nach mir suchen lassen, wäre er jetzt noch am Leben.«
Womit er nicht ganz unrecht hatte.
»Sperr das Arschloch weg!«, schnauzte er Owen an. »Ich muss nachdenken!«
Owen packte mich am Arm, führte mich zu dem Odyssey-Van, stieß mich hinein und schlug die Tür hinter mir zu. Die Fenster waren geöffnet, so dass ich hören konnte, wie Carter sagte: »Na gut, wenn du willst, ziehen wir’s halt durch. Dann fahren wir eben ein bisschen langsamer, damit die Cops uns nicht anhalten.«
Asche fiel von Garys Zigarette auf den Boden, als er den Kopf
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