Indigo - Das Erwachen
mehr Menschen wie diesen Jungen geben.
Alexander musste es wissen. Der Junge musste getestet und untersucht werden, und zwar umfangreicher als alle anderen. Die Lehren der Kirche erforderten es. Dies hier war nicht der Moment, um ihre bewährte Ãberzeugung, dass die Menschheit die Welt dominieren und den Aufstieg dieses evolutionären Fehlers verhindern musste, infrage zu stellen oder zu bezweifeln. Diese Kinder waren eine Plage der Menschheit â eine Glaubensprobe â und nichts weiter.
Er selbst fand die Situation und ihre Dringlichkeit erschreckend, doch Fiona war anders. Sie war viel zu geblendet von ihren eigenen Leistungen und schrieb es ganz sich selbst zu, dass sie den Jungen âentdecktâ hatte. Dank Fionas Bemühungen war Darby in seinem Schoà gelandet wie ein Geschenk â eines, das Alexander um jeden Preis haben wollte.
9. KAPITEL
Griffith Park Zoo
Sonnenuntergang
âSteig auf.â Rayne saà auf ihrem Motorrad und warf Gabriel den alten Helm ihres Vaters zu. Gabe, der in der Tür des alten Geräteschuppens stand, fing ihn auf. âIch habe eine Idee, und ich brauche deine Hilfe.â
Obwohl die Harley ihre Ankunft angekündigt hatte, versteckte Gabriel sein Gesicht vorsorglich unter seiner Kapuze. Er hielt sich im Schatten des Schuppens und mied das Abendlicht. Falls es jemand auf ihn abgesehen hatte, hatte er so die Möglichkeit, schnell zu verschwinden. Es machte Rayne traurig, seine eingeübten Manöver zu beobachten, und sie wurde immer neugieriger auf die Gründe für seine Vorsicht.
Sie hatte ihre ganze Geduld aufbringen müssen, um bis zum Sonnenuntergang zu warten, ehe sie ihn abholte.
âWo fahren wir hin?â, fragte er.
Rayne entging nicht, dass Gabriel sich noch keinen Millimeter bewegt hatte. Sie musste Ãberzeugungsarbeit leisten.
âDie historische Zeichnung, die du angefertigt hast. Ich habe eine Idee, wo wir danach suchen könnten. Bist du dabei?â Als er mit den Achseln zuckte, aber nicht Nein sagte, lächelte sie. âSchnapp dir deinen Zeichenblock, Picasso. Wir werden ihn brauchen ⦠und deine Erinnerungen an die Vision.â
Er schlug die Kapuze zurück und starrte Rayne an. Vertrauen fiel ihm eindeutig nicht leicht. Als er sie musterte, spürte Rayne, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie umklammerte den Lenker, weil Gabes durchdringender Blick sie so nervös machte. Jemandem wie ihm war Rayne noch nie begegnet. Er jagte ihr Angst ein, aber gleichzeitig fand sie ihn auch aufregend. Er war wie ein Abenteuer â eines, das sie niemals vergessen würde â, aber sie hatte das ungute Gefühl, dass er aus einem Grund abseits der Gesellschaft lebte, aus dem er auch sie immer auf Abstand halten würde.
Nachdem Gabriel den Helm aufgesetzt und den Schuppen abgeschlossen hatte, kam er mit seinem Rucksack auf den Schultern auf sie zu. Bei jedem Schritt und jeder Bewegung seiner muskulösen Arme und Beine kribbelte ihr Bauch. Sie hatte gar nicht darüber nachgedacht, was es bedeutete, wenn er mit ihr auf dem Motorrad fuhr. Als er sich hinter sie setzte und seine groÃen Hände auf ihre Hüften legte, hielt sie den Atem an.
Er kam ihr so nahe, dass sie seine Wärme an ihrem Rücken spürte. Dann sagte er leise: âIch gehöre ganz dir. Bring uns nicht um.â
Mit einem finsteren Lächeln lieà Rayne die Harley an, und als sie sich in Bewegung setzten, umklammerte Gabriel ihre Taille. Während sie jenseits der StraÃe fuhren, hielt er sich an ihr fest. Als sie den gewundenen Abschnitt des Crystal Springs Drive erreichten, lehnte sich Rayne in die Kurven und wartete ab, wie er reagieren würde. Als er mit unsicheren Bewegungen gegen sie ankämpfte, wusste sie, dass er noch nie auf einem Motorrad gesessen hatte. Doch dann wuchs sein Vertrauen, und er fing an, ihre Bewegungen zu imitieren. Als sie den Griffith Park verlieÃen und auf den Freeway fuhren, konnte sie spüren, wie sein Griff lockerer wurde und er sich hinter ihr entspannte.
Schade nur, dass sie dasselbe nicht von sich behaupten konnte. Der Motor lieà jeden Muskel in ihrem Körper vibrieren â doch das war nichts gegen das Schaudern, das Gabriel in ihr auslöste. Und zwar aus ganz anderen Gründen.
Einige Minuten später
Mia parkte auf der Nebenfahrbahn unter den Schatten des Ventura Freeway. Sie war Rayne gefolgt, und als ihre Schwester in Richtung Glendale
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