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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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war.
    Die beiden glatten Felsen waren keine Felsen. Als sie aufstanden, taten sie das auf zwei stämmigen Beinen, jedes vier Meter lang, auf denen sie vorher gehockt hatten. Cassie konnte jetzt sehen, dass ihre Mutter in einer dämonischen, lebendigen Kreatur gefangen war.
    Diese erhob sich jetzt vollständig und drehte sich um. Sie war wuchtig, ohne Haare, fleischig, mit großen Hautlappen, die von dem wenig modellierten Körper herabhingen. Der Intestisaurier hatte keine Arme, nur Sumo-Ringer-Beine, auf denen er gesessen hatte, und einen hervorstehenden Bauch mit unzähligen Nabeln. Kein Hals war zu sehen; stattdessen wuchs der fußballgroße, kahle Kopf aus dem schmal zulaufenden Rücken heraus. Von der Brust hingen große Fleischsäcke herab.
    Cassie ging beinahe zu Boden, als sie das Gesicht im Fackelschein betrachtete. Zwei Löcher anstelle von Ohren. Keine Augen, keine Nase. Nur ein dicklippiger Mund. Und als das Wesen jetzt aufstand, wurde auch die eigentliche Funktion deutlich: Die beiden »Felsen«, zwischen denen der Kopf ihrer Mutter hervorragte, waren in Wirklichkeit die Gesäßbacken der Kreatur.
    »Das gilt als vortreffliche Strafmaßnahme«, sagte Angelese. »Der Intestisaurier existiert nur, um zu essen. Es ist eine Caco-Dämon-Spezies von niederem Rang. Der Astralkörper deiner Mutter wurde von den Teratologen vom Amt für Transfiguration in seine Eingeweide implantiert. Sie ist jetzt ein Teil seines Verdauungsapparats. Ihr Mund dient als sein Anus.«
    Cassie hielt das nicht aus, trotz allem, was sie bei ihren Ausflügen in die Mephistopolis schon gesehen hatte.
    »Deine Mutter ist eine sehr starke Frau. Sie erträgt das lieber, als meine Frage zu beantworten – es ist unglaublich.« Selbst Angelese wurde leicht übel bei der Vorstellung. »Wir müssen die Antwort woanders finden. Lass uns hier abhauen. Du willst nicht sehen, wie …«
    Nein, das wollte Cassie wirklicht nicht; aber sie zählte zwei und zwei zusammen und das reichte vollauf. Ihre Kehle zog sich vor Abscheu zusammen; sie konnte kein Wort mehr hervorbringen. Angelese führte sie aus der abscheulichen Höhle, während der Intestisaurier hinter ihnen begann, sich zu entleeren. Noch in einhundert Metern Entfernung konnten sie die Schreie von Cassies Mutter hören.
    Als sie wieder im Nektoport angekommen waren und davonflogen, lag Cassie wie gelähmt an der gekrümmten Wand. Der Ausstieg des Ports war geschlossen, während sie durch den Höllenraum kreuzten.
    Angelese war in Gedanken versunken. »Es muss etwas mit organischer Vervielfachung zu tun haben. Oder mit Hex-Klonen.«
    Cassie sah sie durch schmale Augenschlitze hindurch an. »Was?«
    »Deine Mutter hat unsere Geheimdienstberichte bestätigt. Alle Institute für Hexologie wurden aus der Industriezone in den Mephisto-Turm verlegt. Du kennst diese Einrichtungen doch?«
    »Nicht so richtig.« Cassie fühlte sich immer noch wie betäubt. »Ich habe davon gehört. Das ist so okkultes Zeug, glaube ich.«
    »Dort werden die Hex-Klone für die Constabler hergestellt. Sie haben diese Institute aus einem bestimmten Grund in den Mephisto-Turm verlegt.«
    »Und was, glaubst du, ist dieser Grund?«
    »Sicherheit, schätze ich mal. Wir wissen nur, dass Luzifers Plan, wenn er denn erfolgreich ist, das Verheerendste sein könnte, was der Welt der Lebenden jemals zugestoßen ist. Aber abgesehen davon? Können wir nur raten. Er hat die Hex-Klon-Labore an einen Ort gebracht, wo sie vor dir in Sicherheit sind. Für den Fall, dass deine Gefangennahme misslingt.«
    »Das kapier ich nicht.«
    »Du bist ein Ätherkind. Theoretisch bist du mächtig genug, um diese Einrichtungen zu zerstören.«
    Konnte das stimmen? Die Vorstellung jagte ihr Angst ein. Doch wenigstens hatte Cassie jetzt wieder das Gefühl, einem Zweck zu dienen – Hauptsache, es lenkte sie davon ab, was sie soeben in der Höhle gesehen hatte. »Also deshalb willst du unbedingt in den Mephisto-Turm eindringen? Ich bin dabei. Wenn ich die Fähigkeit habe, den ganzen Scheiß zu zerstören und dadurch Luzifers Pläne zu durchkreuzen, dann mache ich mit. Allerdings glaube ich nicht, dass wir es schaffen, da reinzukommen.«
    »Es gibt einen Weg.«
    Cassie wurde hellhörig. »Wirklich? Und welcher soll das sein?«
    »Vertrau mir. Aber vorher müssen wir sowieso noch was anderes erledigen.« Angelese stand auf und öffnete den Ausstieg des Nektoports wieder. Sie flogen jetzt sehr hoch, Furcht erregend hoch. Die sich nie verändernde schwarze

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