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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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neugierig, wer es sein könnte?«
    Er schüttelte den Kopf. »Neugierig genug, um den Bericht zu lesen. Damit hatte sich die Sache aber auch schon.«
    »Tatsächlich? Pattys Halbschwester hat Sie kein bisschen interessiert? Haben Sie nicht mit dem Gedanken gespielt, die beiden zusammenzubringen?«
    Er sah mich nur stumpf an. »Wieso das denn?«
    »Hast du Patty den Bericht gezeigt?«, fragte Carol. »Wusste sie davon?«
    Ronald Swain gab einen müden Seufzer von sich. »Wie kommst du denn auf so einen Schwachsinn? Warum hätte ich Patty etwas erzählen sollen?« Er sah mich an. »Na schön, hätte ich es zehn Jahre eher gewusst, wäre ich vielleicht bei Ihnen vorbeigekommen und hätte Sie gefragt, ob Sie vielleicht doch Pattys Daddy spielen wollen. Vielleicht wäre unsere Ehe dann auch nicht gescheitert. Aber jetzt … mal ernsthaft, was hätte mir das gebracht? Wohl gar nichts, oder?«
    Carol Swain warf mir einen Blick zu und zuckte mit den Schultern. Tja, das war’s dann wohl, schien sie sagen zu wollen.
    Ronald Swain sah seine Exfrau an. »Ruf mich doch mal an, wenn du Zeit hast«, sagte er. »Aber hier im Laden – bloß nicht bei mir zu Hause, okay?«
    »Mach ich«, sagte sie und zwinkerte ihm zu. »Sobald Patty wieder aufgetaucht ist.«
    Der Himmel war verhangen, als wir nach draußen traten und wieder in den Wagen stiegen.
    »Ich fasse es nicht«, sagte sie. »Was denn?«
    »Er hat den Bericht tatsächlich gelesen.
    « Sie schüttelte den Kopf. »Dabei war Lesen noch nie seine Stärke.«
     

ACHTUNDDREISSIG
     
    Als wir um die Straßenecke bogen, sah ich, dass vor Carol Swains Haus ein Streifenwagen stand. Ich bremste und fuhr an den Straßenrand.
    »Was machen die denn da?«, fragte sie. Dann schien es ihr zu dämmern. »Oh, sie haben bestimmt Patty gefunden!«
    Sie hatte die Hand bereits am Türgriff, als ich sie festhielt.
    »Ich glaube, die suchen nach mir«, sagte ich. »Wahrscheinlich überprüfen sie gerade alle Orte, an denen ich mich aufhalten könnte.«
    Carol sah mich irritiert an. »Warum?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte ich.
    »Na schön«, sagte sie. »Dann gehe ich den Rest eben zu Fuß.«
    »Ja, das wäre wohl besser«, sagte ich. »Und wenn die Cops Sie fragen, ob Sie mich gesehen …«
    »Wen soll ich gesehen haben?« Sie lächelte. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich den Vater meiner Tochter an die Polizei ausliefern würde.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Kein Problem«, gab sie zurück. Sie wollte aussteigen, hielt jedoch noch einmal inne. »Nett, Sie endlich kennengelernt zu haben, auch wenn die Umstände alles andere als erfreulich sind. Immerhin haben Sie einiges für mich getan.«
    Ich lächelte verlegen.
    »Ich verstehe Sie«, sagte Carol Swain. »Ich wüsste auch nicht, was ich an Ihrer Stelle sagen sollte.«
    »Nun ja, ich hätte damit rechnen müssen, dass es Kinder gibt, die mit meinem Sperma gezeugt wurden«, räumte ich ein. »Aber dass ich eins dieser Kinder eines Tages tatsächlich kennenlernen würde, wäre mir nicht im Traum eingefallen.«
    »Vielleicht ist Patty ja nicht das einzige«, sagte sie. »Vielleicht haben Sie ja Dutzende von Nachkommen, von denen Sie nichts wissen. Lauter kleine Tims.«
    »Das bezweifle ich«, sagte ich. »Kaum anzunehmen, dass die Klinik meine Gene gleich dutzendweise an die Frauen gebracht hat.«
    »Was auch immer.« Carol zuckte mit den Schultern. »Wissen Sie, was ich mich frage? Ob Patty vielleicht ganz anders geworden wäre, wenn Sie nicht nur ihr biologischer Vater gewesen wären.«
    Durch die Blume schien sie mir damit sagen zu wollen, dass ich versagt hatte. Und ich hätte Carol wiederum fragen können, ob Patty ein anderer Mensch geworden wäre, wenn sie nicht dauernd zu tief ins Glas gesehen hätte.
    Aber ich verschwieg ihr meine Gedanken lieber. Weil ich mich sehr wohl verantwortlich fühlte.
    Pattys Existenz war mir zu verdanken. Und ich hatte nichts getan, um ihr zu helfen, seit sie auf die Welt gekommen war.
    Die Hände am Steuer, sah ich zu Carol Swains Haus und dem Streifenwagen hinüber. »Tja«, sagte ich. »Irgendwann in grauer Vorzeit hat man mal etwas Bestimmtes getan, ohne sich darüber groß Gedanken zu machen, und Jahre später …«
    »Bekommt man auf einmal die Quittung.« Unvermittelt beugte sie sich zu mir und küsste mich auf die Wange. »Wenn Sie meine Kleine finden, sagen Sie ihr, dass sie mich sofort anrufen soll, okay?«
    »Mach ich.« Ich spürte den kühlen Abdruck ihrer Lippen auf der

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