In Todesangst
rückte näher. »Super«, sagte ich. »Und du hast mir erzählt, mit linken Touren hättest du nichts mehr am Hut. Verdammt noch mal, ich schwöre …«
»He, krieg dich wieder ein«, sagte Bob. »Vielleicht merken die ja nichts, okay?«
»Die Karre ist geklaut«, stellte ich fest.
»Mir persönlich ist nichts davon bekannt«, sagte er.
»Was du nicht sagst«, bemerkte ich.
Ich spürte, wie mir der kalte Schweiß auf die Stirn trat. Wir konnten nur noch beten, dass die Cops Tomaten auf den Augen hatten.
Und nun hörten wir auch noch die Sirene.
»Mit dem Wagen ist alles in Ordnung«, fuhr Bob fort. »Nur seine Herkunft ist nicht ganz geklärt.«
»Wie viele solcher Autos stehen bei dir auf dem Hof?«, fragte ich. »Hast du sie in Kategorien eingeteilt? Diese hier haben einen Wasserschaden, dort stehen die geklauten, und bei denen da drüben kriegen Sie gratis einen Feuerlöscher dazu, weil sie Ihnen jederzeit um die Ohren fliegen könnten.«
»Siehst du?«, sagte Bob. »Jetzt führst du dich mal wieder wie ein echtes Arschloch auf.«
Der Streifenwagen hatte uns beinahe eingeholt. Das Blaulicht stach mir in die Augen, die Sirene hallte schrill in meinen Ohren.
»Noch was«, sagte Bob. »Wenn die Cops die Waffen entdecken, sehen wir erst recht alt aus.«
»Na, bestens«, sagte ich. »Geschwindigkeitsübertretung, gefälschter Fahrzeugschein und zwei Pistolen, mit denen nachweislich mindestens zwei Menschen ermordet worden sind.«
»Tja«, sagte Bob. »Manchmal klebt einem echt das Pech am Stiefel.«
Und dann geschah ein Wunder. Der Streifenwagen überholte und raste an uns vorbei.
»Was ist denn jetzt los?«, platzte Bob heraus.
Etwa eine Meile später sahen wir, was passiert war. Ein Pick-up war von der Straße abgekommen und in den Graben gefahren. Der Officer sprach mit zwei Leuten, die offenbar kleine Verletzungen davongetragen hatten.
»Na also«, sagte Bob. »Alles im Lack.«
Den Rest des Wegs fuhr ich nur ein paar Meilen über der Geschwindigkeitsbegrenzung. Das schien mir sicherer.
***
Lange Zeit sprachen wir kaum ein Wort. Ich verputzte den Rest meines Mars-Riegels und trank sogar die inzwischen kalt gewordene Kaffeebrühe, die Bob an der Tankstelle gekauft hatte. Während ich auf das lange Band der Straße starrte, blieb mir jede Menge Zeit, über alles nachzudenken, was bislang geschehen war. Über Syds Verschwinden. Über Gary, Carter und Owen. Und über Andy Hertz.
Nicht zuletzt kam mir immer wieder Patty in den Sinn. Das Mädchen, dessen biologischer Vater ich war. Und kaum dass ich die Wahrheit erfahren hatte, schien ich sie für immer verloren zu haben.
Der Gedanke schnürte mir die Kehle zu.
Unter normalen Umständen wäre Bob der letzte Mensch gewesen, dem ich mich anvertraut hätte. Aber im Augenblick war schlicht kein anderer da.
»Was würdest du tun, wenn du herausfändest, dass du eine erwachsene Tochter hast – eine Tochter, von deren Existenz dir bislang nichts bekannt war?«
Bob sah mich nervös an. »Woher willst du wissen, ob ich …«
»Ich rede nicht von dir«, sagte ich. »Ist bloß eine Frage. Wie würdest du in so einer Situation handeln?«
»Keine Ahnung«, sagte er. »Erst mal würde ich wahrscheinlich aus allen Wolken fallen.«
»Mal angenommen, du würdest kurz darauf herausfinden, dass dem Mädchen etwas Schlimmes zugestoßen wäre.«
»Was denn?«, fragte Bob.
»Dass sie ums Leben gekommen wäre«, fuhr ich fort. »So dass ihr euch niemals richtig kennengelernt hättet.«
Ich spürte, wie Bob mich anstarrte. »Ehrlich, Tim, ich verstehe kein Wort. Du redest doch wohl nicht von Evan und Sydney, oder?«
»Nein.«
»Und? Kannst du vielleicht mal deutlicher werden?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich musste ein paarmal blinzeln, da die Straße vor meinen Augen zu verschwimmen begann.
»Vergiss es«, sagte ich dann. »War nicht so wichtig.«
Wir nahmen die Ausfahrt Waterbury, fuhren in nördlicher Richtung weiter und kamen kurz darauf an einer großen Eisfabrik vorbei. Es waren kaum Autos unterwegs. Kein Wunder um drei Uhr morgens.
Die Straße schlängelte sich über anmutige Hügel, durch Wälder und an Lichtungen entlang. Ein paarmal erfassten die Scheinwerfer die Augen von Nachttieren – meist Waschbären –, die verschreckt ins Licht starrten.
Eine Viertelstunde später begann die Straße abwärtszuführen, und kurz darauf hatten wir Stowe erreicht. Häuser im Kolonialstil, Geschäfte und Restaurants säumten die Straße. Schließlich
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