INAGI - Kristalladern
dem Abzug der Kireshi folgenden Mond anzugreifen. Zu diesem Zeitpunkt würde die Armee hoffentlich weit genug entfernt sein, um ihnen nicht mehr in die Quere zu kommen. Sie waren alle drei der Meinung gewesen, dass der Vorteil, gegen weniger Kireshi kämpfen zu müssen, die Gefahr, die von den neuen Geschützen ausging, überwog.
Nur Ishiras Bruder teilte ihre Auffassung nicht ganz und prompt meldeten sich seine Zweifel jetzt wieder. »Diese Rohre sehen ganz schön furchteinflößend aus«, sagte er, noch ehe Kanhiro richtig die Haustür geschlossen hatte.
»Hm.«
»Denkst du immer noch, dass eure Entscheidung richtig war?«
»Doch, ja. Außerdem lässt sich jetzt ohnehin nichts mehr daran ändern.«
»Schon, aber hast du keine Angst? Ich meine… wenn die Kireshi diese Dinger nun doch gegen uns einsetzen?«
»Dann sind wir geliefert«, gab Kanhiro nüchtern zu. Er lächelte leicht. »Ja, ich habe Angst, Kenjin. Genau wie du. Wie Tasuke. Wie wir alle. Aber ich gebe ihr nicht nach. Mit einem furchtsamen Herzen lässt sich der Kampf nicht gewinnen. Wenn wir etwas erreichen wollen, dürfen wir nicht ans Scheitern denken, verstehst du? Wir haben alles so gut geplant, wie wir konnten. Für den Rest müssen wir auf das Wohlwollen der Götter vertrauen.« Der Junge nickte zögernd. Kanhiro legte ihm fest die Hand auf die Schulter. »Wir werden nicht versagen, Kenjin«, sagte er entschieden.
Draußen wurden Stimmen laut. Aufgeschreckt blickte Kanhiro zum Fenster. Drei Kireshi stiefelten vorüber. Einer blieb kurz stehen und spähte zu ihnen herein, bevor er etwas zu den beiden anderen sagte. Kanhiro erstarrte. Suchten die Gohari nach jemandem?
»Die wollen doch nicht etwa zu uns?« Kenjins Stimme klang schrill und er rückte unwillkürlich näher an Kanhiro heran.
Waren ihre Pläne aufgeflogen?
Nicht einmal drei Atemzüge später wurde die Haustür so heftig aufgerissen, dass sie mit lautem Knall gegen den Rahmen schlug. Die drei Gohari polterten in den Raum und verteilten sich.
»Der da ist es!« sagte einer und deutete mit dem Finger auf Kenjin, der vor Schreck ein Stück in die Höhe hüpfte. Er reckte befehlend das Kinn in Richtung des Jungen. »Nehmt ihn mit!«
Kenjin schrie auf und setzte sich strampelnd gegen seine Häscher zur Wehr. »Nein, lasst mich los! Ich habe nichts getan!«
»Sei still!« Der Kiresh, offenbar der Wortführer der Gruppe, schlug ihm so brutal ins Gesicht, dass Kenjins Kopf zur Seite flog. Ishiras Bruder schossen Tränen in die Augen, doch er gab keinen Laut von sich.
»Bitte, es muss sich um einen Irrtum handeln, Deiro«, wandte Kanhiro sich mit erzwungener Ruhe an den Gohari. »Der Junge hat ganz sicher nichts angestellt.«
Der Kiresh würdigte ihn nicht einmal eines Blickes. Auf sein Nicken hin zerrten die beiden anderen Kenjin zur Tür.
Der Junge sperrte sich und drehte sich verzweifelt zu Kanhiro um. Seine linke Wange schwoll bereits an und seine Augen waren dunkel vor Angst. »Hiro!« rief er flehend. Ein weiterer Schlag brachte ihn zum Schweigen und brach seine Gegenwehr. Er wimmerte leise, als die Gohari ihn abführten.
Kanhiro ließ alle Vorsicht außer Acht und packte den Anführer am Arm. »Was bedeutet das? Haben wir kein Recht zu erfahren, wessen Kenjin beschuldigt wird?«
Der Gohari schüttelte ihn ab wie ein lästiges Insekt. Im Gehen versetzte er Kanhiro einen Faustschlag in die Magengrube, der ihm die Luft aus den Eingeweiden presste und ihn auf die Knie warf.
Kenjin schrie entsetzt auf. Kanhiro würgte und rang nach Luft. Keuchend richtete er sich auf, die Unterarme auf seinen Magen gepresst. Das letzte, was er von Ishiras Bruder sah, war dessen rückwärts geneigter Kopf und der schockierte Ausdruck in seinen Augen.
Was, bei allen Göttern, soll der Junge getan haben?
Er erfuhr es nicht. Weder am nächsten Tag, noch am übernächsten. Niemand wusste, wohin die Gohari Ishiras Bruder gebracht hatten und was sie mit ihm vorhatten. Die Ungewissheit setzte Kanhiro am allermeisten zu. Kenjins angsterfülltes Gesicht ging ihm nicht aus dem Kopf. Hatte seine Ergreifung mit dem Aufstand zu tun? Verhörten die Kireshi den Jungen, um an Informationen zu gelangen, bevor sie auch die übrigen gefangen nahmen?
Die Tage vergingen, ohne dass etwas geschah. Es schien immer unwahrscheinlicher, dass die Gohari von den Rebellionsplänen wussten. Dennoch sah Kanhiro Ishiras Bruder nicht wieder. Jetzt begann er sich auch Sorgen um seine Freundin zu machen. Was, wenn sie der
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