Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
Fettleibigkeit.
Der frustrierendste Punkt der Studie: Bei den Cafeteria-Ratten blieb das Belohnungszentrum auch nach vier Wochen bei normalem Rattenfutter, sozusagen auf Diät nach den Schlemmerwochen, unempfindlich. Da das Experiment nach 40 Tagen beendet wurde, weiß man nicht, ob sich das Belohnungssystem wieder regeneriert hätte und wann dies passiert wäre.
1) Viel Cafeteria-Essen lässt das Belohnungszentrum abstumpfen, die Ratte muss mehr essen, um zufrieden zu sein. Ein Teufelskreis kommt in Gang.
2) Es dauert lange, bis das Gehirn wieder weiß, dass auch kleinere Portionen eine Belohnung sein können. Wie lang genau, kann man gegenwärtig nur vermuten.
3) Der Effekt auf das Belohnungszentrum könnte auch andere Bereiche des Lebens beeinträchtigen, z.B. das Lernen. Das Belohnungssystem wird für viele Prozesse benötigt.
Man untersuchte mit der gleichen Methode drogen- und alkoholabhängige Ratten. Auch hier stumpfte die Aktivität des Belohnungszentrums durch die Droge zunächst ab. Bei Drogenmissbrauch regenerierte sich das Belohnungszentrum schon nach wenigen Tagen, es zeigte dann wieder die gleiche Empfindlichkeit wie vor Beginn des Experiments. Nach Drogen regeneriert sich die Empfindlichkeit des Belohnungszentrums schneller als nach übermäßigem Essen! Die gesteigerte Nahrungsaufnahme durch das schmackhafte Cafeteria-Essen hinterließ langfristige Spuren im Belohnungszentrum der Ratten. Dazu waren weder Alkohol noch Kokain in der Lage. Bei Alkohol- oder Drogenabhängigkeit ist es für einen Menschen natürlich schwierig, von der Droge loszukommen. Aber beim Essen aber gibt es noch eine zusätzliche Dimension: Es treten offenbar physische Veränderungen im Gehirn auf, die nicht in wenigen Wochen rückgängig zu machen sind.
Das Experiment liefert einen Hinweis, warum dicke Menschen mit kleinen Portionen Nahrung nicht zufrieden sind, sobald sie einmal in dem Teufelskreis des Übergewichts gefangen sind. Das Gehirn hat sich verändert, die Umstellung auf schmale Kost fällt dem Menschen schwer, der Jojo-Effekt ist ein häufig beobachtetes Phänomen.
Hunger trotz Übergewicht - über die Leptinresistenz
Das Hormon Leptin wird im Fettgewebe produziert, es ist sozusagen die körpereigene Tanknadel und zeigt an, wie gut die Fettspeicher des Körpers gefüllt sind. Mäuse, denen Leptin fehlt, nehmen an Gewicht zu. Als man dies entdeckte, hoffte man, den Schalter für das Übergewicht gefunden zu haben. Man könnte den Übergewichtigen doch einfach Leptin spritzen, damit sie weniger hungrig sind. Dann kam die Enttäuschung: Übergewichtige haben sehr viel Leptin im Blut, aber es dämpft ihren Hunger nicht. Spritzt man Übergewichtigen zusätzlich noch mehr Leptin, passiert ebenfalls nichts.
Übergewichtige haben eine Leptinresistenz: Leptin ist massenhaft vorhanden, aber es wirkt nicht. Die Signalwege scheinen blockiert zu sein. Stellen Sie sich einmal ein Unternehmen vor, das ständig bei seinen Lieferanten bestellt, weil es nicht weiß, dass die Lager bereits gefüllt sind. Genau dies passiert im Körper des leptinresistenten Übergewichtigen: Die Fettspeicher sind randvoll, aber das Gehirn weiß davon nichts, es ist von einer wichtigen Information abgeschnitten. Also tut es seine Pflicht: Da es vermutet, dass der Körpers sehr mager ist, signalisiert es kontinuierlich Hunger. Übergewichtige haben einen deutlich höheren Grundumsatz als schlanke Menschen. Das Gehirn glaubt, es sei kein Fett vorhanden und gleichzeitig wird jeden Tag viel Energie verbraucht. Wer kann es unserem Denkorgan verdenken, dass es da sein Bestes tut, um für die Energieaufnahme zu sorgen? Das ist schließlich seine Aufgabe!
Der Münchner Professor Matthias Tschöp forscht intensiv an der Entstehung der Leptinresistenz. Man weiß mittlerweile, dass das Leptin bei Übergewichtigen im Gehirn ankommt, dort aber nichts bewirkt. Was ist die genaue Ursache der Leptinresistenz? Um das herauszufinden, fütterten die Wissenschaftler Mäuse mit kalorienreicher Nahrung. Schon kurz nach dem Verzehr konnte man Entzündungen im Stützgewebe der Nervenzellen des Gehirns nachweisen. Man geht gegenwärtig davon aus, dass die Zusammensetzung des Essens zu den Entzündungen dieser sogenannten Gliazellen führt. Die Nährstoffe direkt scheinen diese Schädigung auszulösen, die die Nerven verletzt und die Stützzellen entzündet.
Matthias Tschöp vermutet, dass es auch beim Menschen zu Entzündungen in den Bereichen des Gehirns kommt, wo das
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