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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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erzählen werden? Dann habe ich die Stadt vielleicht ganz allein eingenommen!«
    Er legte den Kopf in den Nacken und lachte aus vollem Halse. Oh, wie hab ich ihn da gemocht! Weil er sich lustig machen konnte über sich selbst, und weil er so gute Worte gefunden hatte für die Montcalms.
    »Eure Aussichten freilich«, fuhr er fort, nun wieder ernst, »scheinen mir fraglich: die Tochter ist ganz eingenommen für Euch, die Mutter ist halb dafür, der Vater halb dagegen.«
    »Und Eure Meinung, mein Herr Vater?«
    »Distinguo
1 «
, sagte er mit halb gespieltem Ernst.
» Distin
guo
zwischen Person und Religion. Was die Person betrifft, könntet Ihr besser nicht wählen. Sie ist sehr schön, mein Pierre. Doch wie sehr man dies schätzen mag bei einer Frau, es zählt einzig das Herz. Und Angelinas Herz, das konnte ich beobachten, ist einzigartig. Nur schade, daß sie Papistin ist.«
    »Mein Herr Vater!« sagte ich erschrocken. »Hattet Ihr nicht auch eine Papistin zur Frau?«
    »Gewiß. Und ebendies war das Kreuz meines Lebens.«
    Pochenden Herzens und in Angst, daß mein Vater ein contra sprechen könnte, wie Onkel Sauveterre es gewiß tun würde, wagte ich die zage Frage:
    »Monsieur, wäret Ihr nicht sehr glücklich, wenn meine Mutter ins Leben zurückkehrte?«
    »O doch! O ja!« rief Jean de Siorac mit einem Würgen im Hals. Er beugte sich zu mir herüber, ergriff meine linke Hand, sah mir ins Auge und sprach: »Ihr müßt nicht bangen, Pierre. Ein so großer Eiferer bin ich nicht. Und wäre ich es, würde ich Euch schon um Eurer Mutter willen kein Hindernis in den Weg legen. Die Widrigkeiten, die Ihr vor Euch habt, sind groß genug, ich will sie nicht noch vermehren.«
    Ich dankte ihm nach bestem Vermögen, brachte meine Worte aber kaum über die Lippen.
    »Galopp, mein Herr Vater?« fragte ich, um den Aufruhr in mir zu verbergen. Und ich richtete mich im Sattel auf.
    »Galopp!« sagte Jean de Siorac lächelnd, fühlte er doch sehr gut, was in mir vorging.
    Wir fielen in Galopp, Seite an Seite, er noch so jung und so voll Kraft und mich mehr liebend als seine Baronie, und ich erwärmt von seiner großen Liebe und sie gewißlich erwidernd. Die Erde flog hin unter den Hufen unserer Pferde. Und in Gedanken ganz bei meiner Angelina, schien mir, ich ritte hier nicht so sehr meine Stute als vielmehr die Jahre meiner schönen Zukunft.

Informationen zum Buch
    Ganz in Dumas'scher Tradition spiegelt Robbert Merle die "große" Geschichte der Glaubenskämpfe in der "kleinen" Lebensgeschichte des Ritters Pierre de Siorac und seiner Familie. Der Ich-Erzähler und Held Pierre, dessen Bedachtheit in seinem Tun ebenso groß ist wie seine Unbedachtheit vor seinem Tun (so sein Vater), macht sich 1566 auf den Weg aus dem Périgord nach Montpellier, um dort Medizin zu studieren. Doch schon nach kurzer Zeit überstürzen sich die Ereignisse. Der Machtkampf zwischen Papsttreuen und Hugenotten bricht offen aus, und Pierre de Siorac muss fliehen.Mit leicht irionisierendem Erzählstil und historisierendem Sprachduktus wird ein farbenprächtiges Sittengemälde jener Zeit entworfen.

Informationen zum Autor
    ROBERT MERLE (1908–2004) hat mit der Romanfolge »Fortune de France« über das dramatische Jahrhundert der französischen Religionskriege sein wohl bedeutendstes Werk vorgelegt. Er erzählt darin die Geschichte dreier Generationen der Adelsfamilie Siorac, zunächst auf Burg Mespech in der Provinz Périgord, später am Hof in Paris. Die insgesamt 12 Romane der Folge überspannen den Zeitraum von 1550 bis in die vierziger Jahre des 17. Jahrhunderts. In deutscher Übersetzung liegen jetzt vor:
    Fortune de France
    In unseren grünen Jahren
    Die gute Stadt Paris
    Noch immer schwelt die Glut
    Paris ist eine Messe wert
    Der Tag bricht an
    Der wilde Tanz der Seidenröcke
    Das Königskind
    Die Rosen des Lebens
    Lilie und Purpur
    Ein Kardinal vor La Rochelle
    Die Rache der Königin

Fußnoten
DRITTES KAPITEL
     
    1
    (lat.) Hochrühmlicher Meister, ich bin Pierre de Siorac, der Sohn deines Freundes, und dies ist mein Bruder, Samson de Siorac.
     
     
    1
    (lat.) Dies ist Jean Fogacer, Bakkalaureus der Medizin und Prokurator der Studenten.
     
     
    1
    (lat.) an der bezeichneten Stelle.
     
     
    2
    (lat.) Medicus, willst du meine Medizin lächerlich machen?
     
     
    3
    (lat.) Das wäre nicht zuträglich, hochrühmlicher Meister. Glücklich, wer es vermochte, in die tiefen Gründe der Dinge einzudringen.
     
     
    4
    (lat.) Medicus, der Seemann spricht

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