Incubus et Succubus
einem Weg versehen. Er endete auf einer Ebene, auf der die Kapelle gebaut worden war.
Luca war fasziniert und sagte: „Ich verstehe, warum du diesen Platz aufsuchst. Du musst auch von hier oben Fotos machen.“
Daniel nahm seine Kamera und fotografierte. Seine Blicke ruhten auf dem alten Gemäuer, das viele Geschichten zu erzählen hatte. – Wenn es nur sprechen könnte.
Jetzt kam Dominik zu m Zug, die Kapelle zu bewundern, außer Atem stemmte er seine Hände auf seine Knie. Daniel streichelte ihm über seinen Rücken, der klatschnass war.
„Super gemacht“, sagte Daniel, kniete sich zu seinem Freund hin, küsste diesem seine Wange und Dominiks nervöser Drang nach Luft zu schnappen wurde mit einem Male beruhigt. Er wagte einen Blick in den Abgrund und das düstere Gemäuer wagte einen Blick zurück …
„Faszinierend“, sagte Luca. „Auf jeden Fall gotisch, sieht man an dem Kreuzgewölbe. Und, und die Pfeiler an den Ecken, siehst du, sie müssten einmal verziert gewesen sein … denke ich mir.“
Lena, die sich in der gotischen Welt nicht so gut auskannte, sagte: „Ich wusste gar nicht, dass du so ein Kunstepochenwissen hast.“
„Du weißt vieles nicht über mich, mein Schatz.“ – Und sie lachten sich an, küssten sich und Liam sagte: „Immer diese Knutscherei, nirgends kann man sich mit euch sehen lassen.“
Daniel erhob mahnend den Finger und sagte: „Sei froh, dass sie sich lieb haben!“
Luca und Lena blickten sich an und Lena sagte: „Etwas anderes kann unser Sohn nicht von uns erwarten, wir werden uns immer lieb haben!“
In Daniel stieg ein wohliges Gefühl auf. So als ob man gerade gemütlich gegessen hätte, dann am ga nzen Körper gestreichelt und massiert wurde … ein zufriedenes, männliches Gefühl. „Na kommt schon, lasst uns nach unten gehen“, sagte Daniel entschlossen und führte die Wanderer an. Er kannte den kürzesten und besten Weg zur Kapelle sehr genau.
„Wie oft warst du schon hier?“, fragte Dominik, noch immer ein wenig nach Atemluft schna ppend.
„Kannst du dich noch erinnern, als ich dich zu Maria eingeladen habe, die ihre Geburtstagsfete in Kroatien feiern wollte?“
Nicken von Dominik.
„Marias Freund erzählte mir auch von dieser Kapelle, gab mir ein paar Internetseiten, wo sie vorkam und dann war ich schon dort, um sie zu bestaunen. Verwunschen sieht es aus, wie in einem Märchen, nicht?“
Liam wurde hellhörig, die Geschichte um ein Märchen interessierte ihn sofort. Gebannt hoffte er, dass zu dieser Kapelle, die wie ein schlafender Troll in der Schlucht lauerte, eine ebenso spannende Geschichte erzählt werden konnte. Seine Augen waren starr auf den Boden gerichtet, hinter ihm seine Mutter und sein Vater, er gab das Tempo für die Familie Lex an, denn vor ihm war Daniel. Dominik war das Schlusslicht. Und als er hoffte, dass Daniel vielleicht etwas Spannendes über diesen Ort berichtete, erzählte er nur, dass er 14 Tage später, nach der Geburtstagsfeier von Maria, mit ihrem Freund den Wanderausflug unternommen hatte. Und seither noch zwei Mal hier gewesen war. Der Idylle wegen. Daniel sah die Idylle mit eigenen Augen. Je tiefer sie in den Bauch des Trolls hinabstiegen, desto dunkler wurde es.
„Mama, ist das normal, dass es dunkler wird?“
„Ja, das ist es. “ Sie hockte sich mit ihrem Sohn kurz hin, dort wo die Felsspalte am größte war und sagte: „Sieh jetzt nach oben.“ Beide Köpfe reckten ihre Hälse himmelwärts. „Wie du siehst, verlaufen die Sonnenstrahlen senkrecht und da ihr Winkel nicht nach unten gerichtet ist – 90° –, fliegen sie förmlich über uns drüber, das ist der Grund, warum es immer finsterer wird, je tiefer wir hinabsteigen, desto weiter weg entfernen wir uns von den Sonnenstrahlen. Ist aber spannend, oder?“
Jetzt nickte Liam ganz aufgeregt. Die Erklärung seiner Mutter war eindeutig.
Es dauerte nicht mehr lange und sie standen auf dem Plateau der Kapelle. Daniel, der die Vo rhut bildete, hatte das Plateau als erster erreicht und atmete tief durch. Sein Aufatmen wirkte vertraut, als hätte er einer alten Freundin die Wiederkehr versprochen gehabt und durch sein Lächeln nun bestätigt.
Hinter ihm hörte er Luca staunende Ausrufe machen. Er drehte sich zu seinen Freunden um, Dominik schnaufte weit dahinter. Daniel wusste, dass die Schönheit dieses Gebildes Dominik weniger beeindruckte, sondern, dass er schon an den Nachhauseweg dachte und
Weitere Kostenlose Bücher