Indische Naechte
sich wie eine Art Außenseiterin fühlen, aber davon konnte keine Rede sein. Obwohl die sanftmütige Lady Sara die Tochter eines Dukes war, hatte sie gar nichts Snobistisches an sich. Und Mikahl, ihr Mann, war ausgesprochen charmant und kam ihr ein wenig vor wie Kamalas zahmer schwarzer Panther.
Ein weiteres seltsames Zusammentreffen, das Laura überzeugte, es gäbe keine Zufälle, war die Tatsache, daß sich Mikahl als der »Berg-Fürst« herausstellte, der den hilfreichen Afridi Kuram nach
England mitgenommen hatte. Kuram war inzwischen wieder in der Armee, denn David und Ian hatten die Befehlshaber überzeugt, die jugendlichen Irrtümer zu vergessen, die damals die Entlassung aus der Armee verursacht hatten.
Juliets kleiner Sohn, der in einer Wiege lag, wachte auf und stieß unzufriedene Laute aus. »Hört sich an, als wollte der Earl of Ambridge gestreichelt werden«, sagte Sara.
Juliet nahm ihren flachshaarigen Sohn auf die Arme, küßte ihn auf die Nase und wiegte ihn sanft hin und her. »Ich habe das unangenehme Gefühl, als hätte er zwar das Aussehen von Ross geerbt, aber das Temperament von mir.«
»Ein schwerer Makel«, erwiderte Sara mit tanzenden Augen und gab ihrer kleinen Tochter Maria einen Keks. Das achtzehn Monate alte Mädchen hatte das dunkle Haar und die erstaunlichen grünen Augen vom Vater geerbt, besaß aber Saras schönstes Lächeln. »Wo wir gerade von Earls sprechen: Mein Vater bemüht sich, Mikahl den Grafentitel zu verschaffen. Es gefällt ihm nicht, daß seine einzige Enkelin eine Bürgerliche ist. Die einzige Möglichkeit, das zu ändern, ist, die Königin dazu zu bringen, Mikahl zum Earl zu machen.« Sie lächelte. »Da er ja ein ausländischer Adeliger ist, sollte er eines britischen Titels wert sein.«
»Wie denkt denn Mikahl darüber?« fragte Laura.
»Er lacht nur. Er findet die Idee ausgesprochen lustig.«
Juliet lehnte sich mit ihrem nun zufriedenen Sohn in den Armen zurück. »Ian gehört bereits zum House of Lords, und Ross wird es, wenn sein Vater stirbt. Kannst du dir das Chaos vorstellen, das sich ergeben wird, wenn Mikahl sich zu ihnen gesellt?«
Sara lachte perlend. »Ein herrlicher Gedanke. Ich sage Papa, er soll sich weiter bemühen. Da die Königin Mikahl bewundert, sollte sie eigentlich zustimmen.«
Maria quiekte vergnügt und trollte sich in Richtung der Treppe, die zum Patio heraufführte. Die drei Frauen sahen dem Kind hinterher und entdeckten, daß sie auf ihren Vater zutappte. Die Männer hatten einen Spaziergang auf den Klippen gemacht und kamen nun über den Rasen, wobei sie plauderten und lachten, wie ihre Frauen es taten.
Als Maria ihren Vater erreichte, warf er sie in die Luft, küßte ihre rosige Wange und nahm sie dann auf den Arm.
»Ein wunderschöner Anblick«, sagte Juliet verträumt.
Laura betrachtete die drei herankommenden Männer. Ian machte eine Bemerkung, woraufhin die beiden anderen lachten und Ross seinem Schwager kurz die Hand auf die Schulter legte. Laura atmete voller Glück aus. »Ich verstehe, was Sie meinen - es ist schwer, noch einmal drei so unglaubliche Männer zu finden.«
»Und sie passen so gut zueinander«, murmelte Sara. »Alle sind etwa gleich groß, aber einer ist dunkel, einer blond und der dritte rotbraun, um sie noch interessanter zu machen.«
»Rein abstrakt gesprochen, denke ich, Ross sieht am besten aus«, bemerkte Laura und versuchte, objektiv zu sein, was nicht einfach war, da ihr eigener Mann für sie bestimmt der attraktivste Mann der Welt war.
Saras Blick wanderte zu Ian. »Vielleicht, aber Soldaten haben etwas an sich, das ein Frauenherz schwach werden läßt.«
»Was ich gerne wissen würde«, begann Juliet nachdenklich, »ist, wie ein Mann wie Mikahl, der genauso aussieht wie Byrons schmissiger, gefährlicher Korsar, gleichzeitig so vollkommen natürlich mit einem kichernden Kind umgehen kann.«
Sie lachten wieder. Eine Minute später waren die Männer bei ihnen, und alle drei zog es automatisch zu ihrer Frau.
Laura nahm Ians Hand. Sanft sagte sie: »Habe ich jemals erwähnt, daß der Brahmane sagte, wir seien füreinander geboren?«
Ian schenkte ihr ein warmes, zärtliches Lächeln. »Das hätte ich dir auch sagen können.«
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