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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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war ein Mann Anfang sechzig mit zerzaustem grauen Haar; er band sich seinen gestreiften Morgenmantel zu, während er an die Tür kam.
    »Wir haben geschlossen«, brüllte er durch die Glasscheibe.
    Ich klopfte abermals.
    »Verdammt noch mal«, knurrte er und öffnete die Tür einen Spaltbreit. »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«
    »Entschuldigen Sie die Störung, aber es ist wichtig«, sagte ich. »Mein Name ist Tim Blake, und das ist Bob Janigan. Wir sind auf der Suche nach meiner Tochter.«
    »Was?«, sagte der verschlafen wirkende Hotelmanager.
    »Wir suchen nach meiner Tochter«, wiederholte ich. »Es wäre möglich, dass sie bei Ihnen arbeitet, und wir müssen sie unbedingt finden.«
    Der Manager schüttelte den Kopf, halb um einen klaren Kopf zu bekommen, halb um uns zu zeigen, wie genervt er war. »Wie heißt das Mädchen denn?«
    »Sydney Blake«, antwortete ich.
    »Nie gehört«, gab er zurück.
    Er wollte die Tür wieder schließen, aber ich stellte meinen Fuß in den Spalt. »Warten Sie. Vielleicht kennen Sie Syd ja unter einem anderen Namen.«
    »Hä?«, meinte er. »Wieso das denn?«
    »Möglich wär’s«, sagte ich, zog eins der Fotos von Syd heraus, die ich stets bei mir trug, und hielt es ihm durch den Spalt hin.
    Zögernd nahm er das Bild entgegen und kniff die Augen zusammen. »Augenblick«, sagte er, ging zur Rezeption und holte seine Lesebrille. Was uns erlaubte, die Tür zu öffnen und die kleine Lobby zu betreten.
    Er betrachtete das Foto.
    »He«, sagte er, und ich spürte, wie sich mein Puls beschleunigte. »Ja, die Kleine habe ich schon mal gesehen.«
    »Wo?«, fragte ich. »Wann?«
    »Sie war hier. So vor, hmm, zwei Wochen oder so. Hat nach einem Aushilfsjob gefragt. Ich brauchte aber niemanden.«
    »Hat sie ihren Namen genannt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich, aber ich kann mich nicht erinnern. Ich habe ihr geraten, es bei einer anderen Pension zu versuchen. Bei denen waren ein paar Hilfskräfte ausgefallen, deshalb habe ich sie dorthin geschickt.«
    »Wie heißt die Pension?«
    »Touch the Cloud. Sie müssen ein Stück weiter die Straße hoch, bis zur Abzweigung, die nach Smugglers’ Notch führt.«
    »Wissen Sie, ob sie dort einen Job bekommen hat?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte er. »So, jetzt können Sie den Nächsten aus dem Schlaf reißen.« Und mit diesen Worten scheuchte er uns hinaus und löschte das Licht.
    Wir stiegen wieder in den Wagen und fuhren im Schneckentempo die Mountain Road hinauf, um die Pension nicht zu verpassen.
    »Da drüben!«, platzte Bob plötzlich heraus. »Siehst du das Schild?«
    Nun sah ich es auch. Die Pension lag etwa dreißig Meter zu unserer Rechten. Selbst im Dunkel war deutlich zu erkennen, dass das Touch the Cloud schon bessere Tage gesehen hatte. Von dem rustikalen Holzschild über dem Eingang blätterte die Farbe ab; der Palisadenzaun, der den Garten umgab, sah aus, als würde er jede Sekunde in sich zusammenfallen, und eine der Glühbirnen über der Tür war ausgefallen.
    Wir parkten, steckten die Pistolen wieder ein und marschierten zum Eingang.
    Als ich klopfte, fing drinnen ein kleiner Hund an zu kläffen. Dann erklang die Stimme einer Frau, noch bevor das Licht anging: »Mitzi! Schluss jetzt, Mitzi! Aus!«
    Sie war blond, Mitte vierzig und sah erstaunlich gut aus – und das, obwohl sie nicht geschminkt war und nur ein verschlissenes Hauskleid trug. Außerdem sprach blanker Argwohn aus ihren Augen.
    Misstrauisch spähte sie durch die Glastür. »Was wollen Sie?«
    Ich stellte uns vor und erklärte ihr über das Kläffen des Hundes, warum wir sie mitten in der Nacht störten. »Der Besitzer des Mountain Shade hat uns zu Ihnen geschickt. Meine Tochter arbeitet möglicherweise für Sie. Ihr Name ist Sydney Blake.«
    »Tut mir leid«, erwiderte sie. »Den Namen habe ich noch nie gehört.« Sie wandte sich zu dem Hund. »Verdammt noch mal, Mitzi, jetzt reicht’s aber, verstanden?«
    Der Hund verstummte.
    Ich hielt Syds Foto an die Glasscheibe. Die Frau beugte sich vor und runzelte die Stirn. »Das ist Kerry.«
    »Kerry?«, sagte ich.
    »Kerry Morton.«
    »Und sie arbeitet hier?«, fragte ich.
    Die Frau nickte. »Wer sind Sie noch mal?«
    »Tim Blake. Ihr Vater.«
    »Und wieso hat sie dann nicht denselben Nachnamen?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Hören Sie, wir müssen sie finden, unbedingt. Wissen Sie, wo sie wohnt?«
    Die Frau musterte mich eingehend; offenbar versuchte sie festzustellen, ob Syd und ich uns

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