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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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dieses einzelne, schlichte Wort an ihn richtete. Er fing sofort an zu schwitzen, gar zu zittern, und als er den Mund öffnete um zurückzugrüßen, kam nur ein Geräusch heraus: »Ha-ha-ha-ha-«
    »Ich heiße Candice«, erzählte sie ihm. »Und du?«
    »Wa-wa-wa-wa-« Endlich bekam er es heraus. »Walter.«
    Sie kratzte sich am Kopf und zog einen Spiralblock heraus. »Mann, ich hab so einen Test als Hausaufgabe auf, und ich kann mir den Scheiß einfach nicht merken. Mathe ist doch ätzend, findest du nicht?«
    »Es-es-esistdie einzige quantitative Philosophie«, brachte Walter mühsam hervor. »Mathe ist der Sinn des Lebens.«
    Sie kicherte. Das süßeste Kichern, das er jemals gehört hatte. »Bist du sehr gut in Mathe, Walter?«
    »J-j-ja-«
    »Ich kann mir das einfach nicht merken, verdammt. Den Unterschied zwischen der Zahlentheorie und der Mengenlehre.«
    Hier war Walters große Chance, seiner blonden Göttin zu beweisen, dass er mehr war als ein stotternder Trottel. Er könnte ihr doch helfen, oder? Ihre Frage erdete ihn; etwas in seinem Kopf klickte wie ein umgelegter Schalter. »Die Zahlentheorie ist die Wissenschaft der ganzen Zahlen und der Beziehung natürlicher Zahlen zueinander. In der Mengenlehre geht es um die Interrelation von Zahlenmengen als grundlegenden Zahlensystemen.«
    Noch so ein Lächeln, das Walter zum Schmelzen brachte. »Du bist so klug! Könntest du das noch mal etwas langsamer wiederholen, damit ich es mir aufschreiben kann?«
    Selbstvertrauen schoss heiß durch seine Adern. Sie hatten eine Beziehung zueinander, ein gemeinsames Interesse! Walter griff über den Tisch nach ihrem Block und schrieb die benötigte Definition hinein, und das war nur der Anfang.
    Soll heißen, das war der Anfang einer uralten, allzu typischen Form der Ausbeutung: Die Dralle Blondine Nutzt Den Verklemmten Streber Aus. Den Rest des Semesters machte sich Candice bei Walter etwas zunutze, von dem sie selbst nicht annähernd so viel besaß: Grips. Walter machte ihre Mathehausaufgaben und lernte mit ihr für Prüfungen, die er selbst längst mit Bravour bestanden hatte. Im Gegenzug ging Candice mit ihm aus – an Orte, wo sie wahrscheinlich keine Bekannten treffen würde – und hielt seine Hand. Sie stand auf Country & Western; Walter fuhr mit ihr in Colins Limousinen zu Konzerten. Und da sie riesige, blutige Steaks liebte, führte er sie in die besten Steakhäuser von Tampa aus. Hinterher flüsterte sie ihm immer süße Nichtigkeiten ins Ohr. Sie hatte ihn sofort am Haken, und der arme Walter war viel zu naiv, um Verdacht zu schöpfen. Nein, sie nutzte ihn nicht aus, auf keinen Fall! Candice liebte ihn! Das hatte sie ihm selbst gesagt!
    Sogar Colin warnte ihn: »Brüderchen, sie ist ein Flittchen, und kein besonders helles! Sie ist einzig und allein auf dem College, weil ihre Eltern ihr klar gemacht haben, dass sie ohne Abschluss das Treuhandvermögen verliert. Sie benutzt dich nur, damit du ihre beschissenen Hausaufgaben machst.«
    »Das stimmt nicht! Sie liebt mich!«, brüllte Walter zurück, empört über solch eine zynische Beleidigung. »Du bist ja bloß eifersüchtig, weil sie nicht mit dir zusammen ist.«
    Colin zündete sich eine Zigarette an und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Diese hohle Schlampe geht mir am Arsch vorbei. Die steht nur auf Muskelmänner, Walter. Streber wie du interessieren sie nicht. Sie treibt es mit dem gesamten Footballteam – mit dem ganzen verdammten Footballteam .«
    »Das tut sie nicht! Halt die Klappe!«
    »Walter, sei kein Idiot. Lass dir von ihr keinen Sand in die Augen streuen. Das ist nicht die Sorte Mädchen, in die man sich verliebt. Ich meine, wenn ihr Sex habt, wunderbar. Sei realistisch und sieh es so – sie fickt dafür mit dir, dass du ihre Mathehausaufgaben machst.«
    Inzwischen hatte Walters Gesicht beinahe die grellrote Farbe seiner Haare angenommen. »Darum GEHT es überhaupt nicht! Sie ist meine FREUNDIN! Oder zumindest wird sie das bald sein. Im Moment haben wir noch eine etwas … lockere Beziehung, aber das wird sich sehr bald ändern.« Jetzt grinste Walter, was bei seinem feuerroten Gesicht etwas grotesk aussah. »Sie hat gesagt, sie liebt mich.«
    Colin verdrehte nur die Augen, maßlos erstaunt über die Naivität seines Bruders. »Sie verarscht dich, Brüderchen. Mädchen wie sie machen so was ständig mit Jungs wie dir. Sie weiß, dass sie ohne dich in Mathe durchfällt. Sie führt dich an der Nase herum.« Resigniert blies Colin den Rauch in

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