Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
nachdenklich machen: Glutamat wird Industrienahrung zugesetzt, die reich an Kohlenhydraten und Fetten ist, genau die Bestandteile, die der Stoffwechselforscher Matthias Tschöp im Verdacht hat, die Leptinresistenz im Gehirn auszulösen. So fördert der Geschmacksverstärker, dass Sie mehr von dieser energiereichen Nahrung aufnehmen und folglich eine Leptinresistenz entwickeln. Leptinresistenz wiederum sorgt dafür, dass Sie mehr Hunger bekommen, das Gewicht steigt.
Die sich im Kern des Hypothalamus befindliche Hirnregion Nucleus arcuatus ist mit für die Regulation des Appetits zuständig. Dieser Kern enthält viele Rezeptoren für den Gewichtsregulator Leptin. In Tierexperimenten wurde gezeigt, dass diese Hirnregion durch Glutamat geschädigt wird. In dem Experiment wurde das Glutamat den Versuchstieren direkt unter die Haut gespritzt.
Auch Ratten fressen mehr, wenn sie Glutamat-haltige Nahrung bekommen. Jungtiere wachsen in Fütterungsexperimenten schneller, wenn sie Glutamat bekommen. Der Nucleus arcuatus ist neben der Regulation des Appetits auch in das Wachstum des Körpers involviert.
Warum lieben wir Glutamat?
Die Vorliebe für Glutamat ist dem Menschen angeboren, denn Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure, der Aminosäure, die in fast allen Lebensmitteln enthalten ist. Der Anteil am Gesamteiweiß beträgt zwischen 13 und 40 Prozent. Man schmeckt die Glutaminsäure, sobald Eiweiß beginnt, sich aufzulösen. Glutaminsäure ist die häufigste Aminosäure, wenn sich das Protein zersetzt, werden winzige Mengen davon frei. Glutamat ist also ein Signal für leichtverfügbares Eiweiß, und das wiederum ist für den Körper von großem Wert. Früher haben die Menschen die Reste der Beute von Raubtieren mit List in ihren Besitz gebracht, das Fleisch war dann schon gereift und abgehangen. Eiweißreiche Hülsenfrüchte wurden schon vor Jahrtausenden fermentiert, so entstand die Sojasauce, die stark glutamathaltig ist. Die Asiaten nehmen deutlich mehr Glutamat auf als die Menschen in Europa und in den USA, Glutamat wird auch manchmal als „Salz des Ostens“ bezeichnet. Sogar Muttermilch enthält Glutamat, übrigens zehn mal mehr als Kuhmilch.
Glutamat ist eine wichtige Energiequelle für den Körper, er kann die Aminosäure verbrennen oder als Baustoff für die körpereigenen Eiweiße verwenden. Außerdem wird Glutaminsäure im Gehirn als Neurotransmitter eingesetzt, zusätzlich ist es Vorstufe für einen weiteren Neurotransmitter (GABA). Als Neurotransmitter ist Glutamat an Lern- und Gedächtnisprozessen beteiligt, im Hippocampus gibt es die größte Menge an Glutamatrezeptoren.
Zunächst passiert mit dem künstlich zugesetzten Geschmacksverstärker Glutamat genau das Gleiche wie mit dem Glutamat, das im Eiweiß gebunden ist: Es wird über den Dünndarm und das Blut in den Körper aufgenommen und dann den verschiedenen Aufgaben zugeführt. Wie schnell das Glutamat ins Blut gelangt, das hängt davon ab, was gegessen wurde und welche zusätzlichen Lebensmittel verzehrt wurden. Das gebundene Glutamat wird langsamer aufgenommen. Zusammen mit Kohlenhydraten verzehrt, steigt der Glutamatspiegel im Blut ebenfalls langsamer an. Für Glutamat gilt ein ähnliches Prinzip wie für den Zuckerspiegel: Auch Stärke wird langsamer verdaut und aufgenommen, wenn sie zusammen mit Eiweiß und Fett aufgenommen wird.
Seit Jahren macht man sich Sorgen um eine mögliche Gesundheitsschädlichkeit des Glutamats. Glutamat wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2016 neu bewertet. Man diskutiert, ob Glutamat bei einigen Menschen Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose auslösen könnte. Glutamat ist ja ein wichtiger Neurotransmitter im Gehirn. Die Tatsache, dass Glutamat zum Mehressen verführt, sollte eigentlich bereits Grund genug sein, Bedenken gegen diesen Zusatzstoff zu haben.
Das Glutamat aus der Nahrung gelangt vom Blut nicht ohne Weiteres ins Gehirn, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke lässt nur die Dinge zu den Nervenzellen, die dort auch gebraucht werden. Trotzdem gibt es Diskussionen, ob Glutamat in bestimmte Gehirnbereiche eindringen könnte, an Stellen, wo die Blut-Hirn-Schranke weniger dicht ist. Bei Patienten mit Alzheimer, Parkinson und multipler Sklerose findet man eine erhöhte Glutamatkonzentration im Gehirn. Daher stellt man sich die Frage, ob dies mit der Aufnahme von Glutamat über die Nahrung in einem Zusammenhang stehen könnte. Für Gesunde sieht man derzeit kein Risiko, dass
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