Inferno
vollkommen verwirrt.
Dann fügte Radu hinzu: »Wir machen … andere Sachen, und das ist okay so. Ich bin sicher, sie hat dir das alles erzählt …«
»Nein«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
»Ach, das muss sie doch. Sie hat mir sogar gesagt, es wäre in Ordnung. Sie hätte nichts dagegen, wenn …«
»Wenn was?«
»Du weißt schon. Wenn du und ich was miteinander hätten.«
Ein noch heftigerer Stoß. Doch Cassie konnte nichts tun, außer wie gelähmt dazustehen, wie in einem Traum.
Warum widersprach sie nicht? Warum ging sie nicht einfach weg?
»Ach komm, ich weiß doch, dass du schon länger auf mich stehst. Das ist sehr schmeichelhaft.«
Sie stand einfach nur da, völlig benommen.
»Ich steh auch auf dich, aber das weißt du ja sicher.«
Er lügt , war ihr erster Gedanke. Niemand hatte je auf sie »gestanden«, nur auf Lissa, ihr temperamentvolles Alter Ego.
Doch dann schlichen sich die Zweifel ein.
Es gab keine Vorwarnung, kein Wort, keine Geste, keine vorsichtige Annäherung. Plötzlich küsste er sie, und das Einzige, was sie daran schockierte, war, dass sie nicht zurückzuckte. Sie kam gar nicht auf die Idee. Ihre Sicherungen brannten durch, das Verlangen, das seit der Pubertät tief in ihr brodelte, brach sich Bahn. Cassie konnte es beinahe in ihrer Seele knistern hören. Rückhaltlos erwiderte sie den Kuss.
Was bin ich nur …
Ihre Haut prickelte unter dem schwarzen Satin-Top; seine Haut fühlte sich ebenfalls heiß an, als ihre Hände auf seinem nackten Rücken auf und ab strichen. Sie zuckte nicht zusammen, als er ihr die schwarze Bluse hochschob und ihre Brüste von dem Spitzen-BH befreite – im Gegenteil, sie gierte nach mehr, sie wollte, sie musste berührt werden, gespürt werden, ganz von ihm umschlungen werden. Als er nach ihrer Hand griff und sie abwärts, unter seine Taille schob, zog sie ihre Finger nicht weg. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn noch fordernder.
Sein leises Flüstern war warm an ihrem Ohr. »Du bist auch noch Jungfrau, oder? Wie Lissa?«
Sie wollte den Namen ihrer Schwester nicht hören – nicht in diesem Augenblick.
»Ja«, stieß sie hervor. »Aber das ist mir egal. Ich will es nicht mehr sein.«
»Das könnte ich dir nie wegnehmen, auf keinen Fall.« Er wirkte so rücksichtsvoll, so lieb. »Ich müsste schon sicher sein, dass du es wirklich willst …«
Ich bin so weit , dachte sie. So habe ich mich noch nie zuvor gefühlt …
Ihre Gefühle spielten verrückt. Schon drohten die Schuldgefühle diese wundervolle Nähe zu zerstören, den Moment zu zertrümmern, nach dem sie sich so lange gesehnt hatte.
Doch dann fiel ihr wieder ein, was er erzählt hatte, dass Lissa gesagt hatte, es sei in Ordnung.
»Ich bin mir absolut sicher«, versprach sie. »Ich will es.«
Seine Augen durchbohrten sie geradezu. »Komm hier rüber …« Eine starke Hand zog sie zu einigen Kisten in der Ecke. Aus der Gesäßtasche zog er ein Kondom. Cassie küsste ihn noch einmal, ihre entblößten Brüste pressten sich heiß an seine Brust. »Tu es jetzt, jetzt sofort.« Sie bettelte beinahe.
Er wollte sie gerade auf den Boden legen, als …
»WAS TUT IHR DA?«
Lissa.
Cassie war wie versteinert. Hektisch schob Radu sie von sich weg, als ob sie plötzlich Lepra bekommen habe.
»Lissa, ich dachte, du wärst es!«, rief er. »Sie hat mich angemacht, Süße, ich schwör’s dir, sie hat so getan, als sei sie du!«
Lügner! , wollte Cassie schreien, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Sie stand einfach nur zwischen den Kisten, starr vor Schreck.
Die Wut verzerrte Lissas Gesicht zu einer unheimlichen Maske. Mit blutunterlaufenen Augen sah sie zu, wie das Kondom auf den staubigen Boden fiel. »Schwachsinn!«, schrie sie, ihre Stimme klang hysterisch, wahnsinnig. Aufgewühlt von Drogen, Alkohol und nun auch noch Betrug schien Lissa wie besessen zu sein.
»Lissa«, versuchte es Radu. »Süße, beruhige dich doch …«
»HALT DIE KLAPPE!« Das verzerrte Gesicht wandte sich Cassie zu. »Und du, du hinterhältige SCHLAMPE! Meine eigene SCHWESTER!«
Cassie konnte die Lippen kaum bewegen. »E-es tut mir so Leid«, sagte sie mit dünner Stimme, »ich …«
Lissa zitterte am ganzen Körper. Ihr Gesicht war hochrot, die Augen funkelten vor Hass durch Ströme von Tränen.
»Zur Hölle mit euch BEIDEN!«, brüllte sie, und im nächsten Moment zog sie eine kleine Pistole aus ihrem Handtäschchen.
»Verdammte Scheiße!«, rief Radu und wollte
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