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Infektiöse Visionen (German Edition)

Infektiöse Visionen (German Edition)

Titel: Infektiöse Visionen (German Edition)
Autoren: Manfred Köhler
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gehasst. Außerdem flüsterte sie fast, was mich noch wütender machte.
    „ Macht doch, was ihr wollt!“
    „ Heißt das... also Sebastian, das klingt ja, als ob...“
    „ Das heißt bloß, dass mich euer Affentheater nichts angeht.“
    „ Also, ich denke schon, dass...“
    „ Und es interessiert mich auch nicht im geringsten.“
    „ Na gut. Aber die Konsequenzen daraus, müssen dich schon interessieren. Ich ziehe nämlich im Juli aus. Bis dahin bist du aber bereits, wenn alles gut geht, irgendwo weit weg auf Grundausbildung.“
    Sie zuckte mit den Schultern.
    „ So, jetzt ist es raus. Wir streiten schon seit Tagen darum, es dir zu sagen, ich meine, noch vor dem Abi.“
    „ Und wo ziehst du hin?“
    Meine Stimme klang kratzig. Am besten, ich hätte überhaupt nicht gefragt.
    „ Das ist im Moment nicht so wichtig.“
    „ Aber doch hier in der Stadt?“
    Sie stand auf und drehte sich seufzend weg.
    „ Wir werden dann wohl alle in unterschiedlichen Städten leben.“
    „ Wie bitte!“
    „ Ich gehe auf jeden Fall hier weg. Und dein Vater...“
    „ Was ist mit ihm? Soll ich mit dem dann etwa allein zusammen wohnen, wenn ich hier Leute besuche?“
    „ Nein, er bleibt auch nicht hier. Aber das soll er dir selbst sagen.“
    „ Mit dem rede ich nicht.“
    Sie war an der Tür, drehte sich noch mal um.
    „ Ach, was soll’s. Seine Firma sucht Leute fürs Ausland, und er hat sich für ein neues Werk in Brasilien gemeldet.“
    „ Brasilien! Und unser Haus? Unsere ganzen Sachen hier?“
    „ Das alles...“
    Sie räusperte sich, versuchte zu lächeln, aber ich sah ihre Augen feucht werden.
    „ Das wird verkauft“, sagte sie schnell. Dann war sie zur Tür draußen.

Kapitel 7: Der Abstieg
     

    Ich radelte durch den Wald und wälzte ganz banale Folgefragen. Was eigentlich passierte mit meinem Fahrrad? Haus verkauft, Eltern sonstwo, ich beim Bund... – und meine Plattensammlung? Poster, Skateboard, Fußballausrüstung? Mein ganzes Zeug? Irgendwo unterstellen? Regale voller Bücher! Und der Kram von früher, Eisenbahn, Rennbahn, Skier, Langlaufskier? Da hätte man ja eine Lagerhalle mieten müssen. Oder gleich das Haus behalten.
    Die hatten schon Nerven!
    Ohne groß darüber nachgedacht zu haben, glitt ich die lange Gerade hinab und steuerte auf den Damm des Moorteiches zu.
    Und was war mit Myriam? Die würde irgendwo studieren, klar, aber an den Wochenenden wären wir wie immer Nachbarn gewesen, hätten den Kontakt nie ganz verloren. Wenn wir doch noch ein Paar würden bis dahin? Ich konnte ja wohl schlecht die Wochenenden in ihrem Elternhaus verbringen.
    Er hatte es schon wieder getan. Das nagte hinter allen Fragen und Zweifeln und Abschiedsschmerzen an mir. Er hatte genau das wieder getan und noch viel schlimmer diesmal. Voriges Jahr, ich weiß noch, in der Garage, ich wäre fast mit Fäusten auf ihn losgegangen, auf meinen eigenen Vater.
    „ Das hast du dir selbst zuzuschreiben“, hatte er mich abfertigen wollen, als ich ihm an der Fahrertür seines Protzkarrens den Einberufungsbefehl unter die Nase hielt.
    „ Das geht doch überhaupt nicht, ich bin erst 17!“
    „ Und ob das geht. Meinst du, ich hätte mich nicht erkundigt?“
    Er legte sich sorgfältig seinen Mantel über den Arm, stellte seine Aktentasche auf den Betonboden der stets aufs peinlichste gefegten Garage, drückte die Autotür ins Schloss, das alles, ohne mich anzusehen. Das steigerte meinen Zorn. Bloß die Autotüren nicht zuwerfen. Das hatte er mir von frühester Kindheit an eingebleut. Schon gar nicht die seines jeweiligen Heiligtums. Behutsam zudrücken, bis das Schloss sachte einschnappt.
    Ich verbaute ihm den Weg zur Tür.
    „ Und wenn ich nicht mitmache?“
    Er warf mir einen geringschätzigen Seitenblick zu, nahm seinen Aktenkoffer auf und ging um mich herum.
    „ Das wirst du dann schon sehen.“
    „ Was?“
    „ Wenn die Feldjäger dich abholen.“
    „ Ich will aber die Schule nicht abbrechen, verdammt noch mal!“
    „ Dann schau mal in dein Zwischenzeugnis, Freundchen.“
    „ Ja, und? Ich bin besser als die meisten in meinem Jahrgang.“
    „ Notendurchschnitt 2,1. Ich habe es ausgerechnet. Nicht einmal 12 Punkte im Schnitt. Und was war ausgemacht?“
    „ Ich pfeif drauf!“
    „ Mindestens 13 Punkte waren ausgemacht. Und selbst das wäre schon nur noch besserer Durchschnitt.“
    „ Es ist noch über ein Jahr. Und ich bekomme auf jeden Fall einen Medizinstudienplatz, ich will das ja selbst.“
    Er warf mir einen Blick aus
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