Indische Naechte
Höhle an einem Punkt angelangt, an dem sie nicht weiterkonnten. Er hatte soviel verdammtes Glück gehabt. Oder vielleicht war es kein Glück; vielleicht gab es wirklich so etwas wie Iqbal.
Kuram hatte darauf bestanden, daß sie hierherkamen. Ian wußte, daß sie auf lebenslange Gastfreundschaft rechnen konnten, da sie Gulab Khan durch den Paß gebracht hatten. Die Tatsache, daß Gulab Khan versucht hatte, ihn umzubringen, wurde taktvoll übergangen; solche kleinen Irrtümer kamen eben vor.
Als sie im Dorf angekommen waren, hatte sich David verabschiedet, denn er mußte seine Männer nach Jallalabad führen. Zafir, der offiziell immer noch Urlaub hatte, beschloß, bei Ian und Laura zu bleiben, um sie nach Indien zurück zu eskortieren. Oder wenigstens bis zu Habibur, wo er seine Meera so schnell wie möglich heiraten wollte.
Ian fand den Plan vernünftig. Er blickte auf das weiche Haar, das über seinen Arm floß, und auf die schlafende Gestalt seiner Frau und dachte, was für eine herrliche Erfindung die Ehe doch war. Mit einer Frau wie dieser jedenfalls. Er streichelte ihr Haar und konnte noch immer kaum fassen, daß sie zusammen und in Sicherheit waren.
So leicht seine Berührung auch war, Laura wachte auf. Ihre langen Wimpern flatterten und enthüllten die bernsteinfarbenen Tiefen ihrer erstaunlichen Augen. »Wie fühlst du dich, Duschen/ca?«
»So, als hätte ich mit einem Elefantenbullen gekämpft. Abgesehen davon fühle ich mich wunderbar
— besser als wunderbar sogar!«
Laura atmete tief ein und riß die Augen auf. »Sie ist weg? Die Finsternis in dir ist weg? Was ist passiert?«
»Ich hätte mir denken können, daß du alles bemerkst.« Ian war nicht überrascht, daß seine Frau besser als er selbst verstanden hatte, was in ihm vorgegangen war. Sie hatte recht: Die Ader von Reue und Scham, die durch die Tiefen seiner Seele geströmt war, war versiegt. Versuchsweise durchforschte er seinen Geist. Und obwohl er vieles fand, was er bereute, gab es nichts mehr, mit dem er nicht hätte leben können.
»Die Finsternis war Angst«, antwortete er. Seine Brauen zogen sich zusammen, als er ihr die mysteriöse Wandlung zu erklären versuchte, die er in der Höhle durchgemacht hatte. »In Buchara war ich lebendig begraben und starb. Dieses Mal hätte ich mich zwar um Haaresbreite selbst vernichtet, schaffte es dann aber, all die Dinge, die ich am meisten fürchtete, zu überleben, die Furcht selbst eingeschlossen. Zum ersten Mal, seit ich in Buchara gefangengenommen wurde, fühle ich mich wieder frei.«
»Obwohl du verheiratet bist?«
Er lachte. »Das ist die größte Freiheit von allen,
Larischka, denn du hast mich von meiner übelsten Seite gesehen und bist trotzdem noch hier.« Er hielt inne, um ihr einen langen Kuß zu geben. »Die Teile, die ich für zerbrochen und nicht mehr reparaturfähig gehalten habe, scheinen sich irgendwie wieder zusammengefügt zu haben. Fast so gut wie neu, wenn du nichts gegen einen Krug mit Naht- und Klebestellen hast.«
»Das heißt nur, daß du an den geflickten Stellen stärker bist als zuvor.« Sie atmete tief ein, als er eine besonders empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr fand.
»Das muß wohl so sein, denn vorher war ich nicht stark genug, um dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe.« Er öffnete ihr Nachthemd, entblößte ihre Brüste und küßte die eine Spitze. »Und ich liebe dich sehr, Larissa Alexandrowna, meine ungezähmte, bezaubernde, zähe russische Lady. Ich kann das Glück gar nicht fassen, das uns unter so vielen unmöglichen Umständen zusammengebracht hat.«
Sie hielt den Atem an, als die Freude sie durchdrang. »Ich liebe dich auch, Duschenka, mit meinem ganzen Herzen, meiner ganzen Seele. Aber ich glaube nicht, daß Glück uns zusammengebracht hat. Kamalas Astrologe meint, es gibt keine Zufälle. Alles ist gekommen, wie es vorherbestimmt war.«
»Vielleicht hast du recht - die letzten Monate waren zu unwahrscheinlich, um das Ergebnis blinden Zufalls zu sein.« Er zog sein Hemd aus und warf es auf den Boden. »Nun, da wir beide uns all unserer Geheimnisse und Ängste entledigt haben, so daß wir endlich nur noch unser nacktes Selbst sind, bleibt uns nichts mehr, außer glücklich zu sein. Und wo wir schon von nacktem Selbst sprechen...«
Als Laura lachte, zog er ihr zügig das Nachthemd über den Kopf. Und mit heiserer Stimme flüsterte er: »Ein jegliches hat seine Zeit...« Als er sich in ihren Körper versenkte, berührten seine Lippen warm und
Weitere Kostenlose Bücher